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The Waterboys (live in Frankfurt, 2015) © Torsten Reitz

Die schönsten Konzerte sind diejenigen, die den Besucher in begeisterter Verblüffung zurücklassen. Für ein solches Erlebnis sorgten The Waterboys in der Frankfurter Batschkapp mit einem unglaublich intensiven und musikalisch brillanten Auftritt.

Man kann es tragisch finden, dass Mike Scott mit The Waterboys vor 700 und nicht vor 7000 Leuten spielt, aber dadurch kommen die Zuschauer in der gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Batschkapp umso mehr auf ihre Kosten. Selten erlebt man ein Konzert, bei dem der Bandsound von der ersten Minute an so perfekt erklingt wie an diesem Abend.

Mike Scott und eine brillante Band

Welche Meinung man auch immer bezüglich des neuen Albums "Modern Blues" vertritt, die neuen Songs funktionieren live. Das liegt nicht unbedingt daran, dass es die brillantesten Stücke sind, die Mike Scott jemals geschrieben hat, sondern an der unbändigen Energie der Band, die sich vom ersten Ton an maximal ins Zeug legt.

Mike Scotts Stimme klingt besser als auf vielen Livevideos, die der interessierte Hörer bei Youtube und anderswo anhören kann. Vor allem aber ist seine Band der absolute Wahnsinn: Sein langjähriger musikalischer Partner Steve Wickham an der elektrischen Violine, dazu Ralph Salmins am Schlagzeug, der wilde Paul Brown an den Keyboards sowie Neuzugänge Zach Ernst (Gitarre) und David Hood (Bass) erschaffen einen Bandklang, der nahe an der Perfektion ist: differenziert und doch voller Leidenschaft und Energie.

Coolness und Leidenschaft

Mike Scott steht natürlich stets im Mittelpunkt: mit seinem Aussehen erinnert er an eine Mischung aus Lou Reed, Udo Lindenberg und Mick Jagger. Sorgsam achtet er darauf, den Hut nicht zu verlieren, vielleicht, um das schütter werdende Haupthaar zu verbergen. Ansonsten wirkt er in den Pausen wie ein Fels aus Coolness, der nur einmal länger mit dem Publikum spricht, um – natürlich – eine Lou Reed-Anekdote zu erzählen, nach der sich Rock'n'Roller nicht nach dem Wetter kleiden.

Aber wenn der erste Ton eines Liedes erklingt, legt Mike Scott seine Coolness ab und lässt seiner Leidenschaft freie Bahn. Rockposen mögen bisweilen aufgesetzt wirken, aber Mike Scott zelebriert sie mit einer Natürlichkeit, dass man als Zuschauer echte Freude empfindet.

Auf der Suche nach dem perfekten Konzert

Frühe Höhepunkte des Sets sind die beiden Klassiker "A Girl Called Johnny" und "We Will Not Be Lovers", die beide in ausgedehnten Versionen performt werden und so frisch klingen, als seien sie erst gestern geschrieben worden. Paul Brown wirft sich in die Tasten als gäbe es kein Morgen, Steve Wickham führt abwechselnd Tänzchen oder Duelle mit Mike Scott auf und alle gemeinsam klingen, als wollten sie die perfekte Rock'n'Roll-Show spielen.

Weiter geht es auf der Reise durch die Welt des Mike Scott mit der Erinnerung an ein längst vergangenes Café, ein "shithole" zwar, aber auch "the nearest thing to hip." Nach einem Ausritt zu "Medicine Bow" und der Rückkehr zum grünen Hügel des "Glastonbury Songs" folgen vielleicht die einzigen Momente des Konzerts, die nicht brillant sind: Neue Liveversionen von "Roll Over Beethoven" braucht die Welt ebensowenig wie "I Can See Elvis", ein Lied, das weder textlich noch musikalisch das Niveau des übrigen Konzerts besitzt.

Das ist aber schnell vergessen, denn nun folgen zwei der besten Songs der Waterboys. Bei aller Brillanz lässt "The Whole Of The Moon" ein wenig die Energie des übrigen Konzerts vermissen. "Don't Bang the Drum" spielen Scott und Steve Wickham dann als Duett und schaffen so ein ganz anderes musikalisches Erlebnis als die "big music" des Originals. Schließlich folgt zum Abschluss des regulären Sets der beste Song der neuen Platte: "Long Strange Golden Road".

Ein Höhepunkt in der Geschichte der Waterboys

Lange Jahre war es Mike Scott nicht unbedingt immer gut gelungen, seinen Klassiker "Fisherman's Blues" würdig zu spielen. An diesem Abend geht alles glatt, die lyrische Schönheit und die wilde Energie des Liedes verschmelzen zu einem großartigen Gesamtkunstwerk. Zum Abschluss gibt es dann noch eine lange, grandiose Coverversion des Prince-Hits "Purple Rain". Danach gibt Mike Scott seine coole Persönlichkeit auf und lächelt zufrieden in die Menge.

Nach fast zwei Stunden gehen die Zuschauer glücklich nach Hause, nicht ohne Mike Scott und Mannen vorher ausgiebig gefeiert zu haben. Sie haben einen Höhepunkt in der Geschichte der Waterboys erlebt. Man kann nur hoffen, dass die Band die Konzerte mitschneidet und ein Livealbum veröffentlicht – mit möglichst vielen Stücken aus Frankfurt.

Setlist

Destinies Entwined / Still a Freak / A Girl Called Johnny / We Will Not Be Lovers / Nearest Thing to Hip / Rosalind (You Married the Wrong Guy) / Medicine Bow / Glastonbury Song / Roll Over Beethoven / I Can See Elvis / The Whole of the Moon / Don't Bang the Drum / Long Strange Golden Road // Fisherman's Blues / Purple Rain

 

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