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Iron Maiden (live in Freiburg 2018) © Torsten Reitz

Bei ihrem Konzert auf dem ausverkauften Messegelände in Freiburg begeistern Iron Maiden nicht nur mit einem hitgespickten Set und enormen Energielevel, sondern auch mit einer fulminanten, beinahe musicalhaften Show vor mythologischer Kulisse.

Zu Ufos "Doctor Doctor" betreten zwei Roadies in Camouflage-Anzügen die Bühne und entfernen mit militärischem Eifer die Stoffabdeckungen, die ein mit Tarnnetzen übersätes Bühnenbild freigeben. Es folgen die ersten Töne von "Aces High", ehe Steve Harris, Dave Murray, Adrian Smith und Janick Gers hinter einem roten Samt-Tuch hervorsprinten.

Eine riesige, aufblasbare Spitfire steigt hinter Schlagzeuger Nicko McBrain auf und schwebt über die Köpfe der Band. Mit einem Kamikazesprung landet kurz danach Bruce Dickinson auf der Bühne, der mit Fliegermütze und Fliegerbrille auch als Iron Maiden-Frontmann seine Nebentätigkeit als Pilot verkörpern darf.

Das Beast legitimiert

Es ist der Auftakt zu einer karriereumspannenden Metal-Show, an deren gut getimten, bombastischen Effekten Iron Maiden von der ersten Sekunde an keinen Zweifel aufkommen lassen. Im Gegensatz zur vorherigen Tour, die mit Fokus auf dem bis dato letzten Album "Book Of Souls" auch ihre schwächeren Momente hatte, steht die "Legacy Of The Beast"-Europatour ganz im Zeichen ihres Titels.

Mit jedem Song untermauern Iron Maiden ihren Anspruch auf den NWOBHM-Thron und lassen den fast 35.000 Metal-Fans auf dem ausverkauften Freiburger Messegelände kaum Zeit zum Durchatmen.

Lediglich zwischen "2 Minutes To Midnight" und "The Clansman" wendet sich Bruce Dickinson zum ersten und einzigen Mal an das Publikum und betont, wie wichtig Freiheit sei. Das wisse Deutschland nur zu gut. Er finde Freiheit meistens beim Fliegen "kleiner" Flugzeuge und die Geschichte eben jener Freiheit werde am besten durch Musik und Show erzählt.

Eddie vs. Wallace

Mit "The Clansman" folgt zunächst eine Aufbereitung der Geschichte des schottischen Freiheitskämpfers William Wallace, ehe Dickinson seinen eigenen Schwertkampf gegen das übergroße Bandmaskottchen Eddie austrägt.

Der Sänger schlüpft immer wieder in ganz unterschiedliche Rollen, wechselt sein Outfit noch häufiger als das Bühnenbild, während im Hintergrund aus Tarnnetzen erst griechische, dann christliche Mythologie aus Tempeln, Kathedralen und Feuerschlünden dargestellt wird.

Das hat in seiner visuellen Opulenz bisweilen Musical-Charakter. Es wirkt nur nicht so prätentiös, weil nicht jeder Schritt komplett durchchoreografiert scheint. Bis auf Schlagzeuger McBrain wetzen alle Bandmitglieder über die Bühne als wären sie um die dreißig, und nicht etwa doppelt so alt. Dagegen erscheinen die passablen Killswitch Engage im Vorprogramm beinahe müde.

Sie verfügen allerdings auch nicht über vergleichbare inszenatorische Mittel. Wenn etwa die Roadies in Tarnanzügen immer wieder die Handlanger der Maiden-Show spielen und für "The Troopers" Dickinson erst eine Deutschland-Flagge und dann den Union Jack reichen.

Fear of the Energy

Noch effektvoller und plakativer ist hierzulande dieses Jahr wohl nur bei Roger Waters‘ "Us And Them"-Tour aufgefahren worden. Während "Flight Of Icarus" hantiert Dickinson etwa mit einem Flammenwerfer, bei "Fear Of The Dark" mimt er den ominösen Nachtwächter, der mit Handlampe schelmisch über die große Brücke von einem zum anderen Bühnenrand spaziert.

Für das abschließende "Iron Maiden" klettert er so flink den Bühnenpfeiler hoch, als hätte noch niemand in seiner Band mit Nachdruck bewiesen, wie sehr sie energetisch im Saft steht.

Neben der gelungenen Show überzeugen die Briten aber gerade auch musikalisch. Dickinson präsentiert sich in bester stimmlicher Verfassung. Janick Gers gelingen neben seinen hanebüchenen Dehnübungen am Bühnenrand sämtliche Solos. Die Doppelleads mit Murray und Smith sitzen wie Arsch auf Eimer. Und Steve Harris, der einzige, der von der ersten Sekunde an bei Iron Maiden dabei war, treibt mit seinem galoppierenden Bassspiel alle vor sich her.

Run To The Top

Show, Musik, Energie und Fanchöre kulminieren dann in völliger Ekstase bei der dritten und letzten Zugabe "Run To The Hills", die mit etwas Feuerwerk den Schlusspunkt unter ein Metal-Musical setzt, das seinesgleichen sucht.

Die tadellose musikalische Performance rechtfertigt jedes noch so inflationäre Effektelement und formt ein stimmiges Gesamtbild einer Band, die inzwischen seit fast zwanzig Jahren ihren zweiten Frühling durchlebt.

Seit Bruce Dickinson und Adrian Smith nach ihrem zwischenzeitlichen Ausstieg für "Brave New World" 1999 zurückgekehrt sind, haben Iron Maiden nicht die besten Platten aufgenommen, aber ganz sicher die besten Shows ihrer Karriere gespielt. Die "Legacy Of The Beast"-Konzerte gehören womöglich sogar ganz nach vorne.

Setlist

Aces High / Where Eagles Dare / 2 Minutes To Midnight / The Clansman / The Trooper / Revelations / For The Greater Good Of God / The Wicker Man / Sign Of The Cross / Flight Of Icarus / Fear Of The Dark / The Number Of The Beast / Iron Maiden // The Evil That Men Do / Hallowed Be Thy Name / Run To The Hills

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