Buzzcocks

Buzzcocks © Leone Collinane

40 Jahre Punk, 40 Jahre Buzzcocks: Zum Doppeljubiläum kommen die Punk-Legenden aus Manchester für ein karriereübergreifendes Konzert ins Düsseldorfer zakk. Da stört die Fans noch nicht einmal der miserable Sound.

40 Jahre keine Zukunft: Punk ist derzeit wieder in aller Munde, diesmal aus der Retrospektive. In London wird das mit einer Event-Reihe gefeiert, von den Ramones und den Sex Pistols erscheinen aufwändige Deluxe-Editions und all das wirkt ein bisschen seltsam an, war Punk doch mit dem Anspruch angetreten, ganz selbstdestruktiv nie alt zu werden. No future eben.

Doch ganz gegen seinen Willen hat Punk überlebt, immer wieder neuen Atem gefunden und ist nun doch alt geworden.

Alt und jung

Bevor es mit den Buzzcocks vierzig Jahre zurück geht, gibt es bei den beiden Vorbands Punkrock aus den letzten Jahren: Damniam sind eine junge Band aus Münster, ihr Punkverständnis klar amerikanisch geprägt, mit vielen "Uoho"-Gesangschören, überschüssiger Energie und Leidenschaft.

Der Rolle als Aufwärmer werden sie voll gerecht, das Eis zwischen Band und Publikum schmilzt schnell, allerdings hätte ihnen eine kürzere Spielzeit oder abwechslungsreicheres Songwriting ganz gut getan.

Berühmt in einer anderen Rolle

Als nächstes spielen Cryssis, eine britisch-deutsche Band, Am Schlagzeug sitzt Vom Ritchie, der umtriebige Schlagzeuger der Toten Hosen. Cryssis nehmen die Energie des Acts vor ihnen mit, orientierten sich sonst aber ganz am klassischen UK-Punk, ihre Songs haben einige memorable Melodien, die von einigen Fans im Publikum auch lauthals mitgesungen werden.

Tatsächlich verlassen nach ihrem Set einige der – vornehmlich jungen – Fans den Saal oder zumindest die vorderen Reihen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt: Bei so viel musikalischer Nähe sollte man sich eigentlich auch mit dem Hauptact anfreunden können. Aber gut, letzten Endes auch egal, selbst wenn einige Fans vielleicht der Popularität der Hosen geschuldet sind: Cryssis sind eine gute Band, die Aufmerksamkeit verdient hat.

Gestern und heute

Dann also die Buzzcocks. Die Engländer waren zwar nie eine Band, die medienwirksam "No Future" schrie, doch der Nihilismus der Bewegung war auch in ihren Songs über aussichtslose Liebe und ausufernde Lust stets präsent. "What do I get?", fragt eine ihrer populärsten Singles. Die Antwort: nichts. 

Nach fünf Jahren löste sich die Band um Pete Shelley und Steve Diggle 1981 auf, als ihre Plattenfirma ihre Neuausrichtung in Post-Punk-Gefilde nicht mittragen wollte. 1989 kam es zur Reunion, seitdem sind Shelley und Diggle mit alle paar Jahre wechselnden Mitmusikern (zu denen Anfang der Neunziger auch Ex-Smiths-Drummer Mike Joyce zählte) wieder auf den Bühnen der Welt unterwegs. Ein Erbe, das einige der besten Singles nicht nur des Punk sondern der Pophistorie überhaupt einschließt, will schließlich eigens verwaltet werden.

Klassiker des Punk

So sind im 21 Songs starken Set dann auch nur vier Songs aus dem Bandoutput seit der Reunion vertreten, zwei davon vom letzten Album, dem 2014 erschienenen "The Way". Der Rest konzentriert sich ganz auf die Klassiker von 1976 bis '81.

Den Abend eröffnet "Boredom" von der Debüt-EP "Spiral Scratch" (damals noch mit Howard Devoto am Mikro, der die Band wenige Wochen nach Veröffentlichung verließ, um Magazine zu gründen) mit seinem ikonischen zwei-Noten-Solo. Es folgen: "Fast Cars", der Opener des ersten Albums, "Totally from the Heart" von der 1996er LP "All Set", die beliebte Single "I Don’t Mind" – und das Schlag auf Schlag.

Lärm und Euphorie

Pete Shelley, Steve Diggle, Chris Remington und Danny Farrant gönnen sich kaum eine Atempause, dabei befinden sich die beiden Gründungsmitglieder inzwischen in ihren Sechzigern. Natürlich macht sich das dennoch bemerkbar. So scheint Steve Diggle an diesem Abend Probleme mit seinem Bein zu haben und setzt sich – selbst während einiger Songs – immer wieder mal auf einen Hocker, um ihn zu entlasten, nur um dann ein paar Minuten später wieder aufzuspringen und den Showmann neben dem introvertierten Pete Shelley zu geben.

Überraschend ist der Rock-Einschlag gegen Ende der ersten Hälfte des Sets, als die Pop-Punk-Pioniere gleich mehrere ihrer längeren, komplexeren Album-Songs spielen, die sonst neben all den ikonischen Singles eher Nebenrollen einnehmen: "Nothing Left" etwa oder "Moving Away from the Pulsebeat". Überhaupt klingt die Band ruppiger als 1978, was auch am rockigen Spiel von Drummer Danny Farrant liegt.

Soundprobleme

In der zweiten Hälfte gibt es dann wieder eine größere Hit-Dichte. "Love You More" lenkt das Haupt-Set auf die Zielgerade, es folgen "Promises", "You Say You Don’t Love Me" und die B-Seite "Noise Annoys". Und àpropos noise: Bei den Buzzcocks lässt der Sound viel zu wünschen übrig. Der Gesang ist teilweise nur zu erahnen, Details des Gitarrenspiels ebenfalls, einzig der Bass kommt gut zur Geltung.

Dem Publikum ist das augenscheinlich egal, in den vorderen Reihen still zu stehen unmöglich. Ausgelassen werden die alten Helden gefeiert, vor allem als der Zugabeblock nochmal ein letztes Hitfeuerwerk liefert: "What Do I Get?", "Orgasm Addict", "Ever Fallen in Love", "Harmony in My Head" – Schluss. Kaum Pausen, viel Energie und obwohl das Konzert nicht gerade lang war, ist man danach dennoch fix und fertig. Zumindest das wird ja wohl vor vierzig Jahren nicht anders gewesen sein.

Setlist

Boredom / Fast Cars / Totally from the Heart / I Don’t Mind / People Are Strange Machines / What Ever Happened to…? / Autonomy / Why She’s a Girl from the Chainstore / Moving Away from the Pulsebeat / Nothing Left / Sick City Sometimes / It’s Not You / Love You More / Promises / Noise Annoys / You Say You Don’t Love Me / Time’s Up // What Do I Get? / Orgasm Addict / Ever Fallen in Love (With Someone You Shouldn’t’ve)? / Harmony in My Head

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