Miley Cyrus (live in Frankfurt, 2014) Fotostrecke starten

Miley Cyrus (live in Frankfurt, 2014) © Akis Konstantinidis

Treffen sich ein Hund, ein Hai, ein Tiger, ein Fuchs und ein Affe. Nein, es ist kein Fasching. Miley Cyrus ist nur gerade auf Tour und besucht die fast ausverkaufte Frankfurter Festhalle. Bleibt nur eine Frage offen: Welches Zeug muss man nehmen, um sich solch eine Show auszudenken?

Egal ob halbnackt singend auf einer Abrisskugel, Joints rauchend auf dem roten Teppich oder selbstbefriedigend in ihrem neuen Video: Miley Cyrus ist immer für einen Skandal zu haben und verschafft sich dadurch eine Medienpräsenz, von der Lady Gaga zurzeit nur träumen kann. Vom einstigen Kinderstar Hannah Montana sind nicht mal mehr die langen Haare übrig geblieben.

Mit ihrem Album "Bangerz" tourt Miley 2.0 jetzt durch die Welt. Die vielen bunten Luftballons, die von der Decke der Frankfurter Festhalle hängen, lassen nur erahnen, was die Zuschauer erwartet. Kindergeburtstag wäre deutlich untertrieben!

Mit Zunge

Schon der Konzertbeginn gleicht einem einzigen LSD-Trip. Miley rutscht während des Intros zu "Bangerz" auf einer riesigen Zunge, die sich aus einer LED-Wand schlängelt, in die Halle. "Make some fucking noise", schreit die Skandalnudel ihren 10.000 vornehmlich weiblichen Fans entgegen, die sich wiederum mit Miley-Rufen die Seele aus dem Leib schreien.

Zu Miley gesellen sich im Laufe des Abends, neben dem bereits genannten Streichelzoo, zwei Typen in einem Pferdekostüm und ein orangenes Feder-ähh-Vieh, das beim Song "FU" von Miley angesungen wird: "I got two, ooh letters for you | One of them is F and the other one is U". Sinn macht das alles keinen.

Auch diverse Tänzerinnen twerken fleißig mit, die alle etwas gemeinsam haben: entweder einen dicken Hintern oder große Brüste. Hauptsache es wackelt ordentlich bei den seltsamen Tanzchoreographien, die eher an eine Gymnastik-Stunde erinnern. Passend dazu wirft ihr ein Fan zwei Plüschbrüste auf die Bühne.

Kindergeburtstag meets Softporno

Verklemmt oder prüde geht es bei einer Miley Cyrus-Show jedenfalls nicht zu. Hier lautet ganz klar das Motto: Sex sells! Wer hier mittanzen will, darf keine Berührungsängste haben. So schlägt Madame Cyrus ihren Tänzerinnen auch gerne mal auf den prallen Allerwertesten. Diese wiederum dürfen die 21-jährige ebenso ausgiebig begrabschen.

Wie eine läufige Katze schmiegt sich Miley an alles, was auf die Bühne geschoben wird. Bei "Love Money Party" ist das ein kleiner, goldener Truck, auf dessen Motorhaube oder Dach sie sich breitbeinig räkelt. Passend zum Songtitel bläst eine Kanone Dollarscheine in die Luft. Bei "Can't Be Tamed" wird ein riesiger Hund, wohl als Erinnerung an ihren kürzlich verstorbenen Husky Floyd, lasziv angetanzt. Das wirkt dann schon etwas geschmacklos.

Badeanzug mit viel Glitzer

Zu "#GETITRIGHT" wird ein Bett auf der Bühne platziert, in dem Miley und Co intensiv auf Kuschelkurs gehen, inklusive vier muskulöser Macker mit Goldkettchen und Sonnenbrille. Warum sich Miley selbst gefühlt nach jedem Song umzieht, weiß sie wohl nur selbst. Viel Stoff trägt die Gute jedenfalls nicht.

Es erinnert eher an einen Badeanzug mit viel Glitzer. Ok, es war auch extrem heiß, was von Madame Cyrus nicht unkommentiert bleibt: "I’m sweatin‘ my fucking tits off", lässt die feine Dame verlauten. "Fuck" und "shit" scheinen ihre Lieblingsworte zu sein.

Feuchte Fanliebe

Zur Abkühlung spuckt Miley ein paar Liter Wasser in die Menge. Das Popsternchen denkt eben an ihre Fans und die bedanken sich mit reichlich Applaus, den üblichen "We love you, Miley"-Schildern und ohrenbetäubendem Gekreisch.

Auch über den 10.000 Besuchern hängt viel Liebe in der Luft. Schön kitschig wird es bei "Adore You", währenddessen mitten in die Menge gefilmt wird, die dann auf der großen LED-Leinwand zu sehen ist. Umrahmt von einem großen Verlobungsring, schlabbern sich die Miley-Fans gegenseitig ab. Zum Fremdschämen.

Too much Matsch

Während der total überdrehten Inszenierung vergisst man glatt, dass man eigentlich ein Pop-Konzert besucht. Die Show kann mit Originalität und Provokation durchaus unterhalten. Das Musikalische bleibt jedoch dabei komplett auf der Strecke.

Der Sound ist wirklich unterirdisch und vor allem abartig laut. Trotz siebenköpfiger Band, die ab und zu aus dem Boden gefahren wird, ist es völlig egal, wie viele Gitarren gerade im Einsatz sind oder ob der Keyboarder ein Solo spielt. Es ist ein einziger Soundmatsch.

Schlimmer als die Band klingt allerdings noch Miley selbst. Auf ihre Vocals wurden so viele Höhen gedreht, dass das zweistündige Konzert zur reinsten Tortur für die Ohren wird. Der Partystimmung in der Halle tut das jedoch keinen Abbruch. Es wird eifrig mitgesungen und mitgetanzt, sogar auf den hinteren Rängen.

Kurze Country-Show

Nach all dem Lärm wird es auch endlich mal etwas ruhiger. Inzwischen sind Miley und Band hinter dem Mischpult aufgetaucht und spielen ein kurzes Halb-Akustik-Set, in dem sowohl Dolly Parton als auch Outkast verwurstet werden.

Hier zeigt sich, dass die 21-Jährige keine schlechte Sängerin ist. In tieferen Lagen wirkt die Stimme fast schon angenehm und lässt einen Hauch von Wärme aufblitzen. Ansonsten bleiben die paar Balladen relativ emotionslos. Das kann aber auch an dem miserablen Sound liegen.

Hot-Dog-Ritt und Feuerwerk

Der konzertgewordene LSD-Trip endet dann so, wie er begann: völlig over the top. Anstatt auf einer Abrissbirne reitet Miley zu "Someone Else" auf einem zu groß geratenen Hot-Dog und schwebt dabei über der Bühne. Danach verschwindet sie im Bühnenboden und kehrt unter lauten "Miley"-Rufen für drei Zugaben zurück, inklusive "Wrecking Ball".

Mit dem Song "Party In The USA", einem großen Feuerwerk und einer Menge Flitter in der Luft endet eine sowohl mental, als auch körperlich anstrengende, jedoch perfekt durchinszenierte Miley Cyrus-Show, die von allen Beteiligten – ja, auch dem Publikum – Höchstleistungen abverlangt hat.

Und eines hat das US-Popsternchen definitiv geschafft: An den tanzenden Streichelzoo oder den überdimensionalen Hot-Dog wird man sich noch eine Weile erinnern. Oder man hört einfach auf das Pfeifen im Ohr. Bleibt weiterhin nur die Frage: Welches Zeug muss man nehmen, um sich solch eine Show auszudenken?

Setlist

SMS (Bangerz) | 4x4 | Love Money Party | My Darlin' | Maybe You're Right | FU | Do My Thang | #GETITRIGHT | Can't Be Tamed | Adore You | Lucy in the Sky with Diamonds (The Beatles cover) | Drive | Rooting For My Baby | Hey Ya! (Outkast Cover) | Jolene (Dolly Parton cover) | 23 | On My Own | Someone Else

Zugabe: We Can't Stop | Wrecking Ball | Party In The U.S.A.

 

Alles zum Thema:

miley cyrus