Lisa Simone (Pressebild, 2014)

Lisa Simone (Pressebild, 2014) © Enjoy Jazz

Wenn die Tochter eines Weltstars wie Nina Simone den gleichen Weg einschlägt wie ihre Mutter, werden zwangsläufig Vergleiche gezogen. Nach ihrem spektakulären Auftritt beim Enjoy Jazz Festival kann sich Lisa Simone diesem Vergleich gelassen stellen.

Jeder Veranstalter eines Festivals träumt davon, mit einem Knaller zu starten. Beim Enjoy Jazz Festival 2014 ist dies mit dem Auftritt von Lisa Simone auf jeden Fall gelungen.

Mit ihren drei erstklassigen Musikern betritt Lisa Simone die Bühne der Stadthalle Heidelberg und beginnt die Show zunächst noch etwas zurückhaltend. Aber diese ruhige, tief emotionale Stimmung treibt das Publikum dennoch direkt zu starkem Applaus.

Der zweite Song "A Child" beginnt mit einem kunstvollen Gitarrensolo, bevor Lisa Simone ihre Stimme wieder so zart zur Geltung bringt, als ob im Mund ein Stück Schokolade zerschmilzt. Es ist akzentuierter Soul, ergreifend und tiefgehend. 

Ähnlichkeiten und Unterschiede

Mit einem ersten "How Are You Doing" begrüßt sie das enthusiastische Publikum im Saal. Danach stellt sie, gesungen im Soul-Funk-Stil, ihre Band an Gitarre, Bass und den Drums vor, die mit kurzen Einzeleinlagen ihr Können zeigen. Als sie ihren Namen vom Publikum im gleichen Stil gesungen haben will, gerät der Versuch zum Riesenlacher, weil da überhaupt nichts funktioniert.

Das macht aber nichts, denn Lisa Simone lacht und strahlt über das ganze Gesicht. Sie erzählt viel zwischen den Songs und schon früh werden deutliche Ähnlichkeiten und Unterschiede zu ihrer Mutter Nina Simone deutlich. 

Im Gegensatz zu ihrer Mutter singt Lisa Simone ausschließlich, während ihre Mutter zusätzlich Klavier spielte. Beide richten zwischen den Songs lange Monologe ans Publikum. Aber während die Ansprachen von Nina Simone meist eine sehr ernsthafte politische Botschaft beinhalteten, plaudert Lisa Simone locker drauf los.

Nach dem ersten großen Monolog scheint die Anfangsnervosität verflogen. Denn jetzt legt sie erst richtig los. Ihre Stimme explodiert mit einer Wucht, dass es die Zuschauer fast aus den Sitzen reisst. Im Verlauf des Konzerts präsentiert sie Klassiker wie "Autumn Leaves" oder eine eigene Version von Leonard Cohens "Suzanne", die beide auch auf ihrem Debütalbum "All Is Well" zu finden sind, das am 9. Oktober erscheinen wird.

Die dritte Generation

Das Talent zur Musik scheint sich in der Familie Simone wahrhaft zu vererben. Denn Lisa Simone hat auch schon eine Tochter, die sogar schon Songs für ihre Mutter schreibt. Mit 12 Jahren schrieb sie "No More Tears", einen Song, den Lisa Simone in Heidelberg live performt und bei dem bei jedem Wort deutlich wird, wie viel ihr dieser Song bedeutet.

Es folgen weitere Highlights wie "New World Coming", den Lisa Simone nur von ihrem Gitarristen begleitet singt, oder der frisch aufpolierte Klassiker "Big Spender" von Shirley Bassey, bei dem sie den Refrain vom Publikum singen lässt.

Zum Abschluss des Hauptblocks folgt das persönliche Highlight des Abends, nämlich der Gang von der Bühne ins Publikum. Während sie singt, schüttelt sie Hände, setzt sich kurz auf einen leeren Stuhl und animiert das Publikum zu "eh, eh, eh, eh", bevor sie sich unter tosendem Applaus und Standing Ovations verabschiedet.

Eine Zugabe reicht nicht

Als Zugabe soll es noch einen Song geben. Aber die durchdringende Stimmwucht der Soulgewalt von Lisa Simone heizt das frenetische Publikum derart an, dass die Band zu einer zweiten Zugabe rauskommen muss. Mit nicht endend wollendem Applaus wird Lisa Simone schließlich endgültig verabschiedet.

Damit schließt sich der Vorhang für einen absolut gelungenen Auftritt, der Appetit auf zahlreiche weitere Shows macht. Mit jedem Auftritt dieser Art wird sie weiter aus dem Schatten ihrer Mutter heraustreten. Die Jazz- und Soulfestivals in Deutschland werden sich darum reißen, Lisa Simone zu verpflichten.

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