Charles Bradley (dasHaus, Ludwigshafen, 2011): Er ist ein geborener Entertainer und man kann erkennen, dass nur ein außerordentlich widriges Schicksal ihn davon abgehalten hat, ein großer Soulstar zu werden. Fotostrecke starten

Charles Bradley (dasHaus, Ludwigshafen, 2011): Er ist ein geborener Entertainer und man kann erkennen, dass nur ein außerordentlich widriges Schicksal ihn davon abgehalten hat, ein großer Soulstar zu werden. © Adonis Malamos

Schüttelt die Schwanzfedern, Daptone Records ist auf Klassenfahrt! Neben den beiden prominenten Aushängeschildern Sharon Jones und Charles Bradley präsentierte das Soul-Plattenlabel aus Brooklyn eben mal noch Saun & Starr, The Sugarman 3 und Antibalas im Schlachthof in Wiesbaden.

Als zu Beginn der Nullerjahre die große Contemporary-R&B-Welle schwappte, war das Daptone Records Label (gegründet 2001) nicht ganz unbeteiligt. Lieferten die hauseigenen Musiker der Dap-Kings doch einerseits das Klangkorsett für Amy Winehouse und boten andererseits eine Plattform für bei Majors ausgemusterte Soul-Senioren wie Sharon Jones.

Zehn Jahre später genießt das von Gabriel Roth und Neal Sugarman initiierte Independent-Label Kultstatus und bringt bis heute von kompromissloser Funkyness durchdrungene Künstler hervor.

Eröffnung mit den "Dapettes" im neuen Gewand

Zwei davon durften gleich zu Beginn der Daptone Super Soul Revue im gut gefüllten Schlachthof in Wiesbaden ran: Saun & Starr. Die bisher als „Dapettes“ agierenden Background-Sängerinnen von Sharon Jones haben gerade ihre erste 45er Hot Shot veröffentlicht und temperierten die Halle mit ihrem warmen Gesang angenehm für eine außergewöhnliche Soul-Nacht. Und dazu gehört standesgemäß natürlich auch ein originaler Master Of Ceremony. Diesen Part übernahm Binky Griptite, die Stimme der Dap-Kings.

Als nächstes begab sich Daptone-Labelboss Neal Sugarman persönlich zwischen die Tonleitern und sorgte mit seinem Sugarman 3-Trio für satten Instrumental-Funk. Wer jedoch tatsächlich King in der Manege ist, demonstrierte dann der 65-jährige Charles Bradley, der im roten Zirkusdirektor-Kostüm auf die Bühne stolziert kam.

Charles Bradley, King in der Manege

Begleitet von seiner Band The Extraordinaires legte der Altmeister direkt mit "Love Bug Blues" los und ließ die Hüfte schon gekonnt kreisen. Bradleys Titel erzählen seine persönliche Lebensgeschichte, die von vielen Rückschlägen und leidvollen Erfahrungen geprägt ist. Die Gesangsintensität seiner vor Soul triefenden Stimme ist ein Statement purer Leidenschaft und Authentizität.

"Crying in the Chapel", "You put the Flame on it", "Lovin’ you Baby" und sein größter Hit "The World (Is going up in Flames)" unterstrichen, weshalb Bradley eine ausgewogene Melange aus Al Green und James Brown für Zuspätgeborene ist. Den Schlusspunkt seiner knapp 45-minütigen Performance setzte Charles Bradley mit der rustikal vorgetragenen Uptempo-Nummer "Confusion".

Sharon Jones zwischen Afrobeat und großem Finale

Perkussive Grooves in Tradition von Afrobeat-Vater Fela Kuti lieferte danach die Antibalas-Truppe um Frontmann Abraham Amayo aus Brooklyn. Jazzartig improvisierte Funk-Nummern mit westafrikanischem Highlife-Einschlag, sorgten für ein kurzzeitiges Rhythmus-Inferno, das Amayo mit unverständlichem Yoruba-Gesang abrundete.

Unterstützt von den Dap-Kings, erklomm schließlich die mit lila Pailletten verzierte 58-jährige Soulröhre Sharon Jones zu "Stranger to my Happiness" die Bühne im Schlachthof. Obwohl sie sich aufgrund einer Krebserkrankung erst kürzlich einer Chemotherapie unterziehen musste, wirkte Jones vital und frisch. Zu den astrein und mit voller Inbrunst vorgetragenen "You’ll be lonely", "Without a Heart" und "Long Time, Wrong Time" gab Mrs. Jones einen ersten Vorgeschmack in puncto Becken-Boogie.

Eine exorbitante Arschwackel-Lektion erteilte sie dann zu "Get Up and Get Out". Für den Tanz zum ruhigeren "When you love me", das sie zunächst Bond-esk als "Goldfinger" antäuschte, besorgte sie sich dann Verstärkung aus dem Publikum. Mit "Retreat" endete die eindrucksvolle Solo-Darbietung von Sharon Jones und ging über in ein großes Finale, bei der die Daptone Revue in ihrer „Supersize Natural Form“, bestehend aus 24 (!) Live-Musikern antrat, um passenderweise das Sly and the Family Stone Stück "Family Affair" neu zu interpretieren.

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