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Deep Purple (live in Mönchengladbach 2018) © Torsten Reitz

Bei ihrem einzigen Deutschlandkonzert in diesem Jahr beweisen Deep Purple mit Hilfe ihrer Gäste Axel Rudi Pell und Navarone im SparkassenPark Mönchengladbach, dass sie zwar rüstig, aber noch keineswegs rostig sind.

Wer "inFinite", die jüngste Platte von Deep Purple, gehört und ihre bisherigen Auftritte im Rahmen ihrer “Long Goodbye“-Tour gesehen hat, konnte (und wollte) nicht glauben, dass es sich dabei wirklich um das letzte Aufbäumen der legendären Hardrocker handeln sollte. Zu gut und zu frisch klang die Band trotz ihres Alters live wie im Studio, um einfach heimlich, still und leise "Lebewohl" zu sagen.

Leise dürfte der Abschied bei einer Gruppe wie Deep Purple sowieso nicht vonstattengehen. Dafür haben sie die härtere Musikwelt einfach zu sehr geprägt, um sich ohne ein ebenso krachendes Finale zurückzuziehen. Deshalb ist es für die Fans der Band nicht überraschend, dass Deep Purple noch einmal für ein Konzert nach Deutschland zurückkehren.

Beste musikalische Unterstützung

Ausverkauft ist der Mönchengladbacher SparkassenPark trotz sommerlicher Temperaturen zwar nicht. Als aber Navarone zum Auftakt die Bühne betreten, sind dennoch bereits zahlreiche Zuschauer anwesend. Eine gute halbe Stunde lang heizt das einst von Golden Earring geförderte, niederländische Quintett dem Publikum mit zum Wetter passendem, staubtrockenem Stoner Rock ein.

Dann darf Lokalheld Axel Rudi Pell mit seiner Band um Frontröhre Johnny Gioeli und den früheren Rainbow-Drummer Bobby Rondinelli das Publikum etwa eine Stunde lang mit feinsten Hardrock-Klängen beglücken. Es entbehrt aber nicht einer gewissen Ironie, dass gerade Deep Purple den eingefleischten Ritchie Blackmore-Fan aus Bochum in ihrem Vorprogramm auftreten lassen.

Es geht auch ohne Blackmore

Jener "Mann in schwarz", dem Pell gefühlt Zeit seines Lebens nachgeeifert hat, ist bekanntermaßen seit etwa einem Vierteljahrhundert kein Teil mehr von Deep Purple. Mittlerweile scheinen aber die früheren Streithähne Ian Gillan und Blackmore ihren inneren Frieden gefunden zu haben. Seine alten Bandkollegen scheinen den früheren Saitenhexer jedenfalls nur selten vermissen.

Denn die inzwischen seit kurz nach der Jahrtausendwende bestehende Deep Purple-Besetzung aus Sänger Gillan, Gitarrist Steve Morse, Keyboarder Don Airey, Bassist Roger Glover und Drummer Ian Paice hat sich über die Jahre hinweg derart gut eingespielt, dass die Truppe auch ohne Blackmore und den zu früh verstorbenen Jon Lord in ihren Reihen live immer noch ein echtes Erlebnis darstellt.

Wilde Fahrt zum Start

Verglichen mit den letztjährigen "Long Goodbye"-Auftritten, wie etwa in Frankfurt, offenbaren sich in Mönchengladbach zahlreiche Gemeinsamkeiten. Gustav Holsts "Mars: The Bringer Of War" schickt die Band auf die Bühne, und das auf "Smoke On The Water" folgende Zugaben-Trio aus "Hush", Roger Glovers Bass-Solo und "Black Night" beendet den Abend. Alles beim Alten, könnte man nun meinen.

Nicht ganz, denn ein paar Änderungen gibt es anno 2018 schon: "Highway Star" hat sich seinen wohlverdienten Platz als Opener von "Time To Bedlam" zurückerobert. "Time To Bedlam" wiederum erklingt nun mitten im Konzert als Teil eines "inFinite"-Blocks. Zudem feiert mit "Sometimes I Feel Like Screaming" eine der wohl stärksten Nummern von Morses Band-Debüt "Purpendicular" seine Rückkehr ins Set.

Mehr (Gitarren-)Wirbel als zuvor

Ebenfalls wieder im Programm ist "Pictures Of Home", das den aktuellen "Long Goodbye"-Konzerten gemeinsam mit "Highway Star" einen deutlich stärkeren "Machine Head"-Anstrich verpasst. Weichen mussten dafür "Fireball", "Hell To Pay" und das "inFinite"-Stück "Johnny’s Band". "Knocking At Your Back Door", wie im Juni noch in Moskau, Kiev und Riga, gibt es allerdings nicht zu hören.

Ansonsten ist alles wie im Jahr zuvor geblieben: Die gesetzten Herren präsentieren sich spielfreudig wie eh und je, auch wenn man ihnen die vielen Jahre "on the road" natürlich hin und wieder anmerkt. Doch was aus den Boxen des SparkassenParks ertönt, dürfte Deep Purple-Fans wohl weiterhin begeistern – und Frontmann Ian Gillan besitzt zumindest immer noch das Charisma vergangener Tage.

Ende gut, alles gut

Allzu viele Gelegenheiten, die Band in dieser Form noch zu sehen, dürfte es nicht mehr geben. Das ist wohl den meisten Anwesenden bewusst, selbst wenn sich die ausgedehnte Abschiedstour inzwischen bereits im zweiten Jahr befindet: Gitarrist Steve Morse leidet seit geraumer Weile unter chronischer Arthritis und Drummer Ian Paice erlitt vor zwei Jahren einen Herzinfarkt.

Dafür schlagen sich die – mit Ausnahme von Morse – inzwischen allesamt über 70-jährigen auf der Bühne immer noch beachtlich. Sie gehen weiterhin mit einem Einsatz zu Werke, von der sich einige jüngere Bands eine Scheibe abschneiden könnten. Sollte dies also das letzte Hurra einer legendären Band gewesen sein, dann ist es auf jeden Fall ein Abschied mit Würde, den nicht jede Gruppe schafft.

Setlist

Highway Star / Pictures Of Home / Bloodsucker / Strange Kind Of Woman / Sometimes I Feel Like Screaming / Uncommon Man / Lazy / Time For Bedlam / Birds Of Prey / The Surprising / Don Airey Keyboardsolo / Perfect Strangers / Space Truckin‘ / Smoke On The Water // Hush / Roger Glover Bass-Solo / Black Night

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