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Eminem (live in Hannover, 2018) © jeremydeputat

Nach 15 Jahren steht Eminem endlich wieder auf einer deutschen Bühne. Getragen von diesem Gefühl feiern rund 75.000 Besucher den Superstar, obwohl die Show rund ein Drittel Anlaufzeit braucht, um endlich zu überzeugen.

Was waren das für Zeiten, als Eminem noch mit Eishockeymaske und Kettensäge auf der Bühne stand. Heute wirkt sein Auftreten normal: er scheint erwachsen geworden zu sein. Auch das Opening fällt ungewöhnlich unspektakulär aus. Der weiße Vorhang fällt, Eminem steht im blauen Trainingsanzug auf der Bühne und los geht die lang erwartete Show.

Genau diese Erwartung und Sehnsucht der Fans trägt den Anfang, denn die Atmosphäre ist alles andere als begeistert. Der Sound ist blechern und wird, wie sogar Fans im Publikum zugeben, total vom Bass überlagert. Erst ab "Kill You" wird es besser, weil Eminem zeitgleich auch endlich in den richtigen Rhythmus zu finden scheint.

Scharfe Rhymes

Mit "White America" gewinnen die Rhymes von Eminem deutlich an Schärfe, seine Worte klingen präziser und die Energie von der Bühne ergreift auch die Zuschauer, die bis dahin eher verhalten reagiert haben. Bei "Rap God" blitzt sein volles Können erstmals vollständig auf. Aber noch fehlt die Konstanz. Der große Durchbruch gelingt erst mit "Just Don't Give A Fuck".

Hunderte Mittelfinger, die in die Luft gestreckt werden, wippende Körper und eine energetische Welle der Extraklasse zeigen, warum Eminem in Bestform zum Superstar des Rap geworden ist. Diese unglaubliche Intensität, die sich auch bei "Criminal" von der Bühne ins Publikum walzt, entfaltet eine brachiale Wucht. Als mit "The Way I Am" auch endlich der Sound ermöglicht, die Instrumente der Band besser zu hören, geht das Konzert eigentlich erst richtig los. 

Pop oder Rap?

Auf dem neuen Album "Revival" befinden sich zwei Kollaborationen, die durchaus unterschiedliche Wirkung haben. Als Special Guest kommt Skylar Grey auf die Bühne, die mit Eminem gleich mehrere Songs singt. Ihre stimmliche Präsenz ist stark, vertritt sie zunächst Beyonce bei "Walk On Water" und später noch Rihanna beim älteren Song "Love The Way You Lie". Jedoch entzieht das in diesem Moment zu softe "Walk On Water" dem Konzert ein Stück weit die Energie, auch weil Eminem hier nicht seine Stärken aussspielt.

Besser gelingt dies beim zweiten neuen Song "River", den Eminem mit Ed Sheeran aufgenommen hat. Trotz der leicht poppigen Attitüde behält Eminem den Flow der Show aufrecht und wie auch das kraftvolle "Love The Way You Lie" passt das viel besser zu ihm und zur Show.

Highlights

Zwei Phasen des Konzerts bilden den besten Teil der Show. Zunächst das druckvolle "Berzerk", das mit nun klarem Bass und Eminem in beeindruckender Form seine ganze Energie maximal entfaltet. Die pure Power von "'Till I Colapse" und der nicht endende wollende Rhythmus von "Cinderella Man" zeigen einen Eminem, der alle Zuschauer mitreißt und komplett in seinen Bann zieht. Das ist der Eminem, für den die Fans aus ganz Deutschland, ja Europa angereist sind.

Als er "My Name Is" startet, kennt die Euphorie keine Grenzen mehr. Das Publikum flippt völlig aus. Eminem gibt Vollgas, die Energie erreicht das Maximum, die Zuschauer tanzen und springen in purer Ekstase. "Without Me" und "Not Afraid" werden noch garniert mit seinen drei deutschen Lieblingswörtern "Scheiße, Freifick und Muschi". Darauf haben seine Fans natürlich auch nur gewartet. Da ist er wieder, der kleine wilde Rüpel von einst.

Letzter Song

Der letzte Song "Lose Yourself" wird getragen von den Emotionen des besonderen Moments. Gleich ist es vorbei, dann ist er weg, vielleicht für immer oder zumindest für sehr lange Zeit. Das Party-Feeling erreicht seinen Höhepunkt. Raketen steigen in die Luft, Eminem improvisiert noch ein paar Moves und geht unter tosendem Applaus von der Bühne. Am Ende bleibt eine Show, die große Momente zu bieten hatte, in denen Eminem seine ganze Klasse gezeigt hat. Aber für ein herausragendes Konzert fehlt letztlich die Konstanz.

Zurück bleiben die Zuschauer, die einen beschwerlichen Heimweg über das unübersichtliche Messegelände antreten. Der Abtransport funktioniert nur schleppend, auch weil vielen Besuchern die Orientierung fehlt, wie sie zu den Haltepunkten Messe Ost, Messe Nord oder Messe Laatzen gelangen sollen. Wer so große Shows veranstaltet, sollte besser organisiert sein. Sonst wird aus Lust schnell Frust. 

Setlist

Medicine Man / Won't Back Down / 3 A.M. / Square Dance / Kill You / White America / Rap God / Sing For The Moment / Like Toy Soldiers / Forever / Just Don't Give A Fuck / Framed / Criminal / The Way I Am / Walk On Water / Stan / Love The Way You Lie / Berzerk / 'Till I Collapse / Cinderella Man / Fast Lane / River / The Monster / My Name Is / The Real Slim Shady / Without Me / Not Afraid // Lose Yourself

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