Jan Garbarek & The Hillard Ensemble

Jan Garbarek & The Hillard Ensemble © Paolo Soriani / ECM Records

Enjoy Jazz 2014 ist eigentlich schon vorbei, aber das Programm geht dennoch weiter. Aufgrund der großen Nachfrage spielten Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble im Dom zu Speyer ein restlos ausverkauftes Zusatzkonzert und boten damit ihrem Publikum eine weitere Gelegenheit, Abschied von dieser bemerkenswerten Zusammenarbeit zu nehmen.

Das 1994 erschienene Album "Officium" von Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble ist für das Münchner Label ECM so etwas wie das "Köln Concert" der 1990er Jahre: ein Erfolg, der nicht nur für volle Kassen sorgte, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen dem norwegischen Saxophonisten und dem britischen Vokal-Quartett dauerhaft etablierte. Ende des Jahres löst sich The Hilliard Ensemble auf, vorher geht es ein letztes Mal auf Tour: das Zusatzkonzert bei Enjoy Jazz in Speyer war der letzte Auftritt in Deutschland.

Resonanzräume für Stimmen und Saxophon

In den letzten zwanzig Jahren erschienen weitere Studioveröffentlichungen, vor allem unternahmen Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble ausgedehnte Tourneen durch die Kirchen Europas, die es ihnen ermöglichten, ihre Musik angemessen aufzuführen. Damit ist nicht nur das Ambiente gemeint, sondern vor allem auch der in Kathedralen besonders ausgeprägte Hall, der Resonanzräume für die unverstärkten Stimmen und das Saxophon schafft.

Damit diese Vorgehensweise funktioniert, muss das Publikum natürlich versuchen, alle störenden Geräusche zu vermeiden. Das gelingt im Speyer Dom tatsächlich, obwohl das Langhaus und beide Seitenschiffe komplett mit Stuhlreihen und Bänken gefüllt sind. So erhallen die Stimmen in mild, aber doch klar vernehmbar, während Jan Garbareks glasklares Saxophon im gesamten Dom widerhallt.

Kongeniale Kombination

Dieses Duett von menschlichen Stimmen und Saxophon funktioniert hervorragend, weil sich beide kongenial ergänzen. Das sollte man nicht für eine Selbstverständlichkeit halten. Während man im Studio dafür sorgen kann, dass das Saxophon die Stimmen nicht übertönt, passiert das im Konzert gelegentlich, aber nie in störender Weise. Vielmehr überlagern sich die Klänge zu einem faszinierenden Gesamtbild.

Die meditative Stimmung wird auch dadurch gefördert, dass es keine Ansagen, keine Unterbrechungen und keinen Zwischenapplaus gibt. Stattdessen lauschen die Zuschauer leise den sich eröffnenden Klangräumen, ja versinken ganz darin. Besonders faszinierend gerät das Konzert, wenn die vier Sänger und Jan Garbarek sich zu unterschiedlichen Orten im Dom aufmachen und ihre Stimmen von dort erklingen. Das ist Surround-Sound im wahrsten Sinn des Wortes.

Guter Klang allerorten

Nicht nur auf den vorderen Plätzen, sondern auch ganz hinten vermögen die Zuschauer an diesem Erlebnis teilhaben. Die Akustik des Doms verschluckt keine Töne, sondern transportiert sie in den letzten Winkel – das ist keineswegs in allen Kirchen so. Nachteilig ist allerdings, dass der Dom an diesem Abend ungeheizt ist. So gerät der Abend im zunehmenden Verlauf zu einer Kälteschlacht.

Daher ist es vielen Besuchern nicht unrecht, dass das Konzert nicht übermäßig lange dauert. Nach knapp achtzig Minuten verabschieden sich Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble mit einer kurzen Zugabe. Es war ein würdevoller Abschluss einer nicht nur kommerziell, sondern auch künstlerisch erfolgreichen Zusammenarbeit. Wir werden sie in dieser Form nicht wiedersehen.

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