At The Drive-In (2017)

At The Drive-In (2017) © Rise Records

At the Drive-In melden sich nach langer Pause und ziemlich unerwartet zurück und spielen momentan ihre erste Welttournee seit Jahren. Können sie an den Mythos der alten Tage anknüpfen? Wir waren in Köln beim ersten von nur zwei Deutschlandterminen dabei und sagen: Ja, sie können!

Diese Wiedervereinigungen alter Lieblingsbands, damit ist es ja fast wie mit alten Freunden, die man nach viel zu langer Zeit wiedertrifft: Fühlt es sich komisch an? Hat man sich noch etwas zu sagen? Oder ist das Ganze doch eher eine verkrampfte Angelegenheit? Man verändert sich eben. At the Drive-In haben das erste Treffen mit ihrem Kölner Publikum nach fast 15 Jahren jedoch völlig ohne peinliche "Gesprächspausen" hinter sich gebracht. 

Ein wenig Drama zum Einheizen

Im Vorfeld gab es viel Aufregung unter den Fans: Nur zwei Deutschlandtermine auf der Welttournee, nämlich Köln und Berlin, beide schnell ausverkauft. In Köln wurden nach einiger Zeit wieder Kontingente freigegeben und am Ende sogar Resttickets an der Abendkasse verkauft, viel mehr Leute hätte man in das proppenvolle Palladium aber kaum noch quetschen können.

Der zweite Aufreger: Die Reunion findet ohne Rhythmus-Gitarrist und Gründungsmitglied Jim Ward statt. "ATDI without Jim Ward = At the Drive-Thru", so ein Fan auf Facebook. Angeblich soll Ward aus gesundheitlichen Gründen nicht mit auf Tour gehen können, andere behaupten wiederum, er sei von Anfang an nicht eingeplant gewesen. Die Konzertbesucher in Köln nehmen's gelassen: Alles steht und fällt gitarrentechnisch ohnehin mit Mastermind Omar Rodriguez-Lopez – und der ist wirklich in Topform. 

Aus einem Guss

Niemanden wundert es, dass Les Butcherettes, wie auch schon bei The Mars Volta oder Antemasque, auf der Tour als Support dabei sind: Schließlich hat Omar die Band lange produziert und auch selbst Bass gespielt. Frontfrau Teri Gender Bender zieht das Publikum wie gewohnt in ihren Bann, sowohl mit ihrem eigenwilligen Outfit, als auch mit ihrer Performance irgendwo zwischen Björk, Courtney Love, Stevie Nicks und undefinierbar. 

Anschließend spielen At the Drive-In ein anderthalbstündiges Hammer-Set. Cedric Bixler-Zavala ist so entfesselt wie eh und je, wirft nicht nur das Mikrofon sondern gleich den ganzen Ständer durch die Gegend, tanzt sich in Trance und ist wohl der einzige Mensch, dem man ein psychedelisches Harmonica-Solo tatsächlich abnimmt. Das Kaugummi von Dave Grohl, das hätte er allerdings nicht klauen müssen! So manches Mal wartet man darauf, dass es beim nächsten Ton in der Tröte stecken bleibt. 

Ohne Verschnaufspause

Die unbestrittenen Highlights des Konzerts sind für die meisten Zuschauer sicherlich die Songs vom Album "Relationship of Command", wie etwa "Invalid Litter Dept." oder die Opener "Acarsenal"; "Pattern Against User" und "Sleepwalk Capsules", die teilweise schon etwas an The Mars Volta erinnern. Aber auch die rauhen, ungeschliffeneren Titel des frühen Albums "In/Casino/Out" oder der "Vaya"-EP kommen nicht zu kurz. Das Tempo ist schnell, der Druck hoch, Verschnaufspausen rar gesäht. 

Cedric Bixler erscheint phasenweise trotzdem ungewohnt geschwätzig, er singt Lobeshymnen auf das deutsche Lebensgefühl Ende der 90er, als die Band erstmals hierzulande aufgetreten ist: "You guys had life at its balls!" – Schaut man sich die Kölner Fans an, scheinen sie seitdem nicht losgelassen zu haben. Zu rührseligen Abschiedszeremonien lässt man sich dann allerdings doch nicht hinreißen, nach den Zugaben "Napoleon Solo" und dem wohl bekanntesten Song "One Armed Scissor" sind nicht einmal die Saallichter an, da hat die Crew schon mit dem Abbau begonnen.

Und was kommt jetzt?

Was bleibt zu sagen? At the Drive-In sind zurück. Nicht "die Kohle wird knapp, lasst uns ein paar Festivals spielen"-zurück, sondern richtig, angeblich wird bereits intensiv an neuem Material gearbeitet. Was allerdings nun passiert, und ob die Band an ihre Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen wird, bleibt abzuwarten. Niemand aber, der in Köln dabei war, wird daran ernsthaft zweifeln.  

Setlist 

Acarsenal / Pattern Against User / Sleepwalk Capsules / 300 MHz / Proxima Centauri / Lopsided / Invalid Litter Dept. / Ursa Minor / Enfilade / Quarantined / Cosmonoaut / Catacombs / Non-Zero Possibility //// Napoleon Solo / One Armed Scissor 

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