Als L'Aupaire zur musikalischen Eröffnung der ersten Seebühnenregatta auf der Bühne stehen, zeigt sich der Luisenpark in Mannheim noch von seiner schönsten Seite: bei strahlendem Sonnenschein zieht es bereits überraschend viele neugierige Parkbesucher zur malerischen Seebühne. Diese ist als Location ein echter Hingucker, vorausgesetzt die Sonne hält, was sie verspricht.

Mit locker-leichtem Folk-Pop fügen sich L'Aupaire stilistisch nahtlos in das restliche Line-Up ein. Leider werden das Trio und die im Anschluss auftretende Singer-Songwriterin Inah die einzigen Künstler sein, die vor solch einer traumhaften Kulisse spielen dürfen.

Flucht vor dem Regen

Damit die gesamte Regatta nicht buchstäblich ins Wasser fällt, haben sich die Veranstalter dazu entschlossen, das restliche Live-Programm in der parkeigenen Festhalle Baumhain fortzusetzen. Auch wenn es noch einige Zeit trocken bleibt, erweist sich die Flucht vor dem drohenden Gewitter als richtige Wahl.

In der Zwischenzeit nutzen manche Besucher die regulären Angebote des Luisenparks wie Bootfahrten, auf der Wiese entspannen oder erkunden das Terrarium, das Aquarium oder die Vogelwelt samt Pinguinen.

Vom anderen Stern: Spaceman Spiff

Spaceman Spiff kennen einige bereits vom letzten Maifeld Derby. Dort trat der Würzburger solo auf. Für die Seebühnenregatta hat er sich Verstärkung geholt – und was für eine. Zum ersten Mal wird der Singer-Songwriter von einer Cellistin begleitet und Jonny König, aktuell Schlagzeuger bei den Söhnen Mannheims, zeigt eindrucksvoll, dass er nicht nur politische Reden (Stichwort: Transrapid) trommeln kann.

Überhaupt sind die Arrangements der Songs mit Gitarre, Schlagzeug, Cello und wahlweise Akkordeon oder Xylophon ganz großes Gefühlskino. Vom Publikum gibt's dafür reichlich Applaus. Stilistisch lässt sich Spaceman Spiff irgendwo zwischen Mikroboy, Herrenmagazin und Bosse einordnen.

"Traurige Trennungsmusik" mit Enno Bunger

Mit zwei Keyboards, Background-Gesang, Gitarre, Bass und Schlagzeug ist die Musik von Enno Bunger deutlich voluminöser, doch das geht auch auf Kosten der Verständlichkeit des Singer-Songwriters. Wenn alle in die Saiten und Tasten hauen, versteht man Bunger fast nicht mehr.

Dennoch liefert auch er mit seiner Band einen mehr als überzeugenden Auftritt, bei dem er mit seinen ehrlichen Textzeilen sein Publikum mitten ins Herz trifft. Thematisch bringt er das selbst auf den Punkt: "Ich würde ja gerne noch Geschichten erzählen, aber ihr wollt ja traurige Trennungsmusik hören".

Und während Enno Bunger "Regen" performt, tobt außerhalb der Halle das Unwetter. Wir als Zuschauer bekommen davon allerdings nichts mit. Wer braucht auch schon Regen bei echtem Applaus? Enno Bunger bekommt die erste Standing Ovation des Abends. Chapeau!

Im zweiten Teil: Bewegung aus der Schweiz und gesungene Briefe von Alin Coen.

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Bewegung us de Schwiiz: We Invented Paris

Die Überraschung des Abends kommt aber jetzt. Kaum drei Songs lang auf der Bühne, verwandeln We Invented Paris mit viel Charme, Energie und ihren groovigen Indie-Nummern das Sitz- zu einem Stehkonzert. Wer hätte das gedacht, dass bei den Schweizern echtes Festival-Feeling aufkommt?!

Die Jungs sind gut gelaunt, spielfreudig und zudem auch in Plauderstimmung. So erzählt Sänger Flavian von seinem Italien-Urlaub, wie dort ein Song entstanden ist oder von der Couchsurfing-Tour vor ein paar Jahren, die We Invented Paris durch ganz Europa geführt hat. Die gute Stimmung braucht nicht lange, um beim Publikum überzuspringen. Als kleine Auflockerungshilfe werden bei "Bubbletrees" Wasserbälle in die Menge geworfen.

Dass We Invented Paris eine Band zum Anfassen ist, zeigt sich bei "Requiem". Ohne Mikrofon und nur mit einer Zitter in der Hand spielt Flavian diesen Song mitten in der Menge und wird dabei gesanglich von Gitarrist Matthias Rückert unterstützt. Mit "Nothing To Say" und dem elektrolastigeren "More" verlassen We Invented Paris unter einem wahren Effektgewitter die Bühne. Da ist der tosende Applaus vorprogrammiert. Standing Ovations gibt's leider nicht. Die Leute stehen bereits.

Gesungene Briefe von Alin Coen

Wer die Alin Coen Band durch ihren Auftritt beim Bundesvision Songcontest 2011 kennt, den erwartet beim folgenden Auftritt eine Überraschung. Die Truppe rund um Frontfrau Alin Coen hat sich in ihren Texten nicht auf die deutsche Sprache festgelegt und wechselt gerne mal zum Englischen. Auch stilistisch hat sich die sechsköpfige Formation breiter aufgestellt. So erhalten hier und da auch elektronische Elemente bzw. Synthie-Elemente Einfluss in die neuen Songs, was für viel Abwechslung sorgt.

Richtig punkten kann die Alin Coen Band allerdings mit den deutschsprachigen Stücken, denn neben einem beeindruckenden Stimmumfang, bei dem Coen sowohl die leisen als auch lauteren Töne mühelos beherrscht, zeigt sich vor allem ihr Talent im Texten. Zwischen den Songs erzählt die gebürtige Hamburgerin immer wieder Hintergrundgeschichten. Denn Coen hat vor allem eins: eine Message.

Egal ob Liebesbriefe an ihren damaligen Freund, Anekdoten aus dem Leben oder einfach nur simple Zeitungsartikel: Coen verpackt all diese kleinen Geschichten in hochemotionale Songs und performt diese dann in einer Art und Weise, dass man denken könnte, sie hätte all diese Geschichten selbst erlebt.

Hallenkonzerte auf hohem Niveau

Auch der letzte Act des Abends wird von der Menge mit viel Applaus und Jubel gefeiert. Für eine Zugabe kehrt Alin Coen alleine mit Gitarre auf die Bühne zurück und bildet damit den Abschluss eines ereignisreichen Festivaltags mit qualitativ sehr hochwertiger Musik. Einen Künstler hier hervorzuheben braucht es gar nicht, haben doch alle auf ihre eigene Art das Publikum begeistert

Nur der Flair einer "Seebühnenregatta" hat gefehlt. Thematisch und in Bezug auf die Dekoration war nichts an das Thema "Wasser", "Meer", "Seefahrt" und Co. angelehnt. Keine Piraten, keine Kapitäne, keine Schiffe – nur die Boote im Karpfenteich. Das wäre auf der Seebühne vielleicht anders gewesen. So erinnerten nur die kleinen Papierschiffchen am Bühnenrand an eine Regatta.

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