9 Talente haben bei der zweiten Runde der Blind Auditions die Jury dazu gebracht, ihren Stuhl zu drehen.

9 Talente haben bei der zweiten Runde der Blind Auditions die Jury dazu gebracht, ihren Stuhl zu drehen. © 2012, SAT.1/ProSieben

Talent haben sie, die Teilnehmer bei The Voice of Germany. Doch egal ob Motorradbraut, schüchterner Junge von nebenan, Schmuserocker oder Stewardess mit exotischer Herkunft: Die zweite Runde der Blind Auditions war beladen mit Klischees.

Was auch immer man von Castingshows halten mag: die zigste Auflage von Popstars oder Deutschland sucht den Superstar zeigt, dass es noch genügend Menschen gibt, die vor der Kamera stehen wollen oder hinter dem Bildschirm gebannt die Nachwuchssänger verfolgen. Bei beiden Beispielen ist die drohende Absetzung nur noch einen Paukenschlag entfernt, dafür ist aber seit letztem Jahr für ein Ersatz gesorgt worden: "The Voice of Germany".

Die Show kommt ohne peinliche Kandidaten mit selbstzerstörerischen Tendenzen aus, und auch herzzerreißende Lebensgeschichten sind bis dato nur ansatzweise gekratzt worden. Talente stehen dort auf der Bühne, das will man ja gar nicht abstreiten. Doch ein bitterer Beigeschmack bleibt nach den zweiten Blind Auditions dennoch zurück.

Klischeebeladen für Abwechslung sorgen

Schon die ersten drei Teilnehmer bieten Stoff für eine komplette Staffel der Lieblingssoap im Vorabendprogramm: Michael Heinemann ist der etwas korpulente, schüchterne Junge von nebenan, der nicht wirklich an sein Weiterkommen glaubt. Letztendlich wollten ihn drei der Coaches, er schloss sich Team Rea an.

Danach kam die toughe Rockerbraut Giulia Wahn auf die Bühne, die prompt im Team BossHoss gelandet ist. Die beiden scheinen sowieso ein eingebautes Stimmerkennungsprogramm für schöne Frauen zu haben, jedenfalls musste die Dame innige Umarmungen der Cowboys über sich ergehen lassen.

Nummer drei des Abends war der smarte Omid Mirzaei, Booker in einer Modelagentur, jedenfalls vor The Voice of Germany: Er kündigte seinen Job für die "wohl größte Chance meines Lebens", sinngemäß wiedergegeben. Omid landete, nachdem ihn alle Coaches wollten, schließlich bei Xavier Naidoo, der "eine alte Seele singen gehört hat". Na dann.

Zweierlei Vorhersehbarkeit

Es wäre ja schon fast eine Enttäuschung, auf Sprüche à la "Das übertrifft alles" oder "Meine Träume könnten in Erfüllung gehen" zu verzichten. Aber keine Sorge, muss man nicht. Darauf konnte man sich wenigstens vorbereiten, kaum ein Kandidat würde dort mitmachen, wenn er sich nicht irgendetwas davon versprechen würde.

Doch schon der zweiten Runde der Blind Auditions fehlte jegliche Spannung: Die Teilnehmer, die in einem Clip kurz vorgestellt wurden, dann aber nochmal hintenangestellt wurden, damit ein anderes Talent zuerst vorsingen durfte, sind ausgeschieden.

Das traf dieses Mal Schmuserocker Tom Bogati, Flugbegleiterin Kim Greene mit deutscher Mutter und Vater amerikanisch-indianischer Herkunft, Pink-Lookalike Vanessa Henning und Ex-Schlagzeuger von Die Firma Jörg Fricke. Tränen auf der Bühne sind keine geflossen, dafür waren sie viel zu dankbar, diese Chance bekommen zu haben.

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Eva Croissant – unser heimlicher Favorit

Zum Glück gibt es auch diejenigen Talente, die herausstechen. Die Holländerin Aisata Blackman und schon erwähnter Omid Mirzaei konnten gleich alle vier Coaches davon überzeugen, ihren Stuhl für sie umzudrehen.

Doch die Besonderheit des Abends kam von einer 21-jährigen Musikerin aus Karlsruhe: Eva Croissant, die einzige in der Folge, die mit einer Gitarre auf der Bühne erschien. Mit Auf dem Weg von Mark Forster konnte sie zunächst "nur" Nena von ihrem Gesangstalent überzeugen und landete automatisch in ihrem Team. Nach ihrer Aussage, dass dieser Titel ungewöhnlich für sie sei, da sie sonst ihre eigenen Stücke singt, durfte sie noch eine Zugabe geben: Dein Herz trägt Felsen aus ihrer eigenen Feder war ein wahrer Gänsehautmoment, der ihr von Publikum und Jury Standing Ovations einbrachte.

Eva Croissant ist unserer Redaktion schon seit längerem bekannt und ihr heimlicher Favorit – ein bisschen parteiisch darf man ja wohl sein.

Olle Kamellen

Wer ansonsten gerne der Jury bei ihren Plänkeleien zuhören will, hat dieses Jahr natürlich auch wieder zu Genüge diese Möglichkeit – origineller als letztes Jahr sind sie allerdings nicht.

The BossHoss werden regelmäßig als musikalische Nieten abgestempelt, die ihre Karriere erst durch The Voice of Germany gestartet haben, Nena wirkt in ihren Aussagen, die "Ich find dich echt gut" und "Das hat mich echt berührt" abdecken, leicht benebelt. Reas Wortschatz ist immer noch auf "unfuckingfassbar" beschränkt und Xavier Naidoo macht seinem Ruf als Dr. Ton alle Ehre.

Man muss das Format der Castingshows eben mögen; jeder Teilnehmer muss für sich entscheiden, ob dieser Weg der richtige für ihn ist. Und zum Glück hatte nach "The Voice of Germany" auf einem anderen Sender "Shaun of the Dead" angefangen, sodass der Abend vor dem Fernseher nicht ganz ohne krönenden Abschluss enden musste.

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