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Floyd Reloaded (live in Mannheim, 2013) © Rudi Brand

Die Cover-Band "Floyd Reloaded" interpretiert die Musik von Pink Floyd als bratzigen Gitarrenrock. Das Ergebnis ist eine aufgrund ihrer Einfältigkeit kaum erträgliche "Rockshow", die das Gegenteil von dem ausdrückt, was die Musik von Pink Floyd auszeichnet. Lest hier unseren Bericht über das Konzert in der SAP Arena in Mannheim am 19. Januar 2013.

Der Animateur, der vor Beginn der großspurig angekündigten Show von Floyd Reloaded in der SAP Arena die Bühne betritt, um das Publikum "aufzuwärmen", verkündet Erstaunliches. Er animiert das Publikum nicht nur zum Mitfeiern, sondern geht auch explizit auf Kritik ein: Floyd Reloaded, so erklärt er, spielten die Musik der legendären englischen Band nicht nach, sondern interpretierten sie neu. Im Nachhinein lassen sich diese Aussagen nur als Versuch interpretieren, den Schaden schon im Vorfeld zu begrenzen.

Die Entscheidung zur Neuinterpretation kann man grundsätzlich nur begrüßen, aber das Ergebnis ist leider eine einzige Katastrophe. Für die Verantwortlichen handelt es sich bei Pink Floyd offensichtlich um eine Hardrock-Gitarrenband, deren Hauptqualität ein fetter, unablässiger Gitarrensound ist.

Ungesunde Fixierung auf Gitarren

Das Wort "unablässig" ist an dieser Stelle entscheidend, denn die Show bietet in jedem Song epische Gitarrenworkouts, Gitarrensoli und Gitarrenwände, die jede Poser-Hardrock-Band entzücken würde. Musikalisch und stilistisch hat das mit Pink Floyd allerdings nichts zu tun: das Gitarrenspiel wirkt sogar dann billig und aufgesetzt, wenn die (bis zu vier!) Gitarristen versuchen, den eleganten, kontrollierten Klang von David Gilmour zu imitieren. 

Diese ungesunde Fixierung auf Gitarren geht wohl auf den Gitarristen Philip Michael Klenz und dessen Gitarrenlehrer Ralf T. zurück. Der junge Mann erkannte in der Musik von Pink Floyd das ideale Vehikel, um seine Gitarrenhelden-Phantasien auf der Bühne ausleben zu können. Das Unglück war nun, dass sein Vater, der IT-Unternehmer Achim Klenz, diese Idee nicht nur unterstützte, sondern als Besitzer von fluege.com und ehemaliger Betreiber einer Diskothek in Frankfurt auch noch über genug Geld und Verbindungen verfügte, um sie in Form einer "Rockshow im monumentalen Breitwand-Format" zu realisieren.

Fehlendes Verständnis von Pink Floyd

Die "Dimensionen von Floyd Reloaded" mögen "gewaltig" sein, wie der Pressetext vollmundig verkündet, aber was hilft es das "biggest Pink Floyd experience ever" zu bieten, wenn den Verantwortlichen offensichtlich jedes Verständnis der Musik von Pink Floyd abgeht.

Die zentrale Rolle des Keyboarders Richard Wright* im Gefüge der Band Pink Floyd ignorieren sie beispielsweise vollständig. Bei Floyd Reloaded spielen Keyboards lediglich eine marginale Rolle. Es fehlen auch vollkommen die offenen Räume, die Variation der Dynamik, die bei Pink Floyd so entscheidend sind. Stattdessen gibt es alles dominierende Holzhammer-Gitarren im Überfluss.

Gleichermaßen irreführend ist es, wenn Achim Klenz verkündet, der "fantastische Mix aus Licht und Sound" sei "das Eigentliche an Pink Floyd". Selbst jemand, der diese Meinung teilt, mag es verwundern, dass die Macher die Show als weitaus spektakulärer anpreisen, als sie in Wirklichkeit ist. Um die "300 moving lights" wird ein unangemessenes Theater gemacht und die "ausgefeilte Pyrotechnik" und die "atemberaubenden Animationen" habe ich wohl verpasst.

Behäbiges Rockmonster

Nicht einmal auf die Auswahl vernünftiger Sänger haben die Verantwortlichen Wert gelegt. Colin Dodsworths dünnes Stimmchen vermag sich gegen den Breitwand-Rocksound nur mit Unterstützung weiterer Sänger zu behaupten. Zudem vermag der stets lächelnde Dodsworth in Hinblick auf Ausdrucksstärke und Charisma nicht im Ansatz mit Roger Waters aufnehmen.

Wolfgang Tuppecks Gesang ist hingegen häufig so weit nach hinten gemischt, dass man nur schwerlich hören kann. Darüber hinaus irritiert Tuppeck, ein ehemaliger "X-Factor"-Teilnehmer, mit seiner Angewohnheit die Texte der Band mit seinen Händen zu illustrieren. Er sorgt allerdings auch für den einzigen erträglichen Aspekt dieser Show: die Performance von Another Brick In The Wall komplett mit Kinderchor besitzt eine Frische, die sich dem ansonsten behäbig von einer Seite auf die andere wälzenden "Rockmonster" vollkommen abgeht.

Die Unbefangenheit und Fröhlichkeit des Kinderchors sorgt dafür, dass nach mehr als zwei Stunden zum ersten Mal so etwas wie Stimmung in der Halle ist. Bis dahin ist der Applaus der grob geschätzt 6000 Zuschauer in der SAP-Arena so knapp, dass zwischen den Songs teilweise Totenstille herrscht.

Ballermann-Inszenierung

Der Grund dafür liegt auch in der Unangemessenheit der gesamten Inszenierung. Floyd Reloaded konzentrieren sich natürlich auf die bekanntesten Werke der Band von Dark Side Of The Moon bis zu The Wall. Auf diesen Alben thematisierte Roger Waters aber seine zunehmende Entfremdung von der Welt und Menschen.

Waters' Musik aus dieser Zeit stammt von einem dunklen Ort. Die offen bekundete Abscheu vor den Menschen und vor sich selbst, das Kindheitstrauma des im Krieg verlorenen Vaters, Egomanie und Narzissmus – das sind Themen, die eine ernsthafte Inszenierung zwingend gebieten.

Floyd Reloaded wählt hingegen die Ballermann-Interpretation: Die Backgroundsängerin, die Pigs (Three Different Ones) singt, schwingt lasziv die Hüften und rutscht vor Gitarrist Philip Michael auf den Knien herum. Das ist der Tiefpunkt des Abends.

Bobby Kimball war übrigens auch da. Trotz der großen Ankündigung spielte er in der Show nur eine marginale Rolle.

*nach Hinweis korrigiert

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