Trans-Siberian Orchestra (Pressebild, 2013)

Trans-Siberian Orchestra (Pressebild, 2013) © Trans-Siberian Orchestra

Mit dem Konzept des Trans-Siberian Orchestra ist eine ganz neue Form der Rockdarbietung entstanden. Die Show geht weit über eine Vermischung aus Klassik und Rock hinaus. Es ist eine Rockoper geworden, die teilweise recht bizarre Züge annimmt.

Als Produzent Paul O'Neill von der Band Savatage das Projekt des Trans-Siberian Orchestra entwickelte, hatte er nach eigener Aussage die Vision, die Grenzen der Musik zu sprengen. Er wollte eine Show verwirklichen, die Rock offenbar mit Darbietungen aus Oper und Musical verschmelzen soll.

Das ist ihm durchaus gelungen, auch wenn manche Szenerien durchaus eher zum Schmunzeln anregen. Denn ohne die gesangliche Leistung schmälern zu wollen, neigen einige der Künstler zu massivem Overacting. 

Feuer frei

Direkt mit den ersten zwei Songs wird klar, wohin die Reise bei der Winter Tour 2014 vom Trans-Sibirian Orchestra in Frankfurt geht. Getaucht in blaues Licht legen die Gitarristen los und feuern die ersten Salven ins Publikum. Der Chor, der im Verlauf der Show immer wieder rein und raus marschiert, untermalt das Intro.

Dann geben die Gitarristen und der Drummer richtig Vollgas. Mit der Gitarre in den Kniekehlen beginnt im Background eine Feuershow. Diese wechselt sich ab mit den schnell wechselnden Lichteffekten und einer spektakulären Lasershow. Das Publikum wird mitgerissen und springt begeistert aus den Sitzen.

Zur kurzen Abkühlung erscheint der Erzähler, Storyteller Bryan Hicks. Der Mann mit Frack und Glatze ähnelt stilistisch sehr dem Grafen von Unheilig. Er führt das Publikum in die Erzählgeschichte ein.

Timing ist alles

Spätenstens mit der Gesangsdarbietung vom Savatageklassiker "This Is The Time" wird klar, wie extrem durchchoreographiert das ganze Showkonzept ist. Jede Handhaltung, jede Geste ist perfekt auf Licht und Sound abgestimmt. Das wird noch überboten bei "Handful Of Rain", als sich der von der Sängerin dargebotene Pathos fast ins Unendliche steigert.

Diese Art, Rocksongs zu performen, ist durchaus speziell, das muss man mögen. Jeder, der sich diese Show ansieht, sollte sich darüber besser vorher klar sein, damit er nicht enttäuscht wird.  

Zur Abwechslung liefern die Gitarristen immer wieder ihre Instrumentalparts ab und spielen dabei mit der Geigerin die "Ode An Die Freude" von Beethoven in einem Gewitter aus Licht und Lasern. Die Zuschauer machen mit und einige präsentieren ihrerseits die so oft gespielte Luftgitarre oder benutzen ihre Oberschenkel bei geschlossenen Augen als Drums.

Nun darf The Beast aus dem Käfig und verwandelt zu "Mephistopheles' Return" die Bühne wieder mal in eine Art von Rockmusical, bevor Mozarts "Figaro" diesen Teil der Show abschließt. 

Auf in den Kampf

Nach einem weiteren Kurzmonolog vom Storyteller wird die Musik fast tragisch und kriegerisch. In dieser Form könnte sie auch die Krieger aus dem Herr der Ringe oder aus Game of Thrones begleiten, die in eine schier aussichtslose Schlacht ziehen.

Das nachfolgende Luftpiano, als einer der Künstler die Töne per Handbewegung in der Luft nachspielt, erinnert dagegen stark an den US-Komiker Jerry Lewis und seinen weltberühmten Sketch mit der Schreibmaschine.

Mit "Dreams Of Fireflies (On A Christmas Night)" bringt das Trans Sibirian Orchestra sogar das von ihnen so stark beackerte Thema Weihnachten unter, bevor die "Carmina Burana" wieder den von der Klassik beherrschten Teil übernimmt.

Finale

Am Ende der zweieinhalbstündigen Show reißt das Gitarrensolo von "The Mountain" noch einmal alle Fans aus den Sitzen, der ganze Innenraum steht und geht voll mit. Dann folgt die große Anbiederungsrunde an das deutsche Publikum, als im Hintergrund die deutsche Flagge erscheint und die Gitarristen die deutsche Hymne anspielen.

Zum Abschluss kommt noch einmal "Da-Da-Da-Daa" und mit Beethoven verabschieden sich die Künstler vom Frankfurter Publikum.

Eine Geschmacksfrage

Was bleibt am Ende? Ganz einfach, es ist eine Geschmacksfrage. Die ganze Show ist bis aufs kleinste Detail komplett auf Timing ausgerichtet. Das zeigt hohe Präzision, gepaart mit großem musikalischem Können. Es verhindert aber auch, dass sich ein Künstler vom Publikum mitreißen lässt und sozusagen künstlerisch ausbricht.

In Kombination mit dem von Oper und Musical geprägten Stil entsteht stellenweise ein zu extremer Pathos, der durch Overacting leicht ins Komische führen kann. Aber dennoch ist es eine beeindruckende Darbietung, die den Zuschauern viel bietet.