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Band of Horses (live in Frankfurt, 2017) © Peter H. Bauer

Euphorie auf und vor der Bühne: Band of Horses aus Seattle haben „Bock“ bei ihrer exklusiven Soloshow im schönen Gloria Theater in Köln und liefern ordentlich ab. Dementsprechend begeistert zeigt sich auch das Publikum.

Es ist 19:30 Uhr und das Kölner Gloria Theater ist erfüllt von entspanntem Stimmengesumm. Mit seiner gemütlichen Größe und den samtbezogenen Wänden punktet das Gloria mit Retro-Kinoflair, das wunderbar zum Bühnenbild passt.

Die Reise beginnt…

Unzählige Gitarren und Pedalsteel lassen die Herzen aller Gitarrenfreunde bereits vor Konzertbeginn erwartungsvoll schneller schlagen. Abgerundet wird der Gesamteindruck von dem großen Bühnenbanner, das das Publikum optisch in eine helle Waldlichtung entführt.

Als es um 20:30 Uhr durch Nebelmaschinen langsam nebeliger früher Morgen wird auf der Waldlichtung, betreten die fünf Protagonisten des Abends die Bühne. Band of Horses zaubern mit ihrem ersten Song direkt Tau auf die Blätter der Bäume im Hintergrund und entführen das Publikum mit sphärischen Klängen auf genau diese Lichtung an einem frischen Frühlingsmorgen.

Frisch geschlüpft

„Es ist unsere eigene Show heute, deshalb können wir lange für euch spielen. Ist das ok für euch?“, fragt Frontmann und Bandgründer Ben Bridwell, während er seine Textblätter zurechtlegt. Die rund 700 Fans im proppevollen Gloria haben absolut kein Problem mit dieser Ankündigung.

Erst am 10. Juni 2016 veröffentlichte die Band ihr aktuelles, fünftes Studioalbum „Why Are You OK“, sodass die neuen Songs sowohl für die Band als auch für das Publikum noch ganz jungfräulichen Charakter hatten.

Das Resultat: Bridwell kommt für den Eröffnungssong des Abends noch nicht ohne Texthilfe aus und auch die Zuhörer hatten innerhalb der zehn Tage seit Veröffentlichung des Albums noch nicht genug Zeit, textsicher zu werden. Das stört aber überhaupt nicht, da alle erstmal von dem Gitarrenbrett, das da von der Bühne knallt, und der musikalischen Wucht der Band abgelenkt sind.

Unverstellt

Während der ersten Songs, die zudem alle dem neuen Album entnommen sind, haben die fünf Musiker noch mit Soundproblemen zu kämpfen, aber diese Unsicherheiten legen sich spätestens mit den älteren Songs.

Die Routine gibt Raum für Euphorie und während die Musiker um den vor Optimismus überquellenden Bandleader zunächst verschlossen wirken, offenbart sich dem Publikum mit der Zeit nun der echte Charakter der komplett unterschiedlichen Individuen. Jetzt zeigt sich die eingespielte Dynamik zwischen den fünf Kumpels aus Seattle.

Ohne Schiene und Masche

Band of Horses sind keine Band, wie sie aktuell nur so aus dem Boden zu sprießen scheinen: Sie sind kein designtes Produkt einer Plattenfirma, eine konstruierte Corporate Identity lässt sich auch nicht finden. Allein das Bühnenbanner vereint die Individuen auf der Bühne unter einem gemeinsamen Nenner. Es geht wohl um Naturverbundenheit, Heimat und Wurzeln.

Diese Werte können bei allen Bandmitglieder wiedergefunden werden. Der Frontmann Bridwell, der in jeden Ton seine ganze Seele legt, könnte optisch auch als Sänger einer Hardcore-Band durchgehen und verbringt die Zeit zwischen den Touren immer in der Heimat.

Pharao und Holzfäller

Bassist Bill Reynolds geht mit seinen Cowboyboots, Schnauzer, Türkisringen und Nerdbrille am ehesten als Hipster-Cowboy durch, während der ruhige, langhaarige und -bärtige Gitarrist und ebenfalls Sänger Tyler Ramsey gerade Tame Impala entlaufen sein könnte.

Den zusammengewürfelten Eindruck machen der Gitarrist, Keyboarder und Sänger Ryan Monroe im Holzfällerstyle mit Trekkingschuhen und der Schlagzeuger Creighton Barrett komplett. Letzterer könnte direkt als Pharao in einem Ägyptenfilm besetzt werden. Außerdem bietet der muskulöse Drummer mit seiner schwingenden Mähne und Vollbart, der bei keinem der Bandmitglieder fehlen darf, auch das optische gewisse Etwas…

Dieser Gesang…

Die bekanntesten Songs der Band sind nicht grundlos die beiden stimmungsvollen und dennoch zarten Hymnen „The Funeral“ und „No One’s Gonna Love You“, denn sie spiegeln die größten Stärken der Band perfekt wider: Die hohe und trotzdem kraftvolle Stimme des Leadsängers schwebt ohne Schnulz und Heulerei über den geschmackvollen Gitarrenarrangements der drei Gitarristen.

Den zweifellosen Höhepunkt jedoch stellen bei allen Songs die virtuose zweite Stimme Monroes und die folkigen Chorsätze Reynolds und Ramseys dar. So entsteht der ureigene Horses-Sound zwischen bluesigem, gitarrenlastigen Indie-Rock mit teils sphärischen Dream-Pop-Anklängen und folkigem Gesang.

Ganz amerikanisch

Was tun, wenn man eigentlich noch Lust hätte, weiter zu spielen, aber der Bierdurst und die Zigarettensucht immer dringlicher werden? Ganz einfach: Man macht eine kleine Zigarettenpause und spielt danach weiter! Nach dieser Pause hält die fünf Horses niemand mehr auf. Sie haben richtig Spaß, genießen jeden Moment und reißen mit ihrer Euphorie das ganze Gloria mit.

Der epische Höhepunkt des Abends ist zweifellos mit „The Funeral“ erreicht. Während dem zarten Anfangspart kullern einige Tränen, doch am Ende der voll ausgekosteten Emotionswelle sind die Musiker diejenigen mit feuchten Augen. Episch beschreibt diesen Moment nur in Ansätzen.

Ganz amerikanisch verschwindet die Band nach diesem letzten Song von der Bühne und auch der ungewöhnlich langanhaltende Jubel im Publikum bringt sie nicht mehr auf die Bühne. Aber wozu auch? Es wurde alles gesagt.

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