Fury in the Slaughterhouse (live in Mannheim, 2017) © Beatrix Mutschler
Es sei das kleinste Konzert ihrer Jubiläums-Tour, erklären Fury In The Slaughterhouse während ihres Auftritts beim Zeltfestival Rhein-Neckar.
Die Fans im Palastzelt auf dem Mannheimer Maimarktgelände interessiert das nicht sonderlich, sie sind bestrebt, ihre zahlenmäßige Unterlegenheit durch umso größeren Enthusiasmus wettzumachen.
Big in Hannover
Fury In The Slaughterhouse sind fraglos ein Phänomen – vor allem in Norddeutschland und ganz besonders in ihrer Heimatstadt Hannover, wo es ihnen gelingt, die TUI Arena drei Tage hintereinander zu füllen. Außerdem sind sie einer der ganz wenigen deutschen Acts, die mit englischsprachiger Musik einen Hit in den USA landen konnten.
Dennoch ist die Frage berechtigt, was nach 30 Jahren von der tief in den 1990ern verwurzelten Musik geblieben ist. Die Mehrzahl der Fans stammt jedenfalls aus diesem Jahrzehnt, obwohl sich auch jüngere Besucher in die Menge gemischt haben. Manche Besucher sind mit ihren Kindern gekommen, damit die sehen, zu welcher Musik Papa und Mama damals abgegangen sind. Da kann man musiktechnisch schlechtere Entscheidungen treffen.
Große Bandbreite
In den USA mögen Fury ein One-Hit-Wonder geblieben sein, aber wenn man 30 Lieder in geballter Form hört, dann stellt man sich die Frage, welche andere deutsche Band eigentlich so viele gute Songs in englischer Sprache geschrieben hat? Sicher, es gibt Aussetzer. Wie viele Besucher mögen "My Personal Everest" als Highlight empfunden haben, aber insgesamt spielen Fury kompetent gemachte Rockmusik, die nie peinlich ist.
Nicht zu unterschätzen ist auch die musikalische Bandbreite der Band. Von Balladen über Midtempo-Songs bis Abgeh-Mitmach-Rockern haben Fury alles in petto. Auch die akustischen Songs liefern Highlights, beispielsweise den Mitsing-Moment bei "Bring Me Home."
Zum Mitfeiern geeignet
Überhaupt: das Mitsingen. Insbesondere bei den großen Hits wie "Radio Orchid" lässt sich das Publikum nicht nehmen, lauthals der Band beizustehen. Das erwartete Highlight folgt bei "Won't Forget These Days", als das Publikum minutenlang den Refrain weiterführt und auch im weiteren Verlauf immer wieder anstimmt.
Aber Fury sind keine Mitgröhl-Band, sondern halten die Zuschauer durch geschickte Tempo- und Stimmungswechsel bei Laune. Sie bieten eine gut zusammengestellte, abwechslungsreiche Show, die nur wenige Längen oder Durchhänger aufweist. Dabei fordet die Hitze der Band einiges ab. Kai Wingenfelders hellblaues Hemd färbt sich im Lauf des Abends durch den Schweiß durchgehend dunkel.
Das Publikum nimmt die Angebote zum Mitfeiern dankbar an und erzeugt teilweise ohrenbetäubenden Lärm. Alle seit Jahrzehnten bekannten Mitmachmomente werden dankbar angenommen, aber dennoch gleitet die Show nie in billige Publikumsbespaßung ab. Im Verlauf einer zweieinhalbstündigen Show beeindruckt das durchaus.
Gutes Augenmaß
Im Vorlauf zum leider wieder hochaktuellen "Every Generation Got Its Own Disease" erzählt Kai Wingenfelder die Geschichte eines Fans, der sich in einer Email beschwerte, er habe ein Konzert erleben wollen und keine politische Propaganda-Show.
Abgesehen davon, dass der Vorwurf erkennbarer Quatsch ist, hat Kai Wingenfelder Recht, wenn er darauf beharrt, dass selbst 2% AfD-Wähler (wie in seinem kleinen Wohnort) zu viele sind. Auch in dieser Hinsicht haben Fury In The Slaughterhouse alles richtig gemacht.
Als Teil der drei Zugaben folgt die schönen Balladen "Down Here" und "Time To Wonder" und mit "30 Seconds To Fall" noch ein akustisches Highlight. Trotz der Hitze war es ein beeindruckend gutes Konzert.