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Iggy Pop (2011) © Quelle: Semmel Concerts

Exklusives Deutschlandkonzert von Iggy Pop – 40 Jahre, nachdem der "Grandfather Of Punk" mit The Stooges Rockgeschichte schrieb, wurde er am 6. August von ca. 5600 Besuchern in Berlin frenetisch gefeiert. Das neue Werk, das er hier vorstellte, heißt zwar "Ready To Die", doch in Berlin bewies Iggy Pop, dass er wahrscheinlich noch Energie für zwei weitere Leben besitzt.

Als James Newell Osterberg alias Iggy Pop zur Prime-Time um 20:15 Uhr unter wolkenlosem Himmel die Bühne der geschichtsträchtigen Zitadelle in Berlin-Spandau stürmt, gibt es kein Halten mehr. Mit der Schlagkraft eines Berserkers erklimmt er die Stage, verrenkt seinen oberkörperfreien und von etlichen Alkohol-und Drogenexessen geschundenen Körper und rauscht über die Bühne, als wolle er allen beweisen, dass er mit seinen 66 Jahren immer noch so viel unbändige Energie versprüht wie eh und je.

Er schreit, jault, bellt, macht den Gorilla, schüttet sich Unmengen an Wasserflaschen über die vom Schweiß verklebten langen Haare – freiwillige Körpermalträtierung in seiner Vollendung.

Homecoming

Anerkennung – das hatte Iggy Pop mit den Stooges früh gesucht und lange nicht gefunden. Für ihren brachialen, vorwärtstreibenden Punk schienen die 1970er Jahre nicht reif, die Plattenfirma kündigte der Band nach drei Alben die Zusammenarbeit auf und läutete damit das vorzeitige Ende der Stooges ein. Iggy Pop stürzte sich in die Drogen-und Alkoholsucht, landete in der Psychatrie.

Erst als David Bowie auf ihn aufmerksam wurde und mit ihm in Berlin die Alben The Idiot und Lust For Life aufnahm, in welche Zeit auch die Entstehung des Kultsong The Passenger fiel, ging es mit Iggy Pop langsam wieder aufwärts. Unzählige Solo-Platten und Konzerte, bei denen er sich kaum Erholungsphasen gönnte, folgten und waren wohl auch ein Grund für die Aufnahme von Iggy & The Stooges in die "Rock And Roll Hall Of Fame" im Jahr 2010.

Treffen der Generationen

Heute vereint Iggy & The Stooges Generationen. In der Zitadelle steht der 70-jährige Opa, der zu Iggys wilden Zeiten selbst noch Pogo tanzte und heute wie Iggy Yoga und Quigong betreibt. Daneben tanzt der 35-jährige Sohn, dessen Jugend von der musikalischen Erziehung des Vaters geprägt war. Da feiert der 12-jährige Enkel, der das Punk-Idol als eins seiner ersten Konzerte live auf der Bühne erleben will. Alle stellen sich die gleiche Frage:

Wie steht dieser Iggy Pop diesen körperlich Exzess bis heute ohne Einschränkung durch? Werden wir uns mit 66 Jahren eigentlich auch noch so verbiegen, herumspringen, herumrennen und verausgeben können?

Alle Hindernisse müssen aus dem Weg

Iggy Pop scheint seinen kultigen Körper über Jahre trainiert, gestählt zu haben. Selbst die Roadies und Techniker rennen ihm verzweifelt hinterher, wenn er wieder mal unberechenbar vor die Bühne tritt, sich mit seinem Mikrofon fast im Mikrofonständer verheddert und ihn deshalb mit Wucht umstößt, damit er frei von allen Hindernissen die Bühne mit all seiner Aura einnehmen kann.

Spöttisch-provokant lässt er sein leguanartiges Gesicht über das Publikum schweifen, rebellisch spuckt er Sätze mit unzähligen "Fucking"-Wörtern ins Publikum, möchte mit dem "Motherfucking"-Publikum auf der Bühne tanzen und ruft Willige deshalb auf, die Bühne zu stürmen, damit sie dem Meister beim Song Fun House Gesellschaft leisten.

Räudig wie ein Hund schmeißt er sich bellend auf die Bühne und lässt sich für den genialen Stooges-Klassiker I Wanna Be Your Dog im zunehmend düsteren Himmel feiern – braut sich da ein Gewitter zusammen?

The Stooges sind das Fundament

Auf der Bühne ist es jedenfalls spätestens zu Iggys Solostück The Passenger ausgebrochen – auch dank des treibenden Soundkonglomerats aus harschen Gitarrenriffs und Saxofoneinspielern  seiner Band The Stooges.

Diese besteht diesmal aus Gitarrist James Williamson, der den 2009 an einem Herzinfarkt verstorbenen Ron Asheton ersetzt und bereits auf dem 1973er Album Raw Power zu hören war,  Bassist Mike Watt, Saxofonist Steve MacKay und Schlagzeuger Toby Dammit, der wiederum den gesundheitlich angeschlagenen Scott Asheton ersetzt.

Sie bilden ein mächtiges Fundament, über das sich Iggy Pop mit einer unberechenbaren Aggressivität wie ein Katapult erhebt und wuchtig jeder Norm ihre Legitimation entzieht.

Iggy elektrisiert alle

Als er nach 50 Minuten die Bühne verlässt, hat man kurzzeitig Angst, dass Iggy Pop bereits die Kräfte ausgegangen seien – man hätte es ihm bei den abgespulten Kilometern, die er auf der Bühne bis dato zurücklegte, nicht verdenken können.

Doch der "Grandfather Of Punk" und Erfinder des Stage-Divings wäre nicht Iggy Pop, wenn er nicht jede ihm innewohnende Energie aus seinem Körper lassen wollen würde. Er legt noch einmal eindrucksvoll nach.

Als sich Iggy Pop gegen 21:45 Uhr verabschiedet, ist auch der Himmel über den Köpfen der Zuschauer von diesem Auftritt elektrisiert und peitscht die Blitze wie wildgeworden durch die Straßen Berlins. Jetzt müsste man Iggy Pop sein und sich oberkörperfrei von den nassen Tropfen von oben abkühlen lassen.

Setliste: Iggy & The Stooges in Berlin

Raw Power | Gimme Danger | Fun House | Gun | Search And Destroy | I Wanna Be Your Dog | No | Fun | The Passenger

Penetration | Cock in My Pocket | Louie Louie

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