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Balthazar (live in Hamburg, 2015) © Falk Simon

Die belgische Indie-Rock-Band hat nichts mit den Heiligen Drei Königen gemein, auch wenn der Name das suggeriert. Dennoch erhält das Konzert von Balthazar in der Alten Feuerwache in Mannheim eine Art Spiritualität, der man sich nicht entziehen kann. Das Quintett offenbart sich als tanzfreudiges und routiniertes Gespann, das vor allem eines ist: extrem cool.

Mehrere Instrumente von Maarten Devoldere haben schon die ein oder andere Schramme davongetragen. Die mit Panzertape übersäten Oberflächen von Gitarre und Keyboard sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache.

Es ist jedoch nicht so, dass der zweite Leadsänger Balthazars seine Gerätschaften malträtiert. Vielmehr sind sie Ausdrucksmittel seines körperbetonten Tanzes, mit dem er seinen Bandkollegen nachzueifern versucht. Seine nur lose an einer Schulter hängende Gitarre hebt er während einiger Songs schon mal über den Kopf oder schmeißt sie zu Boden, um gleich danach mit Mini-Keyboard samt Ständer von einer Seite der Bühne auf die andere zu wechseln. Da sind ein paar Blessuren eben unvermeidlich.

Musik, die ansteckend wirkt

Die gesamte Band legt gleich von Beginn an tänzerisches Herzblut in die Songs. Die Reaktion des Publikums fällt anfangs noch verhalten aus, doch das hypnotische Tänzeln des Leadgitarristen und Sängers Jinte Deprez ist derart ansteckend, dass nach kürzester Zeit im gesamten Saal euphorische Reaktionen der Zuschauer zu beobachten sind. Höhepunkt ist sicherlich das Stück "Fifteen Floors", das die Feuerwache erbeben lässt. Ab diesem Zeitpunkt ist das Publikum voll dabei.

Himmlische Vierstimmigkeit

Neben sehr rockigen Liedern gibt es allerdings auch Momente, in denen die vier Sänger ganz leise Töne anstimmen, während sie in weißes Licht getaucht werden. Hier könnte man eine Stecknadel fallen hören. Mehrere Leute liegen sich in den Armen oder hören bedächtig mit geschlossenen Augen zu. Ein Zuschauer faltet dabei sogar die Hände. Mehr Spritualität geht nicht.

An dieser Stelle werden die fünf Balthazars aus dem Flamenland ihrem königlichen Namen mehr als gerecht. Als Zuschauer wünscht man sich, der vierstimmige Engelsgesang würde niemals aufhören.

Ein Königreich für eine Zigarette

Gitarrist und Leadsänger Maarten Devolderes Gesang klingt allerdings nicht ganz erhaben, vielmehr so, als müsste er noch die letzte durchgezechte Nacht verdauen und sich den Frust von der Seele singen. Sein melancholischer, an manchen Stellen lallender Gesang wirkt unfassbar authentisch und nie aufgesetzt. Der Kerl brüllt innerlich nach der nächsten Zigarette.

Auf voller Linie überzeugt Violinistin und Keyboarderin Patricia Vanneste. In manchen Liedern bildet sie mit ihren Loops das Fundament der Songs, an anderer Stelle treibt sie mit pizzicati (gezupften Tönen) auf ihrer Geige das Publikum an. Nicht nur sie, sondern auch die anderen Bandmitglieder bestechen durch ihre musikalischen Fähigkeiten. An manchen Stellen scheinen sie sich blind zu verstehen.

Viel zu schnell vorbei

Spätestens dann, als das Publikum lautstark eine Zugabe einfordert, bemerkt man: Ein Balthazar-Konzert ist unfassbar kurzweilig. Vielleicht liegt das an der routinierten Coolness des Quintetts, vielleicht aber auch an den eingängigen Hits und dem treibenden Bass.

Mit dem kitschigen "Moon River", das aus den Lautsprechern ertönt, werden die Besucher schließlich entlassen. Überglücklich strömen die Menschen nach draußen. Dort stoßen sie auf Sänger Devoldere, der im Sitzen seine langersehnte Zigarette genießt. Die hat er sich mehr als redlich verdient.

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