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K.I.Z. (live in Mannheim 2015) © Rudi Brand

Nur wenige deutschsprachige Rapper schaffen es ihre Fans in schweißtriefende Stagediver zu verwandeln. K.I.Z verwandeln ihr Konzert in der Mannheimer Maimarkthalle in eine riesige Weltuntergangsparty, bei der bis zum Umfallen gepogt, getanzt und gefeiert wird.

Deutscher Hip-Hop ist mittlerweile nicht nur kommerziell, sondern auch künstlerisch ganz vorne. K.I.Z haben ihn auf ihre Art noch einmal weiterentwickelt und so wundert es nicht, dass die Tour zum aktuellen Album der Rapper bis auf wenige Termine restlos ausverkauft ist.

Zwar sind für das Mannheimer Konzert noch bis zum Schluss Karten erhältlich, doch handelt es sich bei der Maimarkthalle um eine der größten Hallen der Tour, die dennoch mit knapp 8.000 Zuschauern bis zum Anschlag gefüllt ist.

Starke Nerven beim Anstehen

Bevor man jedoch in der Halle steht, benötigt man gute Nerven. Aufgrund des erwartet hohen Ansturms wird der Einlass sogar eine halbe Stunde vorgezogen, trotzdem warten die Besucher teilweise eine Stunde in der ewig langen Schlange vor dem Eingang.

Offensichtlich haben die Veranstalter nach den Anschlägen in Paris die Sicherheitsvorkehrungen verschärft und das Personal in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Das hat Folgen, da das sorgfältige Kontrollieren der Zuschauer sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Schade, das Berliner HipHop-Duo Audio88 & Yassin war bestimmt ein würdiger Eröffnungsact.

Euphorie soweit das Auge sieht

Mit dem größten Zungenbrecher-Track vom Mixtape "Ganz oben", dicht gefolgt von "Urlaub fürs Gehirn" ziehen K.I.Z vom Start weg das Tempo an und verwandeln die Halle nach nur wenigen Minuten in einen einzigen großen Moshpit. Egal, wo man steht, hier wird überall geschubst, gepogt und lauthals mitgesungen. Besonders die männlichen Anhänger der Band können sich vor Euphorie über die Präsenz der Rapper fast nicht mehr halten.

Mit dicken Bässen, Beats und whacken Pogoraps wird der Meute eingeheizt, bis das tropische Klima im Raum viele Besucher animiert, sich ihrer Klamotten zu entledigen. Hier ist alles erlaubt, schließlich erfreut man sich nicht alle Tage am Weltuntergang. Dazu thronen Tarek, Maxim, Nico und DJ Craft (alias DJ Sex oder auch DJ Auge) bescheiden wie eh und je zwischen ihren eigenen pompösen Statuen und geben charmant freche Kommentare von sich: "Mannheim, ihr seid unsere Lieblingsstadt, schließlich sind wir Männer und sind uns selbst heilig", erklärt Nico der Menge.

"Ihr sollt pogen"

Auf satirische und oft gnadenlose Art und Weise äußern die vier Kannibalen in Zivil in ihren Texten Kritik an der Gesellschaft, Politik und an weit verbreiteten Verhaltensweisen. Ihre mal mehr, mal weniger versteckten politischen Statements überraschen und unterhalten immer wieder. So sind trotz der frauenfeindlichen Nummern der Rap-Kombo auch viele weibliche Zuschauer in der Masse zu sehen, die im Pogen den Männern in nichts nachstehen.

"Ihr sollt pogen", rappen K.I.Z. im Song "Ellenbogengesellschaft" und genau das wird hier von der feierwütigen Menge sehr ernst genommen. Dabei fordern die Rapper auf aufeinander aufzupassen: "Achtet auf euren Nebenmann, wenn hier jemand stirbt bekommen wir nächstes Mal 30€ weniger in Mannheim, das darf nicht sein".

Facettenreich & provokant

Die Rap-Kombo überzeugt durch ihre facettenreiche Musik, bei der Electro mit Punk-Elementen, Balladen mit Techno-Sound oder auch Rock mit HipHop-Beats vermischt werden. Besonderer Hingucker sind neben den übergroßen Statuen der Rapper auch die Lichtshow und wechselnde Bühnenelemente, wie der projizierte Hintergrund, der einzelne Songs mit visuellen Effekten unterstreicht. Der krasseste Effekt ist die Darstellung einer Geburt durch eine riesige Scheide, aus der Maxim zu "Käfigbett" hervorkriecht – nicht ganz lebensecht in Windeln und vollgeschmiert mit Kunstblut.

Daneben lassen K.I.Z auch die Herzen höher schlagen, als sie sich an der Bar, fernab der Bühne, zu ihren Fans gesellen, um einen Song in der Masse performen. Immer wieder fordern die Rapper ihr Publikum auch auf, ihnen BHs und Höschen zukommen zu lassen. "Wir haben da ein Battle mit Kraftklub am Laufen, wer am meisten BHs auf Shows sammelt, also gebt uns alles was ihr habt!"

Schweißgebadete Zugabe

Während der Zugabe, die durch das "Kannibalenlied" eingeläutet wird, wird das Tempo nochmal angezogen und man sieht allmählich die Erschöpfung in den Gesichtern der Zuschauer, die trotz allem schweißgebadet in den Moshpits aufeinander losgehen. Mit "Hurra die Welt geht unter" zeichnet sich jedoch nach knappen zwei Stunden das Ende der Show ab.

Mit einem ohrenbetäubenden Knall fällt in den letzten Akkorden des Songs ein Vorhang herunter. Darauf erscheint ein Weltuntergangsbild und die Gesichter der Berliner. Anschließend macht sich durch eine instrumentale Version des Tracks eine melancholische Stimmung breit. Zum Schluss kommen K.I.Z noch ein letztes Mal vor den Vorhang und performen zusammen mit dem Publikum "Hurensohn", und zwar in einer balladenähnlichem Version, bei der sich viele trotz des provokanten Textes sich in den Armen liegen und Feuerzeuge bzw. Handys hochhalten.

Hass macht glücklich

Wenn K.I.Z den Hass bringen, wie es in dem Song "Glücklich und Satt" heißt, scheint Hass sehr wohl glücklich zu machen. Schaut man zumindest in die zufriedenen und schweißnassen Gesichter der Anwesenden trifft das auf jeden Fall zu. K.I.Z haben nicht nur mit ihrem aktuellen Album "Hurra die Welt geht unter" bewiesen, dass die Berliner eine ernstzunehmende Rap-Kombo, sondern auch dass die Rapper zu Recht einer der beliebtesten Live-Acts im deutschsprachigen Raum sind. Aus einem Repertoire aus fünf Studioalben hat die Band einen perfekten Mix für alte und neue Fans zusammengestellt.

Für alle diejenigen, die am Morgen danach feststellen, dass ihr außer Handys, Mützen und Schuhen auch andere persönliche Gegenstände verloren hat: Ihr seid mit Sicherheit nicht die einzigen.

Setlist

Duhastaufdeinenkokaturndeinegeistigbehinderteschwestergeficktmucke / Urlaub fürs Gehirn / Geld / Da geht was / AMG Mercedes / Ehrenlos / Ich bin Adolf Hitler / Spasst / Abteilungsleiter der Liebe / Glücklich und satt / Käfigbett / Geld essen / Nagellackentfernerfotze /  Ellenbogengesellschaft / Ein Affe und ein Pferd / Ariane / Verrückt nach dir / Neuruppin / Das Kannibalenlied / Wir / Was würde Manny Marc tun? / Boom Boom Boom / Walpurgisnacht / Hurra die Welt geht unter / Hurensohn

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k.i.z