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Trailerpark (live beim Mini-Rock-Festival, 2014) © Jannik Rulitschka

Trailerpark füllen dank Zugpferd Alligatoah mittlerweile die großen Hallen. In der ausverkauften halle02 in Heidelberg trafen Besoffene auf Druffis, Begleitpersonen auf ihre Grenzen und die Fans (mal wieder) auf einen Rapper zu wenig.

"Die Nummer 1 der Clown-Rapper-Liga zurzeit, Bitch wir sind K.I.Z. in real und in reich!" 

Trailerpark sind in ihrer Selbstdarstellung weiß Gott nicht verlegen, schließlich hätte das letzte Jahr für die wohl ranzigste Boyband seit Anbeginn der Zeitrechnung nicht besser laufen können.

Culture-Clash vom Feinsten 

Label-Goldkehlchen Alligatoah sammelt nach dem Hype um den Song "Willst Du" und das Erfolgsalbum "Triebwerke" die Kids aus den multimedialen Sphären der heutigen Musikvermarktung und führt sie direkt auf die "dunkle Seite der Macht", zu Trailerpark.

Das erklärt wohl auch, warum die selbsternannten "Crackstreet Boys" an diesem Abend ihr Konzert nicht, wie in den Jahren vorher, vor einigen hundert, sondern vor mehreren tausend Leuten spielen: Die halle02 ist seit Wochen restlos ausverkauft und platzt aus allen Nähten. Bunt durchmischt tummeln sich Hardcore-Fans zwischen Teenies samt Muttizettel (oder gleich der ganzen Mutti) und Vertretern der "Ich schau mir das hier nur mal an"-Fraktion. 

Warten auf's Schulkind

Eine Portion Geduld brauchen sie alle, denn das Konzert beginnt mit guten 20 Minuten Verspätung. Es folgt: Support-Act BattleBoi Basti, die altbekannte "Trailerpark-Vorprogramm-Hure". Warum er mal wieder dabei ist, erklärt er gleich selbst: "Bin halt kostengünstig." 

Der BattleBoi dürfte den Besuchern der vergangenen Alligatoah-Tour noch gut als schmieriger Backup-Butler bekannt sein, heute trägt er statt Frack allerdings einen dicke Plastikbrille und rappt mit unerträglich verstellter Stimme über seinen neu entdeckten "Pullermatz" und Fantasien rund um junge Lehrerinnen. Kann man machen, muss man aber nicht. Besser ist dann schon das Medley mit Songs vom neuen Album – ohne Brille, mit normaler Stimme und ohne Pipimann-Vergleiche. 

Kein Koks auf Hawaii, dafür Gras in der Halle 

Nach einer kurzen Pause geht es direkt weiter, die Fans vertreiben sich so lange die Wartezeit mit tiefgründigen Gesprächen ("TRAILERPARK!"), erlesenen Bierspezialitäten und jeder Menge Joints. Wie zum Anfang jedes Trailerpark-Auftritts stellt sich erst einmal die Frage: "Kommt er oder kommt er nicht?"

Die Rede ist von Basti (nicht zu verwechseln mit BattleBoi Basti), der traditionell bei jeder Tour mindestens ein bis zwei Auftritte wegen diverser Krankheiten und Verletzungen aussetzen muss. Dieses Mal ist er wieder nicht dabei. Diagnose: Gehirnerschütterung. Mit dem Kopf an die 1,75m hohe Tourbusdecke springen – kann man auch machen, muss man allerdings ebenfalls nicht. Für Ersatz sorgt Vortex, Kameramann und Mädchen für alles, der sich eine Basti-Pappmaske aufgezogen hat und zu dessen Parts auf der Bühne rumzappelt. 

So lange bis der Zensor kommt...

Die Show der Chaostruppe ist wesentlich härter und schweißtreibender als im letzten Jahr. Das liegt ganz einfach daran, dass sie wieder mehr originale Trailerpark-Songs beinhaltet: Nachdem vom Vorgängeralbum nahezu alle Titel auf dem Index landeten, liefert "Crackstreet Boys 3" nun wieder frisches Material und Alligatoah muss mit seinen Solostücken keine allzu großen Lücken im Programm füllen. 

Aber Vorsicht: Man sollte sich hier nicht zu früh freuen, denn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien kann hinter jeder Ecke lauern. Wenn man sich die entsetzten Gesichter der Erziehungsberechtigten anschaut, die ihre Sprösslinge an diesem Abend zum Konzert begleiten, vielleicht eher früher als später. 

Star der Herzen

Timi, Sudden, Alligatoah und der Ersatz-Basti liefern eine insgesamt gut durchmischte Show mit fast allen Songs vom neuen Album, den unvermeidlichen Alligatoah-Hits "Willst du" und "Trostpreis" und den wenigen Überbleibseln von "Crackstreet Boys 2". Der heimliche Star an diesem Abend ist allerdings ohne Frage Vortex: Sein Soloauftritt mit "Mensch ohne Grund" wird von der Menge frenetisch gefeiert und bringt das Fass endgültig zum Überlaufen. 

Basti sollte aufpassen! In Zukunft muss er vielleicht mit der Kamera in der Ecke stehen...

"Habt ihr Bock euch zu prügeln?"

Diese Frage hätte Timi gar nicht erst zu stellen brauchen, denn da haben einige Fans tatsächlich Bock drauf. Und hier liegt eines der größten Probleme, das bei jedem Trailerpark-Konzert für Ärger sorgt. Es gibt auf fast jedem Konzert Leute, die die Sau rauslassen wollen. Die stehen direkt vor der Bühne. Der Rest hält sich aus Pogokreisen raus und deshalb im Hintergrund. Das funktioniert bei Trailerpark allerdings nicht. Also, um zukünftigen angstverzerrten Gesichtern vorzubeugen:  

Ihr werdet es nicht vermeiden können, passiv bekifft zu sein. Ihr werdet es nicht vermeiden können, mit Bier überschüttet zu werden. Ihr werdet sehr viele blaue Flecken haben. Es wird niemand Rücksicht auf euch nehmen, auch wenn ihr ein süßes Mädchen seid. Das Niveau hat sich beim Betreten der Veranstaltung bis auf Weiteres verabschiedet. Wenn ihr jetzt nicht denkt "Voll mein Ding, immer feste druff" – dann bleibt bitte zu Hause und schaut euch die neue Alligatoah Live-DVD an!

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