© Christoph Voy

Wenn diese Band nicht das nächste große Ding wird, frisst unser Autor nicht einen, sondern gleich drei Besen. Trümmer legen im häll in Heidelberg einen fantastischen Auftritt hin und lassen das Publikum euphorisch zurück. Ganz ohne Ironie.

Die Stimmung im gut gefüllten häll könnte besser nicht sein, als um Punkt 21 Uhr Trümmer-Sänger Paul Pötsch die Bühne betritt, um die Vorband anzukündigen. Normalerweise seien Vorbands mies und keiner wolle sie hören, deswegen haben Trümmer einfach Lafote, ebenfalls aus der Hansestadt, mitgebracht. Die werden das schon richten.

Jaja, alles schon gehört, mag sich manch einer denken. Aber Lafote gehen nach von Anfang an nach vorn. Das Trio peitscht einem knochentrockene Bässe und abgehackte Riffs um die Ohren. Dazu gibt es kurz gehaltenen, deutschsprachigen Gesang im Stile von Oma Hans oder Messer. Lafote überzeugen und dürften in Heidelberg mehr als einen neuen Fan gewonnen haben.

Die Band der Stunde

Nach einer kurzen Pause legen um 21:45 Uhr Trümmer los, und zwar richtig. Ohne große Umschweife kommen die Hamburger zur Sache, das Publikum muss nicht zur Bühne gebeten werden. Von Anfang an überzeugen Trümmer durch ihre Bühnenpräsenz. Sänger Paul Pötsch ist nicht unbedingt die stereotype Rampensau, hat das aber auch gar nicht nötig. Zwischenzeitlich tanzt er beim Spielen so wild, dass man Angst bekommt, er könnte in das Schlagzeug und/oder die Mitmusiker/das Publikum fallen.

Man merkt, dass die Band bereits einige Konzerte hinter sich hat. Die Jungs sind gut eingespielt, haben noch einen Live-Gitarristen dabei. Tammo Kasper am Bass könnte cooler nicht sein, und zwar cool im unironischen Sinne, Blues-Brothers-cool also. Hinter der Artillerie sitzt Max Fenski, der bereits bei der Vorband eingesprungen ist und dem im Laufe des Konzertes irgendwie sein Shirt abhanden kommt. Egal.

"So doll und kompromisslos und total"

Zwischen den Stücken wird immer der Kontakt zum Publikum gesucht. Die Band ist gut drauf und hat Spaß, was von den Zuhörern aufgenommen wird. "Das nächste Stück hat die Plattenfirma abgelehnt, weil es zu soft sei. Wir spielens trotzdem!" Das möchte man von einer selbstbewussten Band hören. Natürlich wird sich auch bei den Gästen fürs Kommen bedankt, ebenso beim häll und beim Veranstalter. Während der Zugabe wird auch noch der Technik gehuldigt, nachdem beim wilden Tanz zwei Mikros umgefallen sind.

Nach gut 80 Minuten mit zwei Zugaben bleibt die Zuschauer nicht sprachlos, sondern im Gegenteil aufgeladen mit Euphorie und neuen Ideen zurück. Trümmer geben erfrischend unironisch der Naivität ihre Unschuld zurück, vermitteln neue Ideen und Ansätze, ohne wie verkappte Weltverbesserer zu wirken. Und ganz nebenbei schaffen sie den Spagat zwischen Radiotauglichkeit und ernstzunehmender Kunst. Trümmer sind Giganten, und wir stehen auf ihren Schultern.

Setlist

Der Saboteur | Macht | Revolte | 5:30 Uhr | Zurück zum Nichts | Straßen voller Schmutz | Scheinbar | Papillon | Schutt und Asche | In all diesen Nächten | Nostalgie | Wo ist die Euphorie | 1000. Kippe | Morgensonne | Teenage Kicks | Anything Goes

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