D'Angelo (Pressebild 2014)

D'Angelo (Pressebild 2014) © Streetlife Entertainment

Bei ihrem Konzert im Hamburger Docks zünden D'Angelo und seine Band The Vanguard ein furioses Black Music-Feuerwerk. Nach seinem spektakulären Comeback präsentiert sich der Sänger befreit, lässig - und sexy.

Mit "Black Messiah" sei nicht er selbst gemeint, sagte Michael Eugene Archer kürzlich in einem Interview. Der besser als D'Angelo bekannte Sänger aus Richmond wählte den Titel seines neuen Albums vielmehr als Hommage an alle Menschen, die sich für eine bessere Welt stark machen.

Bei seinem Konzert im ausverkauften Hamburger Docks wird er dennoch empfangen wie der Heiland höchstpersönlich. Dabei drohte die Stimmung im Publikum kurz zuvor noch wegen eines eingerichteten Golden Circles vor der Bühne und der Enge im hinteren Bereich zu kippen

Der Star des Abends

Als um 21:15 Uhr das Licht ausgeht, spielt das alles keine Rolle mehr. D'Angelo eröffnet einen denkwürdigen Abend mit "Prayer" vom neuen Album. Ganz allein, mit schwerer Lederjacke und Hut bekleidet, steht er am Bühnenrand. Und mit ihm der Star des Abends: seine Stimme. Beim nächsten Song – "1000 Deaths" – kommt dann auch seine achtköpfige Band The Vanguard auf die Bühne.

Fünf Musiker, drei Sänger, eine Offenbarung: Der stoisch-trockene Groove von Bassist Pino Palladino und Schlagzeuger Chris Dave bringt die Massen ins Schwitzen. Jesse Johnson entlockt seiner silbernen Gitarre eine gehörige Portion Rock'n'Roll. Eine Truppe aus erlesenen Virtuosen ist das, die sowohl das muskelprotzige Brett beherrscht als auch die leisen und fragilen Töne.

Um Leben und Tod

D'Angelo selbst ist ganz der Frontmann, wechselt die Garderobe von Lederjacke zu rotem Umhang zu USA-Flagge. Er leitet die Energie der Band ins Publikum und zurück. Bei einigen Songs spielt er Gitarre, bei anderen Piano. Immer aber ist er Teil des Kollektivs. Die Band bewegt sich entlang der gesamten Geschichte der Black Music und verwebt Elemente aus Blues, Funk, Soul und Hip Hop zu einem tanzbaren Natural High-Hybrid.

Natürlich erzeugt das in extralanger Version dargebotene "Brown Sugar" beim Publikum die größte Begeisterung. Noch besser aber sind die organisch-fließenden Songs der neuen Platte. Vor allem das wundervolle "The Charade" brennt sich nachhaltig in Mark und Bein. Auch das intensive Roberta Flack-Cover "Feel Like Makin Love" gehört zu den magischsten Momenten der Show. D'Angelo fleht, und beschwört hier, als ginge es um Leben und Tod.

Lässig, befreit und sexy

Um die wahre Größe dieses Abends ermessen zu können, muss man sich vergegenwärtigen, was seit seinem letzten Hamburg-Konzert vor fast 15 Jahren alles passiert ist. Damals spielte ein sixpack-bepackter Beau in der Großen Freiheit 36, sein Album "Voodoo" war mit Kritikerlobhudeleien überschüttet worden und D'Angelo galt als Retter des Soul. Eine Erwartungshaltung, an der er scheiterte.

Statt Weltruhm folgten Alkoholmissbrauch, Streitereien mit Weggefährten, ein Autounfall, eine Anklage wegen Marihuana-Besitzes, eine Schreibblockade, Entzugsklinik. Und ja: All diese Kämpfe haben Spuren hinterlassen. Der inzwischen 40-Jährige hat die ein oder andere Feder gelassen. Aber er ist wiederauferstanden. Hat Kraft getankt und sich besonnen und ist gereift. Ihn heute so lässig und befreit auf der Bühne zu sehen, lächelnd und besser bei Stimme denn je, ist ein Segen. Und sexy wie er bewegt sich eh niemand sonst.

Der leibhaftige Messias

Als nach zweieinhalb Stunden das Konzert seinem Ende entgegenfiebert, fühlt es sich an, als wäre an diesem Abend doch der wahrhaftige Black Messiah im Docks zu Besuch gewesen. Das Finale bildet eine zehnminütige Version von "Untitled". Immer und immer wieder fragt der Sänger darin sein Publikum: "How does it feel"? Verdammt gut, D'Angelo. Verdammt gut.

Setlist

Prayer / 1000 Deaths / Ain't That Easy / Vanguard Theme / Feel Like Makin' Love / Really Love / One Mo'Gin / Alright / Brown Sugar / The Charade / Sugah Daddy // Lady / Back To The Future (Part I) / Left & Right / Chicken Grease // Till It's Done (Tutu) / Untitled (How Does It Feel)

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