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Nneka (live in Mannheim, 2016) © Mathias Utz

Keine Diva: Nneka verzaubert mit ihrer unglaublichen Stimme das Publikum in der Alten Feuerwache in Mannheim, und hat neben ihrem multikulturellen Sound und inhaltsstarken Songs auch einige Lebensweisheiten im Gepäck.

Nneka ist der beste Beweis dafür, dass es für eine solide Musikkarriere keine Nummer 1-Hits und riesige Charterfolge braucht: Seit Beginn ihrer Laufbahn im Jahr 2003 hat sie sich vom Support-Act etwa für Sean Paul, Patrice und Seeed zur ernstzunehmenden Live-Künstlerin entwickelt, die auf den angesagtesten Bühnen dieser Welt zu Hause ist.

Ihre Musik ist eben nicht vollständig, wenn sie auf Platte gepresst wird – was immer dazu gehört, ist das Hautnah-Erlebnis, das mehr bietet als einen spaßigen Abend zu heißen Rhythmen. Nneka selbst ist dieser Austausch mit dem Publikum besonders wichtig: "It's not just about entertainment. It's about to give and take." 

Ohne Inszenierungen stark

In der Alten Feuerwache zeigt sich die Deutsch-Nigerianerin wie immer entspannt, unprätentiös und lässig in Jeans und schwarzem Kapuzenpulli. Sie mag es eben ohne großes Tamtam, spart sich sowohl Support, als auch Bühnendeko und große Eröffnungs-Zelebration.

Zum Reden bleibt später noch genug Zeit, und inszenieren muss sich eh nur, wer sonst wenig zu transportieren hat – so scheint das Credo zu sein. Erst nach 20 Minuten gibt es ein erstes gehauchtes "Good Evening Mannheim", und ein zaghaftes Lächeln ins Publikum. Erzählen kann Nneka allerdings wahrlich genug, von ihrer Kindheit in Nigeria, ihren Ansichten über Glaube, Religion, Spiritualität, Familie, Toleranz, Liebe. An diesen Themen arbeitet sie sich jedoch lieber musikalisch ab, als große Reden zu schwingen. 

Unbeschreibliche Stimme

Und so verpackt sie mal den erhobenen Zeigefinger oder direkt die geballte Faust in ihre Songs, singt sich mal aufrührerisch, mal besänftigend ihre Lebensfreude und gleichzeitig Misbilligung gesellschaftlicher und politischer Probleme von der Seele. Sie mixt Reggae mit Hip Hop, Soul, Afrobeat und elektronischen Einflüssen – genau das, was man neudeutsch wohl "out of the box" nennt. Ihre Stimme ist unbeschreiblich, gleichzeitig kraftvoll und unglaublich zerbrechlich, und so, wie sie in ihrer Musik aufgeht, meint man zeitweise fast, die zierliche Frau auf der Bühne werde gerade wirklich von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt. 

Was mittlerweile zu einem jeden Standard Live-Set dazugehört, ist das Macbook auf der Bühne: Einige der Songs hätten die elektronische Untermalung zwar nicht gebraucht, ihr erfolgreichster Hit Heartbeat (einigen vielleicht auch bekannt durch die unsägliche Verwurschtelung in Rita Oras "R.I.P.") wird durch die Dubstep-Beats allerdings zu einem richtigen Brett. 

Titelsuche / Sinnsuche

Das Set ist eine bunte Mischung aus neuen Songs ihres Albums "My Fairy Tales", das 2015 erschienen ist, und einigen Stücken ihrer vergangenen Veröffentlichungen, immerhin sechs Alben in den letzten 10 Jahren. Auch ganz neues Material ist dabei: Für einen Song nimmt die Sängerin, getreu dem Motto "give and take", sogar gerne noch Titelvorschläge via Social Media entgegen.  

Ein paar Überlegungen gibt es dann aber doch noch abseits des musikalischen Programms: Nneka, die ihre eigene Bestimmung ganz offensichtlich gefunden hat und an diesem Abend ausführt, eröffnet dem Publikum ihre Ansichten darüber, wie sich vermeintlich unlösbare Konflikte durch die Vernetzung aller Menschen beseitigen lassen: "You think you can't change anything, because you are alone or resigned, but it's all about finding your purpose. Mine is bringing people together." Ein wahrlich wichtiges Anliegen in diesen Tagen.

Die Band im Hintergrund

Irritierend für den ein oder anderen sind vielleicht ihre oftmals sehr religiösen Messages und die Allgegenwart des "good lord" in den Songs und auf der Bühne. Aber hey, "god loves you all" sagt sie, und schaden kann es ja nicht. 

Nach gut anderthalb Stunden und 3 Zugaben verlässt Nneka die Bühne, ein kurzes Lächeln, ein kurzes Winken, weg ist sie. Warum? Weil alles gesagt ist. Schade ist nur, dass damit ihre bemerkenswerten Bandmitglieder etwas auf der Strecke bleiben, die zwar nach ihrem Abgang noch einen kurzen "moment to shine" abbekommen, aber nicht mehr namentlich vorgestellt werden. Der Drummer im Sportdress sieht's gelassen und krallt sich einfach selbst das Mikro: "Good night Mannheim. Thanks for having us, love and peace!" 

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