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Nils Petter Molvaer (live in Mannheim, 2016) © Adonis Malamos

Schon fast ein Dauergast beim Enjoy Jazz Festival, und doch schafft es Nils Petter Molvaer mit jedem Auftritt, etwas Neues zu bieten, seinen Sound zu entwickeln. Seinen momentanen Entwicklungsstand präsentiert der Trompeter beim Konzert in der ausverkauften Alten Feuerwache in Mannheim.

Als immer wieder gern gesehenen Gast bezeichnet Enjoy Jazz-Festivalleiter Rainer Kern den norwegischen Jazz-Trompeter Nils Petter Molvaer, der in der Tat mit ziemlicher Regelmässigkeit das Enjoy Jazz Festival mit seiner Anwesenheit beehrt. Und das, wie auch Kern hervorhebt, mit beeindruckendem Abwechslungsreichtum.

Steter Fortschritt

Mit dem Ende der 90er erschienenen Album "Khmer" machte sich Molvaer einen Namen als talentierter Innovator, kombinierte er hier doch Jazztrompete mit elektronischen Beats. Doch anstatt sich auf dieser Formel auszuruhen, ging es für ihn immer weiter: Soloalben, Filmsoundtracks, eine Kollaboration mit Moritz von Oswald, Molvaer blieb nie stehen.

So ist es schon fast als besonderes Ereignis zu sehen, dass er mit "Buoyancy" dieses Jahr bereits das zweite Album mit der Band-Besetzung seines 2014er-Albums "Switch" veröffentlichte. Zurecht, wie sich beim Auftritt in der Alten Feuerwache in Mannheim zeigt: Die Dynamik, die Molvaer und Band hier entfesseln, ist etwas ganz besonderes.

Overtüre

Bevor die Zuschauer jedoch Zeuge dieses Zusammenspiels werden, betritt Molvaer zu Beginn des Konzerts ganz allein die Bühne, und spielt ein kurzes, melancholisches Trompetensolo zu einer geloopten Ambient-Sequenz – eine Art Overtüre, die die Stimmung des Konzerts vorwegnimmt.

Erst nach und nach betreten die anderen Musiker die Bühne, um dann zum zweiten Song gemeinsam mit Molvaer loszulegen. Spätestens beim wuchtigen dritten Song bricht trotz der Bestuhlung Bewegung im Publikum aus, das sich der Dynamik der Band nicht mehr entziehen kann. Das Quintett klingt zwar routiniert, das Zusammenspiel untereinander und auch mit den vom PC kommenden Samples funktioniert perfekt. Auf der anderen Seite bleibt den Musikern trotzdem die Freiheit für kleinere Improvisationen, die für die nötige Sponanität sorgen.

Durchgehend frisch

Auffällig ist vor allem Abwechslung, die Molvaer und Band im Verlauf des Auftrittes an den Tag legen, ohne dabei die Atmosphäre des Konzerts zu zerstören. Jeder ihrer Songs während der knapp 90 Minuten auf der Bühne fügt sich in einen großen durchkomponierten Spannungsbogen, ohne dadurch seinen eigenen Charakter zu verlieren.

Ganz im Gegenteil: Wenngleich mit Lap Steel, die nur selten der Gitarre weicht, einem häufiger mit Geigenbogen gestrichenen als gezupften Bass und Molvaers charakteristischem Trompetenspiel das Instrumentarium zwar ungewöhnlich, aber auch ein wenig limitiert ist, wiederholt die Band sich zu keinem Zeitpunkt.

Like a Jungle Drum

Das gelingt ihnen einerseits durch die stets wechselnde Dynamik der Songs, die in ihrem Aufbau so teilweise an das vom Post-Rock gewohnte "leise-laut"-Schema erinnern. Das wirkt jedoch nicht formularisch oder erzwungen, sondern sehr fließend, als würden sich die Songs natürlich entwickeln. 

Andererseits wäre dies auch ohne die individuelle Klasse der Musiker nicht möglich. Besonders Drummer Erland Dahlen sticht heraus: Ihm gelingt eine ansprechende Kombination von rockigem und eher jazzigen Drumming, eine Verbindung von Subtilität und Groove, die bis zum Schluss abwechslungsreich bleibt. In Verbindung mit dem unkonventionellen Percussion-Instrumentarium und dem wunderbaren, oftmals mit Reverb und dubbigem Delay versehenen, Drumsound verleiht Dahlens Spiel der Band eine zusätzliche Tiefe.

Verdienter Applaus

Zu guter Letzt ist natürlich auch die stilistische Bandbreite, die die Band abdeckt, ausschlaggebend für den Abwechslungsreichtum des Konzerts. So übernehmen Molvaer und seine Mannen Elemente aus Downtempo, orientalisch angehauchtem Psychedelic-Rock, (natürlich) Jazz und zahlreichen anderen Genres, ohne sich jedoch einem Genre je ganz zu verschreiben.

Es ist ein in allen Belangen überzeugendes Set, das Nils Petter Molvaer und seine Mitmusiker an diesem Abend liefern. Und waren, betrachtet man die ausverkaufte Feuerwache, die Erwartungen wohl nicht gerade gering, zeigt der nicht enden wollende Applaus zum Schluss, dass die Band diese erreicht, wenn nicht sogar übertroffen hat. Erst nach zwei Zugaben gestattet das Publikum dem sich vielfach bedankenden Molvaer, sich endgültig von der Bühne zu verabschieden.

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