Public Image Ltd

Public Image Ltd © Paul Heartfield

Diesmal hat es also geklappt: Public Image Ltd., um den ehemaligen Sex-Pistols-Frontmann John Lydon, traten in der Alten Seilerei in Mannheim auf und lieferten einen facettenreichen Auftritt, der vom Charisma des Frontmanns lebte. Einen Wermutstropfen gab es aber.

Nachdem 2010 die Tour von Public Image Ltd. kurzfristig abgesagt wurde, blieb es bis kurz vor dem Start spannend, ob die nur vier Konzerte umfassende Deutschland-Tour 2015 überhaupt stattfinden wird. Doch diesmal verlief alles einwandfrei und man konnte in der Mannheimer Alten Seilerei wahrhaftige Musikgeschichte in Person von John Lydon aka Johnny Rotten erleben.

Der Engländer ist insofern ein Pfeiler der Musikgeschichte, da er 1975 mit drei anderen Londoner Punks die Sex Pistols gründete und unzählige Bands bis heute maßgeblich beeinflusst. Der Postpunk-Nachfolger P.i.L. nimmt hingegen keine so bedeutende Rolle ein, besitzt aber nicht nur aufgrund des charismatischen Sängers, durchaus und zurecht eine große Fangemeinde.

Hotel Schneider, was ist denn da passiert?

Eröffnet wird der Abend von dem Berliner Quartett Hotel Schneider, das mit Dennis Schneider ein Mitglied der aufgelösten Hamburger-Schule-Punks Muff Potter in den eigenen Reihen vorweisen kann. Doch mit cleveren Texten und catchy Melodien hat diese Gruppe wenig gemein. Das ist recht einfallslos-schauriger Gitarrenpop, der sich selbst mit dem Attribut Angry Soul schmückt, um wenigstens ein bisschen was Griffiges präsentieren zu können.

Es handelt sich um einen Supportact, der den Besucher vor Rätsel stellt. War das am Ende ein ganz betriebswirtschaflticher "Buy in", damit das Management schreiben kann, die Band sei mit P.i.L. getourt? Wie dem auch sei, Hotel Schneider waren an dem Abend definitiv fehl am Platz, da sie besser auf die Bühne einer lockeren Erstsemester-Studiparty gehören, als in das Vorprogramm dieses Abends.

Das Warten auf "The Grumpy Old Man"

Beim Betreten der Bühne werden die vier Mitglieder von Public Image Ltd. begeistert empfangen. Man merkt dem anwesenden Publikum die Freude an. Viele von ihnen sind bereits um die 50 Jahre oder älter, haben aber ihr Jugendidol John Lydon weder mit den Sex Pistols noch mit P.i.L. jemals live erlebt. Markus Brehm, Mitinhaber des Schallplattenladens Come Back, erzählt mit glänzenden Augen, dass er sich so richtig auf den Abend freut und mittags sogar ein wenig nervös wurde beim Gedanken an den Abend. So soll es sein!

Zu Beginn der fast 100-minütigen Show ist es geradezu noch gemütlich, weil die Engländer Songs ihres neuen Album "What The World Needs Now …" spielen und diese überraschend harmonisch und eingängig sind. Bald darauf folgt eine fast epische Version des kommerziell erfolgreichen Hits "This Is Not A Lovesong" aus dem Jahr 1983, bei dem sich ein Pärchen sogar mit Tanzschulenschritten beginnt zu bewegen, um dann eng umschlungen zu schmusen. Etwas verwirrend, wenn man weiß, dass dieser Song nichts mit dem Austausch körperlicher Zärtlichkeiten zu tun hat, sondern mit sozialkritischen Ansätzen.

Harmonischer als erwartet

Glücklicherweise dauert es nicht mehr lange, bis deutlich wird, dass P.i.L. nichts von ihrer Bissigkeit verloren haben. Lydon zückt eine Lesebrille, blättert ein bis zwei Seiten in dem Buch auf dem Notenständer vor dem Mikrophon nach vorne und kommt sowohl bei den Liedern als auch bei der Attitüde in den Achtzigern an. Blitzartig verändert sich auch die Atmosphäre im Publikum, das trotz eines Dienstagabend und morgiger Arbeit tanzen will und textsicher beginnt mit John Lydon, der sich zum "The Grumpy Old Man" wandelt, zu feiern.

Dass Lydon nach wie vor ein kontroverser Charakter ist, beweist er in den zum neuen Album erschienenen Interviews. Doch wirkt sein musikalisches Schaffen mittlerweile wesentlich gelassener. Denn auch wenn es erwartungsgemäß anstrengender wird, weil die Klänge nicht mehr so sauber sind oder eine Soundcollage über eine Geräuschkulisse gelegt wird, so kann man nicht sagen, dass es so experimentell wurde, wie man es sich vielleicht erhofft hat, um sich die volle Dröhnung inklusive Vergangenheitsfeeling geben zu können.

Grandioser Spannungsboden zum Abschluss

Zur Freude vieler spielt die Band gegen Ende "Chant" vom zweiten Album "Metal Box". Da ist noch einmal richtig was los in der Alten Seilerei, die Fans gehen noch einmal richtig aus sich raus und kommen insgesamt gesehen richtig auf ihre Kosten, weil P.i.L. von Beginn an einen Spannungsbogen aufgebaut haben, dessen Konzept in einem ausgelassenen Publikum fantastisch aufgeht.

Einziger Wermutstropfen des Abends ist der nicht ausverkaufte Saal, bei einer Band mit diesem Hintergrund, in einer Stadt mit Popakademie!