…jedenfalls wenn Tobias Siebert aka And The Golden Choir auf der Bühne steht und als Vorband das Publikum auf den Auftritt von Me And My Drummer vorbereitet. Und das macht er mit seinen ruhigen, fast schon introvertierten Songs nicht nur rein musikalisch als Einstimmung stimmig, sondern auch ansehnlich: Auf der Bühne spielt eine Schallplatte, die er selbst in seinem hauseigenen Tonstudio geschnitzt hat. Dazu singt er und spielt Gitarre.

Im Fachjargon heißt so eine Schallplatte "Dubplate", einzeln hergestellt und vor allem von DJs verwendet, um damit ihre eigenen Sounds abzuspielen. Bei And The Golden Choir ist darauf alles abgespeichert, was Siebert mit seiner Gitarre und seinem Gesang live nicht machen kann. Eine Form des verteufelten Playbacks, aber eine ehrliche.

Ruhig und beschaulich ist die Stimmung im Heidelberger Club Häll, der Applaus nach den Liedern von And The Golden Choir zwar immer nur kurz, ansonsten ist die Menge aber auch totenstill – man wartet gespannt auf das nächste Lied.

Rotwein, hoffentlich aus der Kurpfalz

Währenddessen trinkt Siebert zwischen den Songs genüsslich Rotwein, von dem wir hoffen, dass er aus der Kurpfalz stammt. Alles andere wäre in Heidelberg gemein. Dass er dabei vollkommen routiniert wirkt, liegt wohl auch an seinen anderen "Jobs". And The Golden Choir kann man nämlich als kleines Nebenschauspiel von Siebert bezeichnen, er ist ansonsten sowohl Sänger von Klez.e als auch stolzer Besitzer eines eigenen Tonstudios, dem Radio Buellebrueck Studio in Berlin.

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Im Radio Buellebrueck Studio haben sich bereits einige deutsche Indiegrößen die Klinke in die Hand gegeben, u.a. Phillip Boa, Kettcar oder Enno Bunger. Juli nahmen dort ihr Album In Love auf und Sieberts eigene Bands sind sowieso Stammgäste. Und auch Me And My Drummer nahmen dort ihr Debüt The Hawk, The Beak, The Prey auf.

Die lassen sich in Heidelberg nicht lange bitten und stehen nach And The Golden Choir schnell auf der Bühne. Das Duo, bestehend aus Matze Pröllochs am Schlagzeug und Sängering Charlotte Brandi am Keyboard, wirkt etwas müde. Da der Auftritt im Häll der vorletzte im Rahmen ihrer aktuellen Tour ist und sie mit Unterbrechungen bereits seit dem Frühjahr unterwegs sind, ist das auch kein Wunder.

Florence + the Machine? Elliot Smith!

An der Musik ändert das aber nichts, denn auch an diesem Abend zeigen die Beiden dieselbe Klasse wie bei ihrem Auftritt beim Maifeld Derby vor einigen Monaten. Dass "Florence + the Machine sich schon mal warm anziehen können", wie ein geschätztes Musikmagazin zuvor geschrieben hat, ist aber Schwachsinn. Nicht weil Me And My Drummer es mit der Band um Florence Welsh nicht aufnehmen könnten, wenn man denn schon in blöden Wettbewerbsgedanken gefangen ist, sondern weil der Referenzrahmen überhaupt nicht passt.

Wenn man sich dagegen anschaut, was die Band immer wieder als Einflüsse nennt, dann wird eher ein Schuh draus: Elliott Smith wird da genannt, der, wie die Band in einem Interview mal sagte, "mehr als nur eine Handvoll perfekter Popsongs geschrieben" hat. Oder die Schweden von Wildbirds & Peacedrums, bestehend aus Schlagzeuger und Keyboarderin, was allein von der Bandaufstellung her eine wichtige Inspiration für das Berliner Duo gewesen sein muss.

Im Maifeld Derby-Festivalbericht schrieben wir selbst noch: "Das Schlagzeug ist bei Me and My Drummer, trotz des Namens, nicht so überpräsent wie bei den Schweden, das Keyboard und die Effekte dafür eindringlicher." Hier spielt Elliot Smith bestimmt auch eine gewisse Rolle.

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So erklärt sich dann auch ein wunderbarer Song wie You're A Runner, der vom Selbstmord handelt. Oder die Reprise dieses Songs, die eigentlich gar keine ist, sondern das Thema aus einer späteren Sicht, nach dem befürchteten Selbstmord, auch mit vollkommen anderer Komposition betrachtet. Als das Publikum in Heidelberg das Stück angesagt bekommt, befürchten viele eine schlichte Wiederholung und lachen etwas verlegen. Umso größer ist der Applaus danach für Me And My Drummer.

Der Song The Wings kurz davor lässt die Gäste durch seinen eindringenden Chorgesang erhaben zurück. Der Chor kommt "zwar" vom Band, aber wie Charlotte Brandi auch vor dem Song sagt: im Tourbus wäre es ansonsten eng geworden. Derweil bricht sich das Licht der Bühnenbeleuchtung in einer Discokugel und wirft gebündelte Lichtstrahlen zurück – wie durch ein Kirchenfenster.

Zur kompletten Fotogalerie: Me and My Drummer live in der Häll in Heidelberg

Das Maifeld Derby präsentiert weitere Konzerte

Der Abend, darauf muss man am Ende unbedingt noch hinweisen, fand übrigens im Rahmen der vom Maifeld Derby-Festival präsentierten Konzerte im Rhein-Neckar-Delta statt. Hier stehen noch drei tolle Konzerte an. Unser persönliches Highlight wird wohl der Auftritt des Loop-/Improvisations-Künstlers Denis Jones, der es sich im kleinen Mannheimer Kino Cinema Quadrat bequem machen wird. Aber auch die Auftritte von Emanuel And The Fear und dem amerikanischen Sänger/Songwriter Nigel Wright werden nicht zu verachten sein. Weitere Infos dazu findet ihr in unserem Vorbericht zu den Konzerten.

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