Rolf & Joachim Kühn (Pressebild 2014)

Rolf & Joachim Kühn (Pressebild 2014) © Jens Herrndorff

Einen doppelten runden Geburtstag gab es bei Enjoy Jazz im Kulturzentrum dasHaus in Ludwigshafen zu feiern. Rolf Kühn (85) und sein Bruder Joachim Kühn (70) begeisterten die Zuschauer mit einem spannungsgeladenen Auftritt voller gegenseitiger Empathie.

Das Verhältnis unter Brüdern ist häufig nicht frei von Spannungen und Rivalität: Umso schöner, wenn sich gelegentliche Differenzen in kreative Energie umwandeln lassen. So geschieht es beim Auftritt von Rolf und Joachim Kühn in Ludwigshafen im Rahmen von Enjoy Jazz.

Wenn der fünfzehn Jahre ältere Rolf Kühn davon berichtet, wie er vor siebzig Jahren an der Wiege seines neugeborenen Bruders Klarinette übte, dann ahnen die Zuschauer, welch große Verbundenheit die beiden auszeichnet. Vor allem lieben sie es bis zum heutigen Tag, gemeinsam Musik zu machen, sich gegenseitig zuzuhören und aufeinander zu reagieren.

In den Tasten vergraben

Das bedeutet aber keineswegs, dass ihre gemeinsame Musik aus Schmeicheleien besteht. Sicher, es gibt zärtliche und lyrische Momente, aber vor allem Pianist Joachim Kühn ist viel zu wild und unangepasst, um sich für so etwas herzugeben.

In seiner typisch wirkenden Art sitzt er mit verbissen wirkendem Gesicht am Klavier, sein struppiges Haar wedelt wild, als er sich in den Tasten vergräbt. Zu den Highlights des Abends zählt seine lange Soloperformance, die mit einer fast unglaublichen Dichte und Intenstität aufwartet. Der Lohn ist der lauteste Applaus des Abends.

Fingerbrecher an der Klarinette

Nur manchmal öffnet Joachim Kühn seine Augen, blickt auf, um seinen Bruder anzusehen, wenn dieser ein besonders gelungenen Part an der Klarinette gespielt hat. Dann entspannen sich seine Gesichtszüge und man ahnt, dass es diese Momente sind, die er am gemeinsamen Spielen schätzt.

Gemeinsames Spielen bedeutet eben nicht, es sich leicht zu machen, sondern im Gegenteil Herausforderungen bereitzustellen und manchmal es auch zu vergeigen: So im letzten Stück des regulären Konzerts, als Rolf Kühn die Komposition seines Bruders als Fingerbrecher auf der Klarinette ankündigt und kurz vor Schluss aussteigen muss.

Große Harmonie

Dennoch ist der persönliche Umgang von großer Harmonie geprägt. Am Ende vieler Stücke springt Joachim Kühn auf, umarmt seinen Bruder und klatscht ihn ab. Dann stehen beide strahlend auf der Bühne und bedanken sich für den reichlichen Applaus der Zuschauer. Ganz am Ende tauschen sie sogar brüderliche Küsse aus. So viel Bruderliebe war selten.

Als Duo überzeugen die Kühn-Brüder mit ihrer kreativen Kraft, die ohne Sentimentalität auskommt. Trotz ihres Alters befinden sich die beiden auf stetiger Entdeckungsreise in der Welt des modernen Jazz: manchmal einnehmend, manchmal abstrakt und manchmal auch grob und "gewalttätig", wenn Joachim Kühn mal wieder seine Hände auf das Klavier einkrachen lässt. Sie mögen Alte Herren sein, aber Altherrenmusik machen sie nicht.

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