Der Auftakt am Freitag zum Jazz & Joy in Worms 2015 bot Licht und Schatten. Während Jan Delay eine tolle Show ablieferte, bliebt der Auftritt von Till Brönner eher unbefriedigend. Auch wenn es am Freitag nicht sonderlich warm war, blieb es im Gegensatz zum Regenguss im Vorjahr diesmal wenigstens trocken.

Ein erfreuliches Highlight setzen Bender & Schillinger auf der Bühne an der Jugendherberge. Beim Soundcheck wirkte das Duo noch ein wenig gefühlig, ihre Musik erwies sich im eigentlichen Konzert aber als ebenso geistreich wie eingängig.

Wechselhafte Auftritte am Samstag

Am Samstag kam pünktlich zum Start der Konzerte endlich die Sonne raus. Nun war es deutlich angenehmer, über die Plätze zu schlendern oder, sich an mehreren Plätzen an die Tische zu setzen und der Musik zu lauschen. Ein solches Lauschkonzert war der Auftritt der israelischen Band Tigris. Mit Doppelpercussions und dem Keyboard, garniert mit einigen Schnellfeuereinlagen der Percussions, entstand ein Sound, der so beim Jazz & Joy noch nie zu hören gewesen war.

Unter eher schlechtem Sound litt der Auftritt von Flo Mega & The Ruffcats auf dem Marktplatz. Anfangs waberte eine undifferenzierte Mischung aus Bass und Blech über den Platz, später wurde der Klang ein wenig besser. Die Musik selbst war unterhaltsam und sorgte bei den zahlreichen Besuchern für gute Stimmung. Nur seine langen und nicht sonderlich originellen Ansagen könnte Flo Mega etwas kürzen – mit seiner Musik sagt er bereits genug.

Überraschend wenig Applaus trotz guter musikalischer Darbietung erntete danach die englische Band ROBB um Sänger Robert Summerfield auf der kostenlosen Bühne vor der Jugendherberge. Seine tiefe, eingängige Stimme und die gute musikalische Performance hätten mehr verdient gehabt.

Die Kühn-Brüder als Höhepunkt

Auf der Jazzbühne auf dem Platz der Partnerschaft spielte inzwischen das Bruderpaar Rolf & Joachim Kühn auf. Die beiden sehr unterschiedlichen Musiker zeigten sich in bester Spiellaune und wirbelten virtuos durch Standards, Eigenkompositionen und ein Lied des kürzlich verstorbenen Ornette Coleman. Die Musik ist abstrakt, besitzt aber genug Eingängigkeit, um die zahlreichen Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Wie schon bei Enjoy Jazz im Vorjahr trieben sich die beiden zu kreativen Höchstleistungen und lieferten damit eines der Highlights des Festivals.

Viele Besucher strömten derweil zur Brass Band Marshall Cooper auf dem Weckerlingplatz. Die Band interpretierte vornehmlich bekannte Filmsongs oder Swingtitel von Künstlerinnen wie Caro Emerald mit ihren Bläsern und vermischten alles zu einer komplett neuen Stilrichtung.

Das stimmliche Highlight Y'Akoto

Am Abend trat die deutsch-ghanaische Sängerin Y'Akoto auf dem Marktplatz auf. Sie präsentierte zunächst zwei langsame Soulnummern, in denen sie ihre Stimmgewalt aber schon andeutete. Mit "Don't Call" wechselte sie in den Gute-Laune-Soul, den sie mit ihrem Lachen glaubhaft vermittelte. Ihre Band verkaufte sie als ihre launischen Männer mit dem Song "Moodyman". Die Jungs waren aber keineswegs launisch, sondern eher spielfreudig. Sie powerten mit ihren Gitarren das Publikum auf dem immer voller werdenden Marktplatz hoch. Kaum jemand ging, alle ließen sich von der Sängerin mitreißen.

Als Jazzeinlage zum Festival legte der Keyboarder zwischendrin eine schnelle Improvisation hin, während Y'Akoto mit ihrem tiefen, echten Soul einen Blick in ihre Seele gewährte. Als Zugabe gab es am Ende noch eine Runde Funk-Rock auf die Ohren, bevor Y'Akoto mit strahlendem Gesicht unter großem Beifall die Bühne verließ.

Starke Frauen am Samstagabend

Der viel beworbene Auftritt von Marilyn Mazur lockte viele Zuschauer auf die klassische Jazzbühne am Platz der Partnerschaft. Ihr Spiel am Schlagzeug beim Projekt Spirit Cave war virtuos, allerdings auch sehr speziell, teilweise fast hektisch und sicher nicht für jeden Zuhörer geeignet. Viele Besucher zeigten sich interessiert, wanderten aber auch schnell weiter.

Auf der Nachbarbühne am Schlossplatz hatten Khaira Arby zunächst mit dem Soundcheck Probleme und mussten nachbessern, ehe die wuchtige Afrikanerin ihr Programm begann. Dann jedoch präsentierte sie an den Percussions mit großer Stimmgewalt afrikanische Klänge, gemischt mit moderndem Sound der E-Gitarren.

Von Irland nach Island

Auf dem Marktplatz machte sich vor dem Auftritt von Bob Geldof große Erwartung breit. Der irische Rockmusiker spielt noch heute den Sound der späten 1970er und 1980er Jahre. Seine rockigen Passagen unterfütterte er mit Einlagen an der Mundharmonika und nebenbei mischten sich auch Stücke aus dem Irish Folk ins Programm. Dem Publikum gefiel es und Bob Geldorf garnierte seine Musik mit den üblichen bissigen und meinungsstarken Aussagen wie: "I fucking hate jazz". Nicht doch!

Das musikalische Highlight am Schluss bildete die isländische Funk-Fusion-Band Mezzoforte. Aber auch sie hatten zunächst wie viele Bands am Samstag mit einem zu dröhnenden, alles überlagernden Bass zu kämpfen. Im Verlauf des Konzerts besserte sich der Klang der Instrumente und schließlich ging es so richtig ab. Der Saxophonist feuerte Salven ab wie ein ganzes Bläserset und die Band riss alle mit. In dieser klanglichen Verfassung wären Mezzoforte mit seiner energiegeladenen Show eigentlich der perfekte Opening-Act für den Freitag gewesen.

Im zweiten Teil: Der Sonntag – trotz Regen geraten alle Besucher in Feierlaune

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Der Sonntag ist beim Jazz & Joy meistens der entspannteste Tag. So begann er auch diesmal mit dem Auftritt von Oran Etkin und seiner Formation Gathering Light. Der israelische Musiker zauberte tiefenentspannte Klänge aus seiner Klarinette und dem Jazz-Saxophon hervor. Der sehr einladende Sound lud zum Verweilen auf dem Platz der Partnerschaft ein.

Entspannt und melodiös präsentierte sich auch das skandinavische Klavier-Trio bestehend aus Iiro Rantala, Lars Danielsson und Peter Erskine. Dennoch blieb die Musik stets spannungsreich und schuf so – bis der Regen einsetzte – ein perfektes Ambiente für den Sonntagabend.

Auf der kostenlosen Bühne vor der Jugendherberge spielten dann Volxtanz vor richtig gut gefüllten Rängen. Sie gaben mit ihren Instrumenten ordentlich Gas, waren aber kein Vergleich zum Act danach, der zum besten Auftritt des ganzen Festivals wurde.

Moop Mama powern durch den Platzregen

Die Riesenband Moop Mama besteht aus zwei Drummern, sieben Bläsern und einem Einpeitscher, der mit seinen blitzschnell rausgepowerten Texten jedes Publikum mitreißen kann. Mit witzigen, intelligenten und gekonnten Wortspielen mischten sie das Publikum auf und sparten dabei auch nicht mit beißender Gesellschafts- und Konsumkritik.

Als mitten im Konzert ein extremer Platzregen einsetzte, flüchteten die Zuschauer nicht, sondern spannten Schirme auf und griffen alles, was etwas Schutz bot. Der Marktplatz blieb voll und die Zuschauer tanzten unter der Befeuerung der Bläser und Powertexte einfach weiter. Als der Regen nachließ, gaben die Zuschauer, aufgeladen durch das Durchhalten im Regen, nun noch mehr Gas und die Stimmung steigerte sich in Bereiche wie bei keinem anderen Auftritt 2015.

Happy Feelings zum Ausklang

Wer nach dieser Powereinlage eine kleine Erholung brauchte, ging hoch zum Schlossplatz und genoss den Auftritt von Dr. Feelgood. Die großartige Blues-Rock-Band aus England, die mit Hits wie "See You Later Alligator" weltweit bekannt wurde, feuerte den randvollen Schlossplatz an und wie schon bei Bob Geldof durfte auch hier die Mundharmonika als Instrumenteneinlage nicht fehlen. Der krachende Up-Tempo Blues-Rock der Gitarristen ließ keinen Zuchauer still sitzen.

Das letzte Highlight am Sonntag setzte dann Patrice mit seinen smoothen Reggaeklängen, die immer wieder von krachenden Rockgitarren angeheizt wurden. Im etwas verhaltenen Anfang brachte er auch das scheinbar unvermeidliche "No Woman, No Cry" unter, bevor er ab Konzertmitte so richtig aufdrehte. Ab hier steigerte er sich von Song zu Song und hielt den Marktplatz bis zum Ende voll in Atem.

Besser als 2014

In der Breite hat sich die Aufstockung des Gesamtetats von 500.000 auf 600.000 Euro bezahlt gemacht. Jazz & Joy bot viele gute Auftritte und auch das Sonderkonzert hatte in dieser Form seine Berechtigung.

Auch wenn das Flair des Festivals durch die Baustelle für das Haus am Dom etwas unter den eingeschränkten Laufwegen gelitten hat, wurde viel für die optische Aufwertung getan. Lediglich der hohe Aufsteller samt Platzprogramm für den Werbepartner auf dem Marktplatz wurde vor der Videowand sehr unglücklich in der Sichtachse platziert. Hier wäre eine geringe Verschiebung nach rechts für die weiter hinten stehenden Zuschauer eine klare Verbesserung. 

Eine weitere klare Verbesserung war die Lautstärke, die weitaus angemessener war als in den Vorjahren. Am wichtigsten bleibt natürlich die Musik und die bot auch 2015 eine große Bandbreite an hörenswerten Künstlern aus allen Teilen der Welt. Nur das Wetter hätte besser sein können. Nächstes Jahr dann wieder.

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