Die Fantastischen Vier

Die Fantastischen Vier © Sony Music

Die Fantastischen Vier sind schlicht Profis, denn sie wissen genau, wie sie mit ihrer Öffentlichkeit umzugehen haben. "Was so ein gewöhnlicher Flecken so abgehen kann!", bemerkt Smudo nach einem Konzert voll Euphorie und leitet mit der Empfehlung an seine Besucher "bleibt so, wie ihr seid" die letzte Zugabe einer gelungenen Vorstellung ein: Ein Abend voll hochwertigem "Populär"-Pop!

Das ZMF-Gelände ist bereits 45 Minuten vor Konzertbeginn zum Brechen voll, was vermutlich nicht nur dem tollen Wetter anzurechnen ist. Auch der Hügel für Kostenlos-Besucher – weil ohne Sicht – ist schon gut besucht.

Vorboten der Prophezeiung

Der Altersschnitt der Konzertgänger ist schwer zu schätzen, vielleicht genügt es zu sagen, dass eine Mutter mit ihrem Sohn da war, der die Volljährigkeit auf jeden Fall überschritten hatte.

"Wer in ein so stinkendes Zelt rennt, der mag es dreckig", wird Michi Beck später am Abend folgerichtig bemerken, doch zunächst lautet die Frage: Was geht?

Lary im Vorprogramm und Warten auf die Vier

Im Vorprogramm spielt Lary alias Larissa Sirah. Der Einstieg der Halbjamaikanerin aus dem Ruhrpott gestaltet sich als buntes Allerlei aus Blues, Soul, Rock und Elektro. Die Frage am Ende ihrer Performance – "Habt ihr Bock auf Fanta4?" – erübrigt sich. Trotzdem gröhlt das ganze Zelt ein vorfreudiges "Yeah!". Dann dankt sie den Zuhörern für deren Liebe, bevor sie die Bühne verlässt.

Im Zelt herrscht ein wirres Durcheinander von Stimmen, so als ob man an einem rauschenden Gewässer steht. Immer wieder durchschneiden satte Schläge auf die Snare das Geraune oder es wird von einem Roady begleitet, der den E-Bass stimmt.

Leute huschen geschäftig über die Bühne – rechts steht ein Drumset, links das Podest für den Percussion-Menschen, die Bühnenmitte ist von allem möglichen elektrischem Kram erfüllt, neben Gitarren und Keyboard natürlich auch ein Synthesizer. Es scheint ein vielversprechender Abend mit abwechslungsreichen Einlagen zu werden. Die Fantas haben sich bisher ja nie lumpen lassen.

Die Leute haben Bock

Langsam werden die Leute ungeduldig, fangen an zu klatsch und zu jubeln – was auffällt, da es das Stimmengewirr überdeckt. Eine Aufforderung? Immer wieder Pfiffe, immer lauter, aber wer wird sich davon schon drängen lassen – die Vier jedenfalls nicht. Dann der Versuch, die Band mit gleichmäßig rhythmischen "Vier"-Rufen auf die Bühne zu locken. Vergeblich.

Die Leute haben also Bock auf Fanta4, die das Volk im Zirkuszelt noch immer schmoren lassen. Eine Marschtrommel leitet das Konzert ein. Dann wird es immer heller und während And.Ypsilon schon seinen Arbeitsplatz eingenommen hat, marschieren die drei übrigen nun ein. Jetzt sind alle Hände oben.

Buntes Spektrum von Sprachkenntnissen und Tiefpunkten

"Das is’ ja gemütlich hier!", so Michi Beck, "das is’ genau der richtige Platz für" Gebt uns ruhig die Schuld als gelungenen Einstieg in den Abend. Die professionellen Show- und Tanzeinlagen werden vom Publikum in unglaublicher Lautstärke gefeiert. Vor dem nächsten Song gibt es noch einen Gruß an die Kostenlos-Hörer auf dem Hügel, bevor die Band dann beschließt, viel lieber ein Picknick mit den Gästen im Zelt zu veranstalten. Es folgt Der Picknicker.

Den Song Le Smou kündigt Smudo persönlich unter Beweis seiner Französischkenntnisse an. Während der gewaltigen Hookline springen Thomas D. und Michie Beck wie Flummies auf Ecstasy links und rechts neben Smudo, das Publikum tut es ihnen gleich. Smudo selbst macht sogar einen auf Moonwalk oder versucht es zumindest.

Ein "Tiefpunkt des Abends", so Smudo, ist die Einlage von Michi Beck an der "Stromgitarre" mit Marmor, Stein und Eisen bricht. Zur Freude der Fantas steigt das Publikum nicht in den Gesang ein. "Es gibt nur eine Sache mit der ich schlechter umgehen kann, als mit der Gitarre", gesteht Beck und singt anschließend von dieser, "in alter Weise: Sie ist weg!" Das Publikum kennt den Song scheinbar recht gut, wie es ein textsicheres "Weg!" mitbrüllt, aber Spaß bei Seite: die "ja- ja- wunderbar"-Strophe übernimmt die Menge unisono.

Kämpfen und Preisen mit der Hitze im "Temple of Love"

Die Fantastischen Vier verklären kurzerhand das Zirkuszelt zum "Tempel of Love" als perfekte Kulisse für den "Reverant" alias Smudo. Dabei wird zunächst der größte Gospelchor "Breisgau Deutschlands" angekündigt – gemeint ist das begriffsstutzige Freiburger Publikum. Dann legt Wanderprediger Smudo so schnell los, dass man ihn nur in Slow-Motion verstehen könnte: Halleluja!

Bei dem Song Krieger steht Thomas D. allein auf der Bühne. Mit freiem Oberkörper und dem Rücken zum Publikum gewandt, stimmt er sich mit Schattenboxen auf den Song ein. Nachdem er sein kraftvolles Paket abgeliefert hat, herrscht vollkommene Dunkelheit.

Erst wie vom Stroboskop-Blitz getroffen, der die Bühne hell erleuchtet, taucht plötzlichen die gesamte Combo wieder auf mit der beschwöhrenden Formel: "Michi Beck, wo aus Stuttgart rappt." Diese wird dem Anlass nach angepasst, wobei aus Stuttgart kurzerhand Freiburg wird und aus "wo" gutes Deutsch, sprich "der".

Schweinerock in einem Meer aus Displays

Die Highlights des Abends bilden neben MFG, welches stramm und kopfnickend zum Besten geben wird, sicherlich auch Kassenschlager wie Es könnte so einfach sein – leider ohne Herbert – und besonders natürlich auch, durch ein Lichtermeer aus Handydisplays vom Publikum selbst eingeleitet, der Klassiker schlechthin: Tag am Meer, das den Abschluss des Konzerts bildet.

Ausgelassenes Pfeifen, Stampfen und erneute Vier-Rufe bedeuten der Band, dass die Freiburger noch nicht bereit dazu sind, sie in die Nacht zu entlassen, und so kommt sie noch einmal mit den Worten auf die Bühne: "Freiburg ihr habt gerockt heute Abend; wollen sehen, ob ihr auch noch schweinerocken könnt", so Thomas D. Er erntet mit dem gleichnamigem Song, was an diesem Abend kollektiv gesät wurde: Ernten, was wir säen.

Die Frage "Freiburg, was geht?" ist durchaus berechtigt und Freiburg antwortet tatkräftig, indem es hörbar abgeht. Nach zwei weiteren Zugaben Troy und dem bereits erwähnten Populär ist jedoch endgültig Schluss. Als man das Licht auf der Bühne anknippst, verneigen sich Die Fantastischen Vier sichtlich stolz mit geschwellter Brust vor dem nicht nur zahlenmäßig großen Freiburger ZMF-Publikum.

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