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Lambchop (live in Darmstadt, 2012) © Johannes Rehorst

Bei ihrem Auftritt in der Darmstädter Centralstation spielten Lambchop am 11. November 2012 ein gewohnt verlässliches Konzert, konnten aber vergangenen Eindrücken nur wenig hinzufügen. Kurt Wagner sollte den Zustand gediegener Behaglichkeit nicht zu weit treiben.

Lambchop sind eine Band, die für mich eine besondere Bedeutung besitzt. Mit dem Besuch des Konzerts in der Darmstädter Centralstation kehre ich zu meinen Anfängen bei regioactive.de zurück, denn das erste Konzert über das ich berichtete, war der Auftritt von Lambchop im Mannheimer Capitol im August 2006.

Vieles hat sich seitdem verändert, einiges ist aber auch gleich geblieben.

Konstanz und Wandel

Das Rauchen auf der Bühne hat Kurt Wagner inzwischen eingestellt, aber die Baseball-Kappe sitzt nach wie vor fest auf dem Charakterkopf. Nach einem Song lässt er noch immer die teilweise arg abgenutzten Textblätter auf den Boden der Bühne gleiten.

Die Positionierung der Band auf der Bühne im kleinen Saal der Centralstation ist hingegen neu und äußerst ungewöhnlich. Wagner sitzt zur Rechten, dahinter Pianist Tony Crow, ganz links Schlagzeuger Scott Martin und dann in einem Halbkreis Bassist Matt Swanson, Keyboards und ein Multiinstrumentalist, der Klarinette, Fagott (!) und Gitarre spielt. Der vordere Teil der Bühne in der Mitte bleibt vollkommen frei.

Spaßvogel Tony Crow

Tony Crows Witze sind immer noch so krass wie damals. Beispiele: "An American walks into a library – 13 dead" oder "We are sending our old clothes to Africa, but they have not been able to find anyone with a 54'' waistband." Wie früher bleibt es gelegentlich bei Humorversuchen, aber das bremst Crow nur kurzzeitig.

Die amerikanische Präsidentschaftswahl ist natürlich auch ein Thema. Als weißer Mann, der Obama in Tennessee gewählt hat, kommt man sich sicherlich häufig sehr einsam vor, selbst in Nashville. Das Publikum reagiert auf diese Anspielung nicht, kein Wunder – es ist ja auch keine Versammlung von Wahlexperten.

Ein Konzert im Gleichklang

Die Musik von Lambchop wird natürlich immer noch von Kurt Wagners ruhigem, manchmal fast flüsterndem Gesang beherrscht, allerdings sind seine Worte besser zu verstehen als in der Vergangenheit, wenn die Erinnerung hier nicht trügt. Während Wagner früher aber seine Stimme zumindest gelegentlich erhob und das Tempo anzog, so ist davon heute nur noch wenig zu spüren.

Das verleiht dem Konzert einen sehr gleichmäßigen Charakter, stärker noch als vor sechs Jahren. Die von neuen Liedern dominierte Setlist trägt ein Übriges dazu bei, dass man den Eindruck hat, einer fast geschlossenen Suite von Lieder zuzuhören. Da das Songwriting auf den letzten Alben aber nicht mit dem der Alben bis einschließlich Is A Woman mithalten kann, sind wirkliche Höhepunkte jedoch rar.

Es überrascht nicht, dass Interrupted, der Opener ihres hervorragenden 1998er Albums What Another Man Spills, zu den wenigen Songs zählt, die tatsächlich hervorstechen. Man wünscht sich mehr solcher eindrücklichen Momente.

Vermisst: William Tyler

Da die Grundbesetzung von Lambchop seit vielen Jahren relativ konstant ist, fällt das Fehlen von Gitarrist William Tyler auf, der mit seinem Gitarrenspiel stets wichtige Akzente setzen konnte. Seine musikalischen Kontrapunkte hätten dem Konzert auf jeden Fall gut getan. Erfreulich ist hingegen die gewachsene Prominenz von Klarinette und Fagott, zwei Instrumente, die der Musik von Lambchop mehr Tiefe verleihen.

Das Publikum ist zahlenmäßig immer noch stark präsent, auch wenn eine ganze Reihe von Sitzen leer bleiben. Lambchop haben sich mit ihrer einzigartigen Musik eine treue Fangemeinschaft erworben, aber sie müssen aufpassen, dass sie sich nicht in gediegener Wohlfühlmusik verlieren.

Die Texte mögen noch so schräg und persönlich sein, der Gesamteindruck war dann doch etwas zu behaglich.

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