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Lacrimas Profundere spielten das letzte Deutschlandkonzert der "Antiadore"-Release-Tour im Stuttgarter Club Zentral © Patrick Herzog

Am 24. Mai veröffentlichten Lacrimas Profundere ihr 11. Studioalbum "Antiadore", mit dem sie sich aktuell auf Promo-Tour durch Europa befinden. Den Abschluss ihrer Konzertreihe durch Deutschland bildete der Auftritt in Stuttgart. Dort präsentierte sich die Band am 1. Juni 2013, trotz des Jubiläums zum zwanzigjährigen Bestehen, so wild und energisch wie eine Newcomerband. Ungeachtet der überschaubaren Besucherzahl platzte die Location dabei vor Hochspannung geradezu aus allen Nähten. Das beweist: Rock is still alive!

Nahezu unscheinbar zwischen der Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbands und der evangelischen Grundschule versteckt, verrät lediglich ein Pulk überwiegend schwarz gekleideter Menschen den Club Zentral, in dem sich kurze Zeit später ein Keim musikalischer Subkultur entfalten wird.

Mundtot und Dante als Support

Das Publikum ist altersmäßig bunt gemischt: von recht jungen Alternativen bis hin zu alteingesessenen Fans der vermutlich frühen Stunde. Sogar ein Tokio-Hotel-Shirt ist in der dunklen Menge auszumachen und verrät, dass diese düster wirkenden Gestalten eine sympathische Art von Humor besitzen.

Während sich einige der Fans das Warten damit verkürzen, zwischen Tür und Theke hin und her zu pendeln, heizen die beiden Supportbands Mundtot und Dante, beide in ihrer Szene nicht unbekannt, dem ungeduldigen Publikum ordentlich ein. Schon jetzt kündigt sich ein vielversprechender Abend an.

Theatralischer Auftakt

Dieser beginnt schließlich mit einem pompös theatralischen Auftakt, wie es sich für eine hochkarätige Rockband gehört. Schon bei den ersten Klängen zum Lacrimas-Auftritt, ein an Klassik anmutendes Intro aus der Feder von Frontman Rob Vitacca, ist niemand mehr außerhalb des Konzertsaals anzutreffen.

Alle Fans stehen nun dicht gedrängt vor der Bühne, auf der man durch Nebel und blaues Licht hindurch lediglich die Silhouetten von Gitarrist und Gründungsmitglied Oliver Nikolas Schmid sowie Tony Berger, seines Zeichens ebenfalls an der Gitarre, neben einem noch verlassenen Mikrofonstativ in der Bühnenmitte erkennen kann.

Lacrimas setzen den Saal unter Strom

Zu den ersten verzerrten Gitarrenriffs stürmt Vitacca energiegeladen ans Mikrofon. Ein ebenso aufrichtig wie beherzt ins Mikro geschrienes "Stuttgart" verwandelt die ungeduldige Anspannung im Publikum in freigesetzte Hochspannung – mindestens ebenso knisternd und energiegeladen wie der von der Bühne geblasene Sound.

Vitaccas volle und tiefe Stimme rundet den Klang des Auftaktsongs Dead to me perfekt ab. Es folgen Stücke der letzten Alben wie The Letter oder I Don’t Care neben Titeln des aktuellen Albums Antiadore. Damit schafft die Band für ihre Fans ein ausgewogenes Verhältnis zwischen altbekanntem und brandneuem Material, welches sie für eine Release-Tour somit ungewohnt unaufdringlich vorstellt.

Vertauschte Rollen und sieden im gemeinsamen Dampfkessel

Lacrimas Profundere schaffen es immer wieder, ihre Fans in die Darbietung mit einzubeziehen, beispielsweise wenn Vitacca das Mikrofon in den Zuschauerraum hält und mit einer provokanten Geste die Menge dazu animiert, den Gesangspart zu übernehmen. 

Überhaupt beweist der Frontmann mit seinem Auftreten ein dramaturgisches Gespür. Vitacca entzieht sich häufig seinem Publikum, wenn er die Augen beim Singen schließt oder seinen Fans auffallend häufig den Rücken zuwendet.

Dann wiederum fordert er nahezu persönlich jeden Besucher dazu auf, in freundschaftlicher Runde nach dem Konzert ein Bier mit der Band an der Bar zu trinken. Damit erzeugt er eine gelungene Wechselbeziehung zwischen Distanz und Nähe, Spannung und Lösung.

Vollends verkehrt Vitacca schließlich die vorgegebenen Rollen von Band und Anhängern, als er sein Handy zückt, um seinerseits die Menge nun photographierend zum Star des Abends zu erheben. Diese flippt angesichts dieser Aktion völlig aus und macht den Saal lautstark zu einem Dampfkessel, der kurz vorm Zerbersten steht.

Großes Kino statt B-Movie

Den großen Showdown des Abends liefert die Band mit Ave End, dem Lacrimas-Klassiker schlechthin, den natürlich jeder einzelne Besucher im Saal erwartet hat und dementsprechend lauthals mitsingt. Aber dem noch nicht genug. Noch einmal lassen sich die Rocker auf die Bühne ovatieren.

Mit drei Zugaben, A Pearl – nicht weniger legendär als das eben genannte Stück – sowie den beiden neuen Hits Abandon und A Sigh, entlassen sie ihr Publikum schließlich in die Nacht der schwäbischen Metropole. An der Bar erhält man später dann tatsächlich noch die angekündigte Möglichkeit, mit der Band gemeinsam einen Umtrunk zu genießen.

Wer einmal gerne eine Rockband nach klassischer Manier hautnah – und das ist wörtlich zu nehmen – erleben möchte, und wer sich nicht davon abschrecken lässt, dass diese Band bedauerlicherweise das Schicksal Vieler teilt und ein Nischendasein fristet, dem sei ein Besuch bei Lacrimas Profundere dringend empfohlen.

Ein Konzert dieser Band ist ausdrücklich nicht nur etwas für Szenegänger, sondern vielmehr etwas, das sonst nur auf großen Bühnen zu finden ist. 

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