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Mick Flannery © Matthew Thompson, EMI Music Ireland

Für großes Ohrenkino im intimen Rahmen und für reichlich feuchte Augen unter den Anwesenden sorgte der irische Songwriter Mick Flannery am 21. Mai im kleinen Berliner Privatclub.

Mick Flannery ist gelernter Steinmetz. So richtig kräftig zupacken muss der Ire aber schon lange nicht mehr, denn neben seinem handwerklichen Talent verfügt der passionierte Dreitagebart-Träger auch über eine unverwechselbare Stimme, die Freunden erdiger Songwriter-Klänge á la Bob Dylan, Bruce Springsteen und Leonard Cohen nun schon seit sechs Jahren Freudentränen in die Augen treibt.

Spätestens seit seinem im letzten Jahr veröffentlichten dritten dritten Album Red To Blue, das in seiner Heimat mal eben so Madonna vom Charts-Thron stürzte, ist der kantige Insulaner auch Szene-Kennern außerhalb Irlands ein Begriff.

Verhaltene Hauptstadt-Anteilnahme

In Berlin scheint sich die Kunde über einen der begnadetsten Songwriter der Neuzeit aber noch nicht so richtig verbreitet zu haben, denn der gemütliche, im Herzen Kreuzbergs gelegene Privatclub ist zu Beginn des Konzertes nur zu zwei Dritteln gefüllt.

Die eher verhaltene Anteilnahme der Hauptstadt tut der Stimmung in der Location aber keinen Abbruch. Eine halbe Stunde zuvor wurden die Anwesenden bereits mit erwärmenden Lagerfeuersounds von Support-Act Simon Fagan in die richtige Stimmung gebracht.

Um 22 Uhr ist es dann soweit: Zusammen mit einem Bassisten und einem Drummer betritt Mick Flannery im legeren Jeans-Outfit die kleine Bühne und haucht ein zartes "Guten Abend" in das Mikrofon.

Damenherzen schmelzen dahin

Keine zwei Minuten später schmelzen im vorderen Bereich bereits die ersten Damenherzen dahin. Mit rauchzartem Dylan-Organ singt der markante Barde von tiefem Zweisamkeitsschmerz und inneren Seelenkonflikten.

Mit der Akustischen in der Hand und einem chilligen Pianobar-Paket im Background entführt der Songwriter seine Jünger auf eine melancholische Reise ins Tal der Tränen.

Das Kollektiv kann auch amtlich rocken

Berührende Slowhand-Perlen wie Ships In The Night, Keepin‘ Score und Boston sorgen bei der Anhängerschaft des aus der Nähe von Blarney, Cork stammenden Sängers für reichlich feuchte Augen. Doch Mick Flannery kann auch anders:

Hin und wieder wird die Akustische zur Seite gestellt und von einer mit Strom gefütterten Vintage-Gretsch ersetzt. Plötzlich trippelt der Mann im Rampenlicht wie wild mit den Fußsohlen, während sich das Kollektiv bei Songs wie Red To Blue oder Gone Forever  in rockigen Gefilden austobt.

Die hohe Kunst des musikalischen Bezirzens

Das Berliner Publikum ist hin und weg. Mit jedem gespielten Song werden die Augen größer. An der Bar ärgern sich volle Biergläser über Nichtbeachtung, während  im angrenzenden Raucherzimmer die Gespräche eingestellt werden. Alles lauscht.

Mick Flannery beherrscht die hohe Kunst des musikalischen Bezirzens – darüber sind sich zu später Stunde alle Anwesenden einig. Glücklich und zufrieden stehen einige Zeugen des Auftritts noch Minuten nach der Show wie angewurzelt vor der Bühne und werfen sich fragende Blicke zu:

"Warum füllt so jemand nicht mindestens den Postbahnhof?", fragt eine Frau ihre Begleiterin am Ausgang. Die Antwort: "Sei froh, dass du den in so intimem Rahmen erleben durftest." Wie Recht sie doch hat.

Mick Flannery – Livetermine