Tim Bendzko wird 2014 mit "Am seidenen Faden" auf Tour gehen

Tim Bendzko wird 2014 mit "Am seidenen Faden" auf Tour gehen © 2013, Paul Ripke

Er wollte nur mal kurz die Welt retten, fand dann die Worte nicht und landete an der Spitze der Charts: Tim Bendzko ist mit seinem zweiten Album auf Tour und begeistert in der ausverkauften Jahrhunderthalle Frankfurt vor allem eine Zielgruppe: die Frauen.

"Ausverkaufte Halle und ich hab' heute im Tischtennis gewonnen – kann nur‘n guter Abend werden!" So begrüßt der Teilzeit-Weltenretter Tim Bendzko die rund 3000 Leute, die sich unter der majestätischen Kuppel der Jahrhunderthalle versammelt haben.

Um es gleich vorweg zu nehmen, ist das Publikum an diesem Abend durchaus ein gemischtes – und ja, es befinden sich auch einige junge sowie ältere Männer in der Menge, von denen der Großteil vermutlich eher als Begleitung anwesend ist.

Dominante Frauen

Doch ist gleich mit dem Opener "Mein Leben ist dein Leben" klar, wer hier dominiert und lautstark fleißig so gut wie jede Zeile mitsingt. Kleiner Tipp: die Herren der Schöpfung sind es nicht.

Der ehemalige Theologie-Student Tim Bendzko ist der nette Frauenschwarm von nebenan, authentisch und ungekünstelt lässt er vor allem die Herzen seiner weiblichen Fans höher schlagen.

Wo sind die Männer?

Daraus macht auch Bendzko selbst keinen großen Hehl, wenn er mehrmals seine Songs mit den Worten "Das nächste Lied ist für die Frauen" ankündigt oder einen Bezug zu typischen Frauenthemen wie dem Shopping bei seiner Ansage zu "Auch wenn es gelogen ist" herstellt: "Ich will das jetzt, hier, alles, auch wenn es gelogen ist", heißt es in diesem Song.

Und die Männer? Die lassen sich stillschweigend vom Schmusepopper berieseln; passive Teilnahme sozusagen.

Unfreiweilig komisch wird es immer dann, wenn Bendzko bei Songs wie "Nur noch kurz die Welt retten", "Alles was du wissen musst" oder "Keine Zeit" das Publikum zum Mitsingen auffordert und abwechselnd erst die Frauen, dann die Männer singen lässt – von Letzteren ist eher nur ein leises Gegrummel zu hören. Entweder sind sie wohl zu schüchtern, können den Text nicht...oder sind bereits eingeschlafen.

Radiomusik live on stage

Aber der gute Herr Bendzko macht es seinem (männlichen) Publikum auch nicht einfach. Musikalisch reiht sich ein seichter Popsong an den anderen – wie auf Platte eben. Daran ändert auch die erstklassige siebenköpfige Band nichts, die größtenteils aus Multiinstrumentalisten zu bestehen scheint. So spielt u.a. Backgroundsänger Philipp Ritzmann zwischenzeitlich Akustikgitarre oder Akkordeon und Keyboarder Daniel Hassbecker greift zum Cello.

Nun könnte man meinen, dass bei einer siebenköpfigen Band mit Schlagzeug, zwei Keyboards, Gitarre und Co die Songs live deutlich druckvoller klingen. Dem ist nicht so: sowohl der Schlagzeug- als auch der Gitarrensound sind sehr dezent.

Hier knallt weder eine Snare noch ein Becken. Die Höhepunkte in Bezug auf die Lautstärke sind die Abschläge am Ende eines jeden Songs. Selbst das eingeschobene Grönemeyer-Cover "Was soll das" hat mehr Groove und Energie als der gesamte Rest.

Dezente Show und kleine Filmchen

So wie mit der Musik verhält es sich auch mit der Show und den Effekten, die zum Einsatz kommen – nämlich so gut wie keine. Man kann die dezente Lichtshow auch als Vorteil sehen. Bis auf die Leinwand im Hintergrund, auf der immer wieder mehr oder weniger kitschige "Filmchen" passend zu den Themen der Songs gezeigt werden, lenkt nichts vom Geschehen auf der Bühne ab.

Wem die angesprochenen Kritikpunkte also nichts ausmachen, der bekommt die Songs der beiden Tim-Bendzko-Alben im glasklaren, lieblichen Popgewand geboten, mitsamt einer Stimme irgendwo zwischen Xavier Naidoo und Matthias Schweighöfer. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Mit seinem über zweistündigem Programm hat der smarte Popsänger sicherlich nicht die Welt, aber den Abend für viele tausende weibliche Fans gerettet. Immerhin.

Setlist

Mein Leben ist dein Leben | Ich steh nicht mehr still | Ohne zurück zu sehen | Am seidenen Faden | Es geht wieder vorbei | Die Geier kreisen schon | Wo sollen wir nur hin | Unter die Haut | Auch wenn es gelogen ist | Nur noch kurz die Welt retten | Was soll das (Cover) | Alles was du wissen musst | Durch die Nacht | Sag einfach ja | Keine Zeit | Kreuzberger Nächte (Cover)

Zugabe: Ich laufe | Wenn Worte meine Sprache wären | Mehr davon | Programmiert | Leicht sein

Alles zum Thema:

tim bendzko