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Depeche Mode (live in Frankfurt, 2017) © Peter H. Bauer

Die Konzerte von Depeche Mode sind frisch und zeitlos zugleich. Hinzugekommen ist 2017 eine verstärkte politische Botschaft. Am Ende stehen wie immer die großen Hymnen, die von den Fans seit Jahrzehnten frenetisch mitgefeiert werden - so auch in Frankfurt.

Mit dem neuen Album "Spirit" halten Depeche Mode der Welt gnadenlos den Spiegel vor. Mit gnadenloser Wucht donnert der Sound durch die Commerzbank Arena, als Depeche Mode die Bühne betreten.

Frenetisch bejubelt singt Dave Gahan in "Going Backwards" von einer Welt, die trotz ihrer technischen Weiterentwicklung innerlich leer bleibt. Zeilen wie "Armed with new technology / Going backwards to cavemen mentality" stehen für diesen seelenlosen Egoismus. 

Die Dunkelheit feiern – und überwinden

Das Gegenrezept liefert "So Much Love", das Dave Gahan förmlich herausschreit. Von den knallharten Beats angetrieben, wirbelt er unter dem Jubel des Publikums ekstatisch über die Bühne.

Weiter geht der schwere, dunkle Industrialsound, der wie Peitschenhiebe durch das Stadion knallt. "Barrel Of A Gun" geht zurück auf die dunkelste Zeit der Bandgeschichte von Depeche Mode Mitte der 1990er Jahre. Heute scheint sich Dave Gahan davon befreien zu wollen. Sein wildes Tanzen und sein legendäres Posing enden mit einigen lässigen Wischern der Hand über seine rechte Schulter, als wolle er die Last dieser Zeit entspannt abstreifen. Das Stadion tobt.

Großes Drama

Diese Inszenierung setzt sich bei "A Pain That I'm Used To" gnadenlos fort. Das Schlagzeug hämmert gewaltige Hiebe, während Martin Gore an der Gitarre seine Riffs hochdreht. Bei "Corrupt" treiben die Synthesizer die Melodie voran und der Sound rollt wie eine schwere Dampfmaschine durch das Stadion.

Der letzte Song dieser Art ist "In Your Room". Auf dem Videoschirm läuft ein Film über ein tanzendes Paar, das durch den Tanz scheinbar verschmilzt. Wieder entfesselt Dave Gahan mit seinen Gesten und seinen Bewegungen das große Gefühlsdrama. Er breitet die Arme aus, dreht sich mit dem Mikroständer um die eigene Achse und verbeugt sich schließlich vor dem erneut frenetisch klatschenden Publikum. 

Die große Leichtigkeit

Mit "World In My Eyes" ändert sich der Sound des Konzerts komplett. Die schweren Themen scheinen abgearbeitet, das Tempo zieht deutlich an. Die Klänge der Synthesizer treiben die Zuschauer zum Tanzen an, die Rufe und Bewegungen im Innenraum werden wilder und ausgelassener. Das Stadion ist auf dem Weg zur Ekstase. Die ist spätestens mit dem neuen Song "Cover Me" erreicht.

Die sphärischen Klänge untermalen die getragene Melodie, während die Bässe zitternd vibrieren. Martin Gore setzt kleine Akzente mit der Gitarre. Als Dave Gahan plötzlich die Rampe runter in den Innenraum rennt, kennen die Zuschauer kein Halten mehr. Ohrenbetäubender Jubel ist die Folge.

Nicht weniger gefeiert wird die folgende Akustikversion mit Martin Gore, nur begleitet vom Keyboard. Der Song "A Question Of Lust" erhält schon zur Songmitte Szenenapplaus. Diesmal kommt Martin Gore mit seinen Solotiteln besser an als noch 2013 beim letzten Stadionkonzert in Frankfurt.

Pure Emotion

Ein absolutes Highlight 2017 ist "Home". Martin Gore singt und lässt gleichzeitig seine Gitarre aufheulen. Als er schließlich über die Rampe runter ins Publikum geht, werden die Schreie immer wilder. Das Publikum singt und singt, angetrieben und dirigiert von Dave Gahan, einfach immer weiter, auch als der Song eigentlich schon vorbei ist. Es entsteht pure Gänsehaut, wenn derartig viel Energie und Emotionen im Spiel sind. 

Das ändert sich auch bei den zwei nächsten neuen Songs nicht. Bei dem eher schweren, melodischen "Poison Heart" schlägt der ganze Innenraum zum Rhythmus die Arme nach vorne und auch die Single "Where's The Revolution" peitscht mit ihrem Rhythmus die Zuschauer an.

Einfach nur Ekstase

Der energetische Level scheint nochmal eine Stufe zu steigen, als "Everything Counts" ertönt. Das Stadion klatscht frenetisch den Rhythmus mit. Martin Gore singt und spielt am Keyboard, während Dave Gahan über die Bühne tanzt und einfach nur den Song zelebriert. Als er schließlich samt Mikroständer nach vorne zum Rampenende im Publikum rennt, das Mikro ins Publikum hält und die Zuschauer eher mitschreien als mitsingen lässt, explodiert das Stadion in Ekstase.

Dem eher unauffälligen "Stripped" folgt die nächste Ekstase mit "Enjoy The Silence".  Das ganze Stadion singt, schreit, tanzt und tobt zu den Moves und Anfeuerungen von Dave Gahan, der es einfach versteht, diese Emotionen zu kanalisieren und zu lenken. Diese Welle geht direkt weiter mit "Never Let Me Down Again". Ein brachiales Lichtgewitter jagt durch das Stadion, die Powerrhythmen treiben an. Keine Band zelebriert ihre Shows derartig ekstatisch wie Depeche Mode.

Der letzte Ritt

Martin Gore setzt akustisch zu seinem zweiten Solo "Somebody" an. Auch diesmal wird er gefeiert, unterstützt von hunderten Lichtern der Smartphones. So illuminiert verleiht die Atmosphäre dem Song erneut große Emotionen. Das ganz große Theater entfaltet sich mit "Walking In My Shoes", Dave tanzt und das Publikum singt den Refrain. Ein kurzer Abknicker ist dann aber die Coverversion "Heroes" von David Bowie. Der Song passt nicht ins Stimmungsbild. Hier sollten Depeche Mode die Setlist für die anstehende Hallentour definitiv modifizieren.

Mit "I Feel You" steigt die Stimmung wieder an. Martin Gore und Dave Gahan rocken gemeinsam am Schlagzeug und Dave hält das Mikro direkt an die Trommel. Um die Ekstase endgültig auf die Spitze zu treiben, genügen vier Worte: "Reach out, touch faith!" Die Hochstimmung erreicht mit "Personal Jesus" noch einmal den absoluten Toplevel. Das Publikum feiert mit Depeche Mode eine gigantische Party. Dave Gahan treibt alle an, läuft von Seite zu Seite und das Stadion klatscht noch minutenlang weiter, als die Show eigentlich schon vorbei ist.

Könige der Live-Konzerte

Depeche Mode haben ihre Fans wieder einmal begeistert und glücklich gemacht. Diese seit über 30 Jahren gewachsene Beziehung zu ihren Fans ist so tief und emotional, diese Band kann einfach nicht enttäuschen. Die Engländer sind immer noch die Könige der Live-Konzerte. 

Setlist

Going Backwards / So Much Love / Barrel Of A Gun / A Pain That I'm Used To / Corrupt / In Your Room / World In My Eyes / Cover Me / A Question Of Lust / Home / Poison Heart / Where's The Revolution / Wrong / Everything Counts / Stripped / Enjoy The Silence / Never Let Me Down Again // Somebody / Walking In My Shoes / Heroes / I Feel You / Personal Jesus

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