© ACT / Jörg Steinmetz

Es war ein nicht nur im übertragenen Sinn ein einmaliges Erlebnis. Im fast ausverkauften BASF-Feierabendhaus gaben Michael Wollny und Gary Peacock ein Duo-Konzert, an dass die Zuschauer noch lange mit Freude zurückdenken werden.

Die Idee, Michael Wollny und Gary Peacock ein gemeinsames Konzert spielen zu lassen, habe er gehabt, erklärt Festivalleiter Rainer Kern vor Beginn des Konzerts. Aber natürlich war das nur der erste Schritt, schließlich mussten nicht nur beide Musiker zustimmen, sondern auch ein passender Termin und Auftrittsort gefunden werden.

Ein Duett als Ritterschlag

Dass am Ende aus der Idee Wirklichkeit wurde, ist ein großes Glück für die Zuschauer im so gut wie ausverkauften BASF-Feierabendhaus in Ludwigshafen. Gary Peacock feierte in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag und kann sich nach Jahrzehnten gemeinsamen Musikmachens mit den allergrößten Jazzmusikern seine musikalischen Partner aussuchen. Binnen eines Tages meldete er sich bei Rainer Kern zurück und erklärte, mit diesem Wollny würde er sehr gerne gemeinsam auftreten. Schon die Bereitschaft ist so etwas wie ein Ritterschlag.

Peacock ist nämlich nicht nur durch die langjährige Mitwirkung in Keith Jarretts Standard Trio bekannt, sondern hat auch auf so legendären Alben wie Albert Aylers "Spiritual Unity" mitgewirkt. Duette mit Klavier sind ihm ebenfalls vertraut, beispielsweise durch seine gemeinsamen Aufnahmen mit Paul Bley. Ähnliches gilt für Michael Wollny, der drei exzellente Duo-Alben mit dem deutschen Saxophonisten Heinz Sauer veröffentlichte. Der Logik, diese beiden Musiker zusammenzuführen, kann man sich nicht entziehen.

Weniger ist mehr

Wollny und Peacock auch nicht, denn beide machen an diesem Abend in Ludwigshafen das Beste aus diesem "Treffen der Generationen". Die beiden Musiker besitzen trotz der sicherlich sehr begrenzten Zeit für Proben ein musikalisches Verständnis für die Spielweise des jeweils anderen entwickelt. Die Abwesenheit eines Schlagzeugs schafft klangliche Freiräume, die Wollny nicht zu perkussiverem Spiel verleiten, sondern bemerkenswerterweise zu melodischerem.

Wie auf seinem jüngsten Album "Nachtfahrten" zeigt Wollny mit Entschlossenheit den Willen, der Musik Luft zum Atmen zu geben – und dafür ist Peacock der ideale Partner. Der Bassist ist in der Lage ist, sich zurückzunehmen, bis er manchmal in den Hintergrund zu verschwinden scheint und plötzlich wieder Präsenz zeigt, um der Musik ein Fundament in den tiefen Registern zu verschaffen.

Wollny im Mittelpunkt

Die durchgehend eher ruhige Stimmung bedeutet aber nicht, dass die Zuschauer ein minimalistisches Konzert erleben. Der Auftritt bietet all das, was man von einem Klavier/Bass-Duo erwarten kann: Momente melodiöser Leichtigkeit, zupackende Rhythmik und eine teilweise bestechende Dramaturgie, die für spannungsvollen Genuss sorgt.

Es ist nachvollziehbar, dass Wollny im Mittelpunkt steht und ausreichend Gelegenheit hat, seine enorm gewachsene Bandbreite an Klängen zu präsentieren. Dennoch sollte man die Rolle von Peacock nicht unterschätzen. Seine kluge Zurückhaltung bringt in beiden das Beste hervor – und lässt insbesondere Wollny gut aussehen. Der nächste Schritt ist dann möglicherweise ein Wollny-Solokonzert.

Bildverbot

Die Zuschauer sind jedenfalls begeistert, spenden zum Schluss des neunzigminütigen Konzerts standing ovations und drängen an den Merchandise-Stand, wo Michael Wollny Platten und CDs signiert.

Für alle, die es nicht geschafft haben, besteht ein Funken Hoffnung. Auf der linken Seite der Bühne stand ein Mikrofon, vielleicht wurde das Konzert ja zur Veröffentlichung mitgeschnitten. Bilder irgendwelcher Art gibt es hingegen leider keine: professionellen Fotografen war es nicht gestattet, Fotos zu machen und an das Publikum erging im Namen von Gary Peacock der dringende Appell keine Handybilder zu machen. Das erhöhte sicherlich den Musikgenuss, stellt aber auch eine verpasste Gelegenheit dar, diesen vermutlich einmaligen Abend in Bildern zu dokumentieren.

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