Jeff Beck (Pressefoto, 2013)

Jeff Beck (Pressefoto, 2013) © Danny Clinch

Seitdem Rod Stewart Ende 1969 die Jeff Beck Group verließ, um bei den Faces einzusteigen, arbeitet Beck ohne Leadsänger. Er bezeichnet sich selbst als "singer, who uses a guitar". So tourt er seitdem um den Globus und entwickelte sich zu einem der innovativsten und besten Gitarristen der Welt. Im Capitol in Offenbach erleben die Zuschauer einen schweigsamen Virtuosen, der ganz seine Gitarre sprechen lässt.

In diesem Monat wird auch Jeff Beck siebzig, überschreitet diese Grenze, ab der man endgültig zu den Alten zählt, auch wenn er weder vom Optischen noch vom Spielerischen her alt aussieht. Mit seiner wie immer hochkarätigen Band, in diesem Jahr bestehend aus Rhonda Smith am Bass, Nicholas Meier an der Gitarre und Jonathan Joseph an den Drums, spielt er im gut gefüllten Capitol zu Offenbach eine Mischung aus bekannten Nummern seiner Karriere, einigen Coverversionen und auch neuem Material aus seinem, für dieses Jahr noch angekündigtem, neuen Album.

Fokus auf Jeff Beck

Der Sound der Band ist kraftvoll – die Arrangements bis auf wenige Ausnahmen darauf ausgerichtet Raum für Becks Instrument zu bereiten, was auch zu den Kritikpunkten an diesem Abend zählt. Die hervorragenden Mitmusiker bekommen kaum Möglichkeiten, ihre musikalische Klasse unter Beweis zu stellen. Jeder hat einen Solospot in der Show, die restliche Zeit wird von Becks mächtiger Gitarre dominiert.

Man muss anerkennen, dass Jeff Beck sich über die Jahrzehnte hinweg als Instrumentalist fortwährend weiter entwickelt hat. Nachdem er in den 1960er Jahren vom Rhythm' and Blues kommend Maßstäbe für harte Gitarrensounds setzte, wurde er im darauffolgenden Jahrzehnt durch eine Adaption von jazzigen und funkigen Einflüssen zu einem der führenden Fusiongitarristen.

Verfeinerte Spieltechnik

Nebenbei verfeinerte er kontinuierlich seine Spieltechnik, setzte den Vibratoarm seiner Stratocaster äußerst stilbildend ein, feilte sein Griffbrett zwischen den Bünden ab und gewöhnte sich in den 1980er Jahren an auf das Plektrum zu verzichten und die Saiten mit den Fingern anzuschlagen um noch mehr Ausdruck und technische Möglichkeiten in sein Spiel zu bringen.

Und das will er natürlich alles auf der Bühne präsentieren, vor allem aber auch, dass der Zahn der Zeit noch nicht an seinen Fähigkeiten genagt hat. Dieser Beweis gelingt ihn auf eindrucksvolle Art und Weise. Dabei beeindruckt auch, dass er seinen Sound wirklich mit den Fingern erzeugt und nicht unter Zuhilfenahme von elektronischen Effekten.

Kein ruhiger Moment

Die Finger der rechten Hand, die ohne Verwendung eines Plektrums alle frei verfügbar sind, nutzt er zur Bedienung des Laustärkereglers, des Vibratoarms, mitunter auch zu tappen oder wie beim Ende von "Angel (Footsteps)" um mit dem gläsernen Slide klirrende Sounds zu erzeugen. Dabei ist sein Sound jedoch immer stark verzerrt und mit Echos angereichert.

Ruhige Momente, in denen er sein Instrument einmal leise oder zart erklingen lässt, gibt es nicht an diesem Abend – die Dynamik des Sounds hätte durchaus ausgeprägter sein können. Eine kleine Abwechslung bringt der Song "Why give it away", bei dem Rhonda Smith etwas Gesang beisteuert, der jedoch auch durch Effekte verändert ist.

Offener Wettstreit mit Jimi Hendrix

Weitere Höhepunkte sind sicherlich die beiden Klassiker des Jahres 1967, "A day in the life" und "Little wing", in denen Beck wirklich die Gesangsmelodie sehr spannend mit der Gitarre übernimmt. Diese beiden Nummern bringen auch eine Songstruktur, die für die Hörer greifbar ist, die Mehrzahl der Stücke, die er an diesem Abend spielt, sind zwar strukturiert, aber bieten keine Hooklines und wirken daher eher wie Sessions.

Beck fügt immer wieder Jimi Hendrix-Zitate in sein Spiel ein und es hat fast den Anschein, dass die Figur Hendrix, die ihn im Swinging London der Sechziger klar überstrahlte, eine für Beck ungelöste Aufgabe darstellt. Sicher verfügt er mittlerweile über eine Technik und Erfahrung, die es ihm ermöglicht Hendrix beinahe besser zu spielen als Hendrix es selbst konnte. Aber da sein Wettbewerber schon seit mehr als 40 Jahren tot ist, bleibt dieser Wettstreit offen.

Hochklassig, aber einseitig

Alles in allem haben die Zuschauer im Capitol einen hochklassigen Auftritt erlebt, der mit etwas mehr Dynamik, etwas mehr Raum für die Mitmusiker und vielleicht auch etwas mehr Gesang noch besser hätte geraten können.

Beck selbst spricht nur an zwei Stellen, bei der Bandvorstellung und für ein braves Dankeschön. Vielleicht hat er den alten Spruch "Shut up and play your guitar" einmal zu oft hören müssen.

Setlist

Loaded | Nine | You Know You Know | Hammerhead | Angel (Footsteps) | Stratus | Yemin | Where Were You | Egyptian | Goodbye Pork Pie Hat / Brush with the blues | You Never Know | Why Give it Away | Little Wing |Danny Boy | Blue Wind | Choral | Big Block | A Day in the Life

Rollin' and Tumblin' | Cause We've Ended as Lovers

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