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Beach Fossils © John Pena (Quelle: Elastic Artists Agency)

Vor dem Auftritt der New Yorker Indie-Kombo Beach Fossils am 20. Mai in Berlin hatte man fast die Befürchtung, dass deren Vorband-Kollegen von King Tuff die größeren Entertainment-Lorbeeren beim Publikum einheimsen könnten. Doch letztlich wussten beide auf ihre Art zu überzeugen.

Der Festsaal Kreuzberg in Berlin scheint sich mit seinen mittelgroßen räumlichen Dimensionen nie ganz entscheiden zu können, ob er lieber Partylocation oder Konzerthalle sein will. Die Bühne ist klein aber anständig, der Aufgang mit Balustrade mogelt ein bisschen mehr Platz dazu, das Bier kommt noch immer aus der Flasche.

Für aufgehende Sterne am Musikhimmel wie die Beach Fossils erweist sich diese abgespeckte Variante eines Konzertsaales jedoch alles andere als nachteilig, schließlich ist nichts peinlicher und schreit mehr nach unverhältnismäßigem Größenwahn als eine gigantische Halle, die nur zur Hälfte mit Zuschauern gefüllt ist.   

Westen kommen wieder

Wer sich vorher durch die Alben der beiden Bands gehört hatte, wäre fast auf die Idee gekommen, dass an diesem Abend Vorband und Mainact versehentlich vertauscht wurden. Aus der Konserve klingt der indieeske Post-Punk der Beach Fossils eigentlich eher nach Nebenbei-Musik, zu der man prima mit Freunden rumhängen, den Abwasch erledigen oder seine Lohnabrechnungen wegheften kann.

Bei der Recherche zu King Tuff stößt man hingegen auf Videomaterial, das von Performances für den Sneaker-Oligarch "Converse" berichtet und den Auftritt der Band bei der durchgeknallten US-Talksendung "The Gorburger Show" dokumentiert, die von einem riesigen blauen Plüschmonster moderiert wird.

Der Look und Musikstil von King Tuff liest sich daher wie ein sympathisch-ungebügeltes Anarcho-Konzept, das aus zwei zurückliegenden Dekaden von Garage, Skater- und Collegerock zusammengebastelt wurde.

Mit Truckercap auf der langhaarigen Fettfrisur, Pornobalken im Gesicht und Nietenweste hinter der Gitarre singen King Tuff von schreienden Totenschädeln und beteuern "I’m a bad bad thing" in einer quäkig-nöligen Tonlage, die manchmal bis ins Mickey Mouse-Falsett hinaufreicht. Es wird Zeit, mal wieder "Wayne’s World" zu schauen. 

Unterschätzte Indie-Kids

Dagegen sehen die Jungs von Beach Fossils noch ziemlich brav aus. Deren jugendlich-frische Gesichter würden sich auch für eine androgyne H&M-Kampagne eignen.

"We got a little wasted today in Berlin. You can’t do this in the US", gesteht Frontmann Dustin Payseur dem Publikum zum Einstieg. Nach etwaigen Spuren davon sucht man vergeblich, lediglich aus dem Loch in seinem T-Shirt schimmert ein Hauch von Rebellion.

Dass die Beach Fossils ihrer Homepage zufolge mit "energetischen Liveshows" überzeugen, mag man daher am Anfang gar nicht so recht glauben. Zugegeben – für jene, die noch nicht vollständig in die Tiefenstruktur ihres Repertoires eingetaucht sind, klingen die Songs alle ziemlich gleich und zuweilen kommen Zweifel auf, ob man da gerade Adversity, Daydream oder Shallow gehört hat.

Doch diese Mischung aus Post-Punk, Dreampop-Indie und polyphonem Shoegaze hindert die Band nicht am Gas geben. Spätestens, wenn das Jüngling-Gesicht des zweiten Gitarristen von all dem Headbangen vollständig hinter der langen Mähne verschwindet, erinnert einen das nicht nur an das wandelnde Haarknäuel aus der "Addams Family", sondern auch daran, dass das hier ein Rockkonzert ist.

Und während Dustin Payseurs melancholischer Blick noch die Menge nach einer schwermütigen Leere absucht, haben sich schon die vorderen Reihen zu einem kleinen Pogo-Reigen formiert, was der Sänger bei der Zugabe mit einem kurzen Bad in der Menge zu belohnen weiß.

Den besten Beweis für einen ordentlichen Gig liefern aber die Schweißperlen, die am Ende des Konzerts auf den glücklichen Gesichtern des Publikums funkeln. Besonders an einem Montagabend.

Beach Fossils – Weitere Shows

Die Band spielt im Rahmen ihrer kurzen Tour noch im Grünen Jäger Hamburg und beim Immergut Festival.

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