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Wovenhand (live in Frankfurt am Main, 2016) © Johannes Rehorst

Mit einem noch härteren, drückenderen Sound, als sie ihn auf ihren letzten Alben schon an den Tag legten, liefern Wovenhand im Zoom in Frankfurt eine energiegeladene, schweißtreibende Show und entfernen sich nebenbei fast vollständig von ihren Country-Wurzeln.

Sucht man auf Youtube nach Wovenhand, so findet sich als eines der ersten Videos ein Live-Auftritt beim Radiosender KEXP: David Eugene Edwards, Sänger, Gitarrist und Mastermind der Band, spielt hier auf einer Banjola eine Coverversion eines Bob Dylan-Songs. Ruhig, folkig und introspektiv wirkt er dabei, und beinahe könnte man auf den Gedanken kommen, aller Output seiner Band wäre ähnlich gesittet wie dieser Song.

Stars & Stripes & Stacks

Dass man mit dieser Vermutung einigermaßen falsch liegt, deutet schon die Backline von Wovenhand auf der kleinen Bühne des Frankfurter Zoom Clubs an. Zwar gibt es den ein oder anderen Americana-Verweis – die Stars & Stripes über einer der Boxen, Federschmuck an der Bass-Drum – doch das voll bestückte Drumset, die enorme Bassbox und die ausladenden Effektpedale wirken weniger wie Teile der Instrumentierung, die man mit Country verbindet. 

Nach einem kurzen Set der Sängerin Emma Ruth Rundle, die mit Gitarre, Gesang und gelegentlichem Geigen-Einsatz in Chelsea Wolfe-esker Weise das Publikum schon einmal angenehm düster einstimmt, zeigen Wovenhand dann in der Tat, dass sie sich inzwischen fast vollständig von ihren Roots-Wurzeln entfernt haben. 

With a Bang

Auch wenn der Wechsel hin zu einem gitarrenlastigeren Stil sich schon auf den letzten zwei, drei Alben der Band deutlich abgezeichnet hat, ist man doch nicht auf die Sound-Wand vorbereitet, die die Band ab der ersten Sekunde auf das Publikum loslässt. Die Gitarren klingen live weitaus dominanter und härter als im Album-Mix, und gerade die rohen, stoischen Drums machen einen Großteil des Live-Sounds aus. 

In der ersten halben Stunde des Sets geben Wovenhand durchgehend Vollgas, ohne größere Pausen oder Zeit für Ansagen. Die Songs laden auf ihre eigene, irgendwie post-punkige Art und Weise, sofort zum Tanzen ein – und auch das Publikum ist sofort Feuer und Flamme. 

He's lost control again

Erinnern Wovenhand instrumental durchaus an Bands wie The Cult oder auch Beastmilk, so lassen die Vocals und auch die Bühnenpräsenz David Eugene Edwards zu keinem Moment Zweifel aufkommen, wer da gerade auf der Bühne steht. Sein Gesang schwebt kraftvoll und klar, mit leichtem Echo-Effekt über der Musik, und seine Vortragsweise sowie seine ganz eigene Art, die Songs mit Gesten zu untermalen, lassen häufig an einen verrückten Prediger denken.

Mit ihrem drückenden Live-Sound und ihrer manischen Energie lässt die Band selbst Songs wie das eher nachdenkliche "Maize" eine gute Spur härter klingen als auf dem Album. Erst nach und nach reduzieren Wovenhand das Tempo ein wenig, erlauben längere Soli und atmosphärischere Passagen, so z.B. bei "Obdurate Obscura" oder "Salome". 

Loudness War

In den besten Momenten geht von den langsameren Songs eine drückende, ominöse Atmosphäre aus, die den Zuschauer sofort einnebelt. Spätestens hier würde man sich jedoch hin und wieder wünschen, der Sound wäre nicht so überbordend, sondern ließe mehr Platz für Dynamik.

Für die eingangs gespielten, treibenden Nummern war dieser energische Stil wohl die beste Wahl, doch klängen die späteren Songs sicherlich ein wenig abwechslungsreicher, würde man die Verzerrung ein wenig zurücknehmen. Dann wäre z.B. auch der spezielle Klang der anfangs erwähnten Banjola differenzierter wahrzunehmen und würde nicht in der Vielzahl von verwendendeten Effektpedalen überwiegend untergehen.

Those who cannot remember the past...

Ebenso wäre auch eine etwas abwechslungsreichere Setlist wünschenswert gewesen. Zum einen, weil größtenteils Songs der klanglich recht ähnlichen letzten beiden Alben auf dem Programm stehen, zum anderen, da die temporeichsten Songs größtenteils am Anfang des Sets gespielt werden. Gegen Ende dominiert der stets donnernde Sound etwas zu sehr. Da hätten ein oder zwei ruhigere Lieder der früheren Alben für etwas Abwechslung sorgen können.

Doch alles in allem wiegen diese Kritikpunkte im Kontext des kompletten Konzerts eher wenig. Denn auch der stets drückende, tosende Sound hat natürlich seine Wirkung; er mag zwar fordernd sein, transportiert aber gleichzeitig die wahnsinnige Energie, die die Band während des Sets an den Tag legt, in Richtung Publikum. Und an dieser Energie teilzuhaben, ist zweifelsohne auch eine ganz besondere Erfahrung.

Setlist

Come Brave / Hiss / Maize / The Hired Hand / Crystal Palace / Corsicana Clip / The Refractory / Obdurate Obscura / The Quiver / Swaying Reed / Salome / All Your Waves / Crook and Flail / Five by Five / Low Twelve / El-Bow // King O King ls

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