© Eric Ryan Anderson

Er ist ohne Frage ein Ausnahmemusiker des zeitgenössischen Jazz: Branford Marsalis. Mit seiner Formation, dem Branford Marsalis Quartet, spielt der Saxophonist im Rahmen des Enjoy Jazz sein einziges Deutschlandkonzert 2014 in der Stadthalle Heidelberg. Am Ende trägt das Konzert eher den Charakter einer hervorragenden Generalprobe.

Die Vorhalle zum großen Saal der Stadthalle Heidelberg ist gut gefüllt, als sich um 19:30 Uhr die Türen öffnen. Erst zögerlich, dann immer schneller betreten die Besucher den Ort des Geschehens und begeben sich auf die Suche nach ihren Plätzen, von denen aus sie das Branford Marsalis Quartet erleben möchten.

Als sich um kurz nach 20:00 alle Gäste niedergelassen haben, kündigt Rainer Kern, der Leiter des Enjoy Jazz Festivals die Band des heutigen Abends an. Das Branford Marsalis Quartet tritt ins Scheinwerferlicht.

Höflich und zurückhaltend

Der Namensgeber begrüßt höflich das Publikum und stellt seine Mitmusiker vor, die eigentlich keiner Vorstellung bedürfen. Dann geht es auch gleich los. Bemerkenswerterweise tritt Marsalis zunächst in den Hintergrund und überlässt der Band die Bühne, bevor er sich zu seiner ersten Solo-Einlage wieder nach vorn ans Mikrofon begibt.

Branford Marsalis spielt mit einer kaum zu fassenden Leichtigkeit auf dem Sopran-Saxophon. Man kann nicht wirklich sagen, ob es ein einstudierter Lauf ist oder ihm die Noten einfach zufliegen, seine Finger einfach greifen, ohne nachzudenken. Das Publikum verleiht seiner Begeisterung mit immer wieder anbrandendem Applaus nach jedem Solo Ausdruck.

Aber es spielt nicht Branford Marsalis, sondern das Branford Marsalis Quartet. Immer wieder bewegt sich Marsalis aus dem Scheinwerferlicht und überlässt das Publikum den ausführlichen Solo-Parts seiner Mitmusiker. Diese stehen dem Bandleader kaum nach. Das ganze Konzert wirkt eher wie eine Aneinanderreihung einzelner Solo-Partien. Marsalis selbst wechselt hin und wieder einige Worte mit dem Bassisten Eric Revis, woraufhin die beiden ein Schuljungenlachen austauschen. Das Publikum wird nicht eingeweiht.

Der unsichtbare Vorhang

Und genau das liefert den fast unmerklichen Beigeschmack des Konzerts. Zwischen Bühne und Publikum fällt ein unsichtbarer Vorhang. Zwar liefern die Musiker nicht einfach nach Schema F ab, haben offensichtlich Spaß beim Musikmachen, und gelegentlich findet ein kurzer Austausch mit dem Publikum statt. Aber alles in allem vermittelt sich doch der Eindruck einer routinierten, gut geölten Generalprobe.

Die Gäste scheinen sich davon allerdings nicht stören zu lassen. Nach gut neunzig Minuten wird nach nicht enden wollendem Applaus noch eine zweite Zugabe dargeboten. Beim einzigen Branford Marsalis Konzert des Jahres möchte man soviel mitnehmen wie möglich.

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