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Ben Howard (live in Hamburg, 2014) © Falk Simon

Sein Konzert in Berlin im September war nach kurzer Zeit restlos ausverkauft, jetzt gastiert der Brite mit der sanften Stimme erneut in Deutschland. Das Ergebnis? Ein Konzert ohne viel Schnickschnack, dafür mit erstaunlichen Klangwelten.

Ben Howard schwimmt schon seit einiger Zeit auf der Erfolgswelle. Zwei Brit-Awards, unzählige ausverkaufte Shows und ein Nummer Eins-Album in den UK-Charts sind nur einige Beispiele dafür.

In der Jahrhunderthalle in Frankfurt beweist der Sänger seine Stellung als Ausnahmekünstler, der weit mehr zu bieten hat, als das Surferboy-Image, das ihm manchmal vorauseilt.

Souveräner Start

Bevor er die Bühne betritt, muss natürlich eine Vorband her. Diesen Part übernimmt Jack Garratt, der einen gewaltigen Start hinlegt: elektronisch, lautstark, schwer und basslastig. Das ist anfangs schwer einzuordnen, doch letztlich schafft er, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. 

Mit seinem minimalistischen Sound und den düsteren Klängen, die zwischendurch von ruhigeren Parts am Keyboard abgelöst werden, überzeugt er, auch seine Gitarrenriffs können sich sehen und hören lassen. Dass der Musiker mit Rauschebart und Baseballcap dann auch noch verschüchtert wirkende Ansagen von sich gibt, macht ihn nur noch sympathischer. 

Das gesamte zweite Album

Nach einer längeren Umbauphase geht es dann endlich mit dem Hauptact los. Unter hysterischem Gekreische und tobendem Applaus betritt Ben Howard die Bühne und beginnt zu spielen, ohne ein Wort an die Zuschauer zu richten.

Mit "Conrad" sorgt er sofort für Begeisterung im Publikum. Was folgt, ist das gesamte zweite Album des Künstlers. Ob nun der Titelsong "I Forget Where We Were", die Erfolgssingle "End Of The Affair" oder Lieder wie "Small Things" und "Rivers In Your Mouth", jedes einzelne der zehn Lieder des neuen Albums schafft es in die Setlist.

Minimalistische Performance

Klanglich und visuell bleibt Howard dabei minimalistisch. Auf größeren Schnickschnack wird verzichtet, das Bühnenbild besteht einzig aus großen Bildschirmen, auf denen mal ein schwarzweißes Lichtermeer erscheint. Gelegentlich wird die Bühne in tiefrotes oder dunkelblaues Licht getaucht. Das ist alles. Howard geht es einzig um seine Musik, die er weder visuell mit einer extravaganten Bühnenshow noch mit irgendwelchen unnötigen Soundschnörkeln verwässert. 

Das hat er auch gar nicht nötig, denn er überzeugt mit seinen Songs auf ganzer Linie. Sowohl bei den leiseren Tönen, als auch bei den lautstarken Höhepunkten fasziniert er die Zuschauer, und was er da an der Gitarre veranstaltet, ist klanglich einfach ganz großes Kino.

Während des Konzerts zeigt sich Howard wortkarg, nuschelt hier und da ein paar Satzfetzen ins Mikrofon, die Interaktion mit den Fans ist begrenzt. Für die kreischenden Teenies in den ersten Reihen bestimmt der Auslöser für wochenlangen Herzschmerz, doch die Besucher, die tatsächlich nur der Musik zuliebe da sind, freut es umso mehr.

Fehlt da nicht was?

Was allerdings tatsächlich fehlt, ist fast das gesamte erste Album des Musikers. Waren auf "Every Kingdom" noch etwas leichtere und eingängigere Melodien zu hören, so ist das neue Album etwas schwerere Kost, dafür aber umso beeindruckender. Einige Konzertbesucher dürfte das stören, doch mit den Songs seines neuen Albums schafft der junge Brite so einzigartige Klangwelten, dass man sich geradezu in andere Sphären versetzt fühlt. Und mit "Everything" gab es in der Zugabe dann ja immerhin einen Leckerbissen aus dem Debütalbum.

Für den 08/15-Konzertgänger ist das eventuell zu wenig tanzbar, zu wenig eingängig, zu wenig interaktiv.  Man spürt, dass Howard sich musikalisch wie auch bei seinen Liveauftritten so weit wie möglich vom normalen Popgeschäft abgrenzen will. Für diejenigen, die wirklich nur der Musik wegen das Konzert besuchen, ist Ben Howards Performance hingegen eine wahre Rarität. Vom Anfang bis zum Ende liegt der Fokus auf der Musik, und auf nichts anderem. Erfrischend anders, aber doch eigentlich genau so, wie es sein sollte.

Setlist

Conrad I Time Is Dancing I Evergreen I In Dreams I Small Things I I Forget Where We Were I Rivers In Your Mouth I She Treats Me Well I End Of The Affair I Oats In The Water I All Is Now Harmed I Everything

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