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Time Warp (Mannheim, 2016) © Alex Schäfer

Die Time Warp 2016 ist rein in Zahlen ein absoluter Erfolg. Alle Ticketpakete sind ausverkauft. Die Main Floors sind fast durchgängig voll. Bei den kleineren Floors laufen aber ein paar Kleinigkeiten nicht ganz optimal.

Schon vor dem Einlass auf das Maimarktgelände zur Time Warp 2016 werden zahlreiche Besucher auf der Autobahn kalt erwischt. Die Polizei führt massive Kontrollen durch und verursacht dadurch einen gewaltigen Stau, der dazu führt, dass viele Besucher den Auftakt verpassen.

Verbesserter Einlass

An anderer Stelle gibt es diesmal keinen Stau – und zwar an der großen Fronttür. Das liegt an der verbesserten Staffelung des Timetables. Durch die gleichmäßigere Verteilung zugkräftiger DJs, die auf den Floors 1 und 2 meist im Ein-Stunden-Takt gewechselt werden, hat sich die Situation am Einlass entspannt.

Das Design der einzelnen Floors hat sich seit 2016 stark verändert, außerdem haben die Veranstalter komplett auf Lasershows verzichtet. Die Besucher selbst setzen im Gegensatz zu den Vorjahren 2016 keine auffälligen Trends – weder im Style noch bei den Accessoires.

Die Wanderhöhle

In den vergangenen Jahren zierte das Design "The Cave" den Floor 2. 2016 wurde die Höhle auf Floor 1 verschoben. Kurz vor Mitternacht steht Nina Kraviz dort am DJ-Pult und treibt die Tanzwütigen mit stampfenden Beats an. Etwas härter geht es bei den Powerbeats von Adam Beyer zu. Sein Sound ist wesentlich geradliniger als anschließend bei Pan-Pot, wodurch er als Taktgeber für die Dauertänzer fungiert, die seinen gleichmäßigen, groovigen Beats folgen. 

Schon jetzt ist Floor 1 brechend voll und mit dem Wechsel zu Carl Cox wird es spürbar nochmal enger. Carl Cox löst Pan-Pot mit einer Umarmung ab und wird sofort stürmisch begrüßt. Im zu Beginn noch lichtreduzierten Set klatscht Carl Cox den Beat an und das Publikum klatscht mit. Dann durchschneiden grelle, weiße Lichter einen dichten Nebel vor der Hauptbühne. Carl Cox powert los und die Tänzer bewegen sich in voller Ekstase. So bleibt es für eine Stunde. Dann kommt Joseph Capriati hinzu und erstmals heizen beide gemeinsam dem randvollen Floor ein. Mit ihre harten, fast maschinenartigen Beats feiern die Besucher drei Stunden lang bis in den Morgen, ohne dass der Floor merklich leerer wird.  

Atemberaubendes Design auf Floor 2

Für Floor 2 haben sich die Veranstalter des Time Warp etwas ganz neues einfallen lassen. Dessen Decke ist mit lichtdurchfluteten Fäden überzogen, die auf verschiedene Weise in Muster geschaltet werden: von langen Fäden quer über den Floor bis zu Rautenmustern ist alles dabei. Die Möglichkeiten der visuellen Verstärkung des eigenen Sounds nutzt kein DJ so gekonnt wie Maceo Plex.

Der gebürtige Kubaner, der mit bürgerlichem Namen Eric Estornel heißt, lebt in Barcelona und gibt 2016 sein Mannheim-Debüt. Es ist ein Debüt mit Ausrufezeichen! Sein Deep House Sound lässt die Wände wackeln und vibrieren, ist aber soundtechnisch verspielter als Adam Beyer nebenan. Die Mischung aus Videosequenzen und flächendeckenden Lichtteppichen, die sich unter der Fadendecke breit machen, sind visuell atemberaubend. Damit sorgt Maceo Plex für ein absolutes Highlight bei der Time Warp 2016.

Je später, je leerer

Nach Maceo Plex übernimmt Dubfire das Pult und feuert Salve um Salve auf den knallvollen Floor 2. Die Stimmung ist top, auch wenn er im Sound nicht ganz an sein Live-Set 2015 rankommt, das noch origineller und geradezu einzigartig war.

Auf ihn folgt ab 3 Uhr Techno-Ikone Sven Väth und spielt wie immer ein ultralanges Set von 4 Stunden. Sein Sound ist immer noch bretthart, aber im Vergleich mit 2015 wesentlich flüssiger. Das Publikum scheint ihm 2016 weniger zugetan. Denn Floor 2 ist bei weitem nicht so voll wie der andere Main Floor. Da hilft auch das anschließende Live-Set von Schwarzmann nicht. Die Massen halten sich anderswo auf.

Je später, je voller

Floor 3 ist 2016 in einem auffälligen Retro-Look gestaltet. Das Lampenset an der Decke ist eine Ansammlung von Rundkugeln, deren Design an die Lampen der 1970er Jahre erinnern, aber farblich im Rhythmus der Beats erstrahlen. Das DJ-Trio Apollonia feuert ab Mitternacht knallharte Beats. Der Floor selbst ist nur mittelmäßig voll, aber viele Besucher tanzen draußen vor der offenen Tür. Auffällig ist dabei ein besonders enthusiastischer Tänzer in neongrüner Jacke und neongrüner Bommelmütze.

Nach Apollonia bietet Ricardo Villalobos einen Sound, der zeitweise stark mit Pieptönen durchsetzt ist, die ähnlich klingen wie der Star Wars-Roboter R2-D2. Jetzt ist die Tanzfläche schon besser gefüllt. Das steigert sich weiter bei Luciano, der tatsächlich für erste Euphoriewellen im Publikum sorgt. Spätestens mit Loco Dice ab 6 Uhr hat Floor 3 eine sehr hohe Auslastung erreicht. Viele Besucher schütteln die Müdigkeit aus den Gliedern und tanzen sich wieder warm.

Das missglückte Design

Im Gegensatz zum Floor 2 hat sich die Veränderung von 2015 zu 2016 nicht ausgezahlt. 2015 erstrahlte ein rotes Laserset den Raum und verstärkte die brettharten Beats so exzellent, dass Floor 4 über die ganze Nacht zum besten Floor wurde. 2016 hat das Team eine relativ niedrige, durchlöcherte Decke eingezogen, über der immer wieder ein Lichterteppich Richtung Bühne rollt. Das ist relativ einfallslos und nimmt dem Sound so seine Strahlkraft. Der brettharte Sound, der durchgängig hämmert, nützt wenig.

Floor 4 wird anfangs von Magda bespielt, der schon gut besucht, aber noch nicht komplett voll ist. Ihr Blechsound ist sehr modulativ, teilweise aber auch anstrengend. Dixon wiederum beginnt mit einem etwas zähen, fast zehnminütigen Intro, bevor er richtig losbrettert. Ab jetzt ist Floor 4 dauerhaft voll besetzt. Das setzt sich nahtlos fort bei Tale Of Us und auch anschließend bei Jamie Jones. Bei ihm powern die Tänzer sich richtig aus und auch Seth Troxler B2B The Martinez Brothers geben am Ende vor vollem Haus Vollgas.

Wechselhaft

Der Glaskasten Floor 5 mit der Kuppel steht da wie immer, wird aber unterschiedlich frequentiert. Nick Curly als Kontrast zu Magda wirkt mit seinem Sound fast ruhig, geradezu entspannend. Jeder kann sich in den Beatsound fallen lassen. Nach ihm folgt die größte Konstante beim Time Warp. Egal, ob auf dem großen oder dem kleinen Floor, Monika Kruse ist immer ein Garant für ein volles Haus. Mit ihren Soundspitzen jagt sie die Tänzer von Highlight zu Highlight. Ihre Sets sind eine Bank – sie funktionieren einfach immer.

Überraschend schwach ist der Zulauf bei Karotte. Der DJ, dem früher die Fans nachgelaufen sind und der schon oft für kurze Einlasssperren am Floor 5 gesorgt hat, kann diesen 2016 nicht richtig füllen. Möglicherweise hat Tale Of Us nebenan das Publikum absorbiert. Nach Karotte folgt Altmeister Laurent Garnier sorgt für ein weiteres Highlight auf dem jetzt rappelvollen Floor 5. Er mischt seine Melodien mit Synthesizersounds aus den 1980er Jahren und legt die tanzbaren Beats ganz geschickt darunter. Diese Soundsymbiose kommt beim Publikum hervorragend an.

Das Sorgenkind

Über mehrere Stunden hinweg funktioniert Floor 6 hingegen nicht richtig. Das neue Design des sehr hell beleuchteten Floors mit den von innen farblich oft in blau und orange getauchten Würfeln an der Decke ist sehr schick. Aber der Sound wird vom Publikum nicht wirklich angenommen. Das gilt für DJ Falscher Hase, für Alle Farben und auch für Niconé & Sascha Braemer. Bei allen ist der Floor bestenfalls halbvoll –  bei allerdings guter Stimmung. Erst mit Kölsch ab 6 Uhr kommt Schwung in die Bude. Seine schnellen Up-Tempo Beats sprechen das Publikum mehr an und endlich tanzen die Besucher auch auf Floor 6 ekstatisch.

Kleine Anpassungen

Insgesamt ist die Time Warp 2016 ein gelungenes Event. Maceo Plex hat ein starkes Debüt abgeliefert und wird vermutlich nicht zum letzten Mal in Mannheim aufgetreten sein. Abgesehen von einigen Kleinigkeiten funktioniert das seit Jahrzehnten erprobte und immer wieder verfeinerte Gesamtkonzept. Die Time Warp ist ein Event auf durchgängig hohem Niveau – das hat die Ausgabe 2016 erneut bestätigt.

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