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Elton John (live in Mannheim, 2017) © Peter H. Bauer

Wie gut, dass der G20-Gipfel nicht in Mannheim ist. In der ausverkauften SAP Arena reißt Elton John mit seiner "Wonderful Crazy Night"-Tour das Publikum reihenweise von den Sitzen.

Schon mit den ersten Klängen ist klar, dass Elton John gekommen ist, um mit den Zuschauern in der mit 9000 Zuschauern gefüllten Mannheimer SAP Arena eine Party zu feiern. Los geht es mit den rockigen Songs "The Bitch Is Back" und "Bennie And The Jets".

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Im Innenraum stehen viele Zuschauer auf und jubeln – ein Muster, das sich das ganze Konzert wiederholen wird, bis am Ende auch die Zuschauer im Oberrang stehen und mittanzen.

Elton John lässt keine Zweifel aufkommen, dass er vom Publikum erwartet, möglichst viel Lärm zu machen. Immer wieder hebt er die Arme und fordert die Zuschauer mit weit aufgerissenem Mund auf, ihrer Begeisterung Luft zu machen. Seine Stimme ist in guter Form und er verbreitet prächtige Laune – von seiner schweren Erkrankung ist nichts mehr zu spüren.

Mein Bild mit Elton

Das Publikum ist relativ gemischt und besonders im Verhältnis zwischen Frauen und Männern ziemlich ausgewogen. Natürlich ist die Fraktion Ü-50 stark vertreten, aber es finden sich auch Eltern mit jugendlichen Kindern, junge Paare und Besucher mittleren Alters. Elton Johns Musik sorgt offensichtlich in gewissem Rahmen für generations- und geschlechter-übergreifenden Konsens.

Egal ob jung oder alt – ein Großteil der Besucher hat sich zum Ziel gesetzt, das Konzert mitzufilmen oder zumindest Bilder vom Mann am Klavier zu machen. Wer bis zu diesem Abend geglaubt hat, dieses Phänomen fände sich nur bei mehrheitlich von Teenagern besuchten Konzerten, wird hier eines besseren belehrt.

Die aktuelle Lage

Elton John ist kein politischer Musiker, aber er kann sich angesichts der kritischen Lage in vielen Teilen der Welt eines Kommentars nicht enthalten. Deshalb spielt er "I Want Love", das er Städten wie Paris, Manchester, Berlin und Orlando widmet, in denen in den letzten Jahren Terroranschläge Menschen sinnlos in den Tod gerissen haben.

Neben diesem relativ neuen Lied spielt Elton John auch zwei Lieder seine letzten Albums "Wonderful Crazy Night", die beide gut gelingen und auf gute Resonanz beim Publikum stoßen. Dazu trägt auch seine Band bei, die anfangs etwas arg metallisch klingt, aber im weiteren Verlauf des Abends jede Menge Energie versprüht, so dass die Show nie langweilig wird.

Back to the 1970s

Zu den schönsten Momenten des Konzerts zählen die Interpretationen von Liedern aus dem Frühwerk von Elton John (vor "Goodbye Yellow Brick Road"). Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Zuschauer Alben wie "Madman Across The Water" oder "Tumbleweed Connection" nicht kennen.

Das sollten sie ändern, denn Lieder wie "Levon" oder "Burn Down The Mission" besitzen nicht nur zeitlose Klasse, sondern zeigen auch, wie anspruchsvoll Elton John damals komponiert hat. "Rocket Man" mit einem epischen Piano-Intro ist jedenfalls ein Erlebnis.

Ein weiterer Höhepunkt des Abends ist "Tiny Dancer", ein fast vergessenes Lied, das durch die geniale Verwendung in "Almost Famous" wieder ins öffentliche Bewusstsein zurückgeholt wurde. Für eine erfreuliche Überraschung sorgt "Have Mercy On The Criminal", das Elton John nach eigenem Bekunden seit langer Zeit nicht mehr live gespielt hat. Auf jeden Fall ist es eine bessere Wahl als das eigentlich vorgesehene "Sorry Seems To Be The Hardest Word".

Unverschämte Ohrwürmer

Das reguläre Set endet mit einer Abfolge von Liedern, die die Stimmung immer weiter anheizen. Beim hymnischen "Don't Let The Sun Go Down On Me" erinnert Elton John an den verstorbenen George Michael, der mit ihm gemeinsam eine berühmte Interpretation dieses Lieds gesungen hat.

Es folgen so optimistische und lebensfrohe Lieder wie "I'm Still Standing" und "Crocodile Rock". Mit dem übermütigen "Saturday Night's Alright For Fighting" erreicht die Stimmung endgültig den Höhepunkt – und viele Zuschauer werden diesen unverschämten Ohrwurm in den nächsten Tagen nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Falls sie also gut gelaunte Menschen treffen, die dauernd "Saturday...Saturday" vor sich hinsingen – jetzt wissen sie, wo sie den Mittwochabend verbracht haben.

Setlist

The Bitch Is Back / Bennie and the Jets / I Guess That's Why They Call It the Blues / Take Me to the Pilot / Daniel / Looking Up / A Good Heart / Philadelphia Freedom / I Want Love / Tiny Dancer / Levon / Rocket Man / Have Mercy On The Criminal / Burn Down the Mission / Sad Songs (Say So Much) / Don't Let the Sun Go Down on Me / I'm Still Standing / Crocodile Rock / Your Sister Can't Twist (But She Can Rock'n'Roll) / Saturday Night's Alright for Fighting // Candle in the Wind

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