Die Musikhochschule Mannheim spielt für die Landesregierung nur die letzte Geige

Die Musikhochschule Mannheim spielt für die Landesregierung nur die letzte Geige © Haags Uitburo (CC BY-NC 2.0)

Die Landesregierung Baden-Württemberg plant dreihundert Studienplätze an der Musikhochschule Mannheim zu streichen. Im Gegenzug soll die Popakademie den Status einer vollwertigen Universität erhalten und mit den Resten der Musikhochschule fusionieren. Die Aufwertung der Popakademie darf aber auf keinen Fall mit der Zerstörung der Musikhochschule erkauft werden, zumal die geplante Fusion keine sinnvollen Ergebnisse verspricht.

Die Sparpläne der grün-roten Landesregierung für die fünf Musikhochschulen des Landes Baden-Württemberg könnten kaum ungerechter sein. Anstatt alle Musikhochschulen gleichermaßen in die Verantwortung zu nehmen, beabsichtigt die Landesregierung die beiden Musikhochschulen in Mannheim und Trossingen zu kastrieren. Die übrigen drei Hochschulen in Stuttgart, Freiburg und Karlsruhe lässt sie hingegen fast vollkommen unangetastet.

Keine Solidarität unter den Musikhochschulen

Die eigentliche Verantwortung für die katastrophalen Pläne liegt aber bei den drei Rektoren der Musikhochschulen Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart, die sich gegen ihre Kollegen aus Mannheim und Trossingen verbündet haben, anstatt sich untereinander solidarisch zu verhalten. Zu Recht sieht Armin Köhler, SWR2-Redaktionsleiter für Neue Musik/Jazz darin eine "erschreckend neue Qualität in der Auseinandersetzung".

Es ist offensichtlich die vehemente Absicht der drei Rektoren, ihre eigenen Institutionen möglichst unbeschadet zu erhalten. Von Einsparungen an den Standorten Karlsruhe, Mannheim und Stuttgart ist jedenfalls so gut wie keine Rede – nur etwa 60 Jazz-Studienplätze sollen aus Stuttgart nach Mannheim verlagert werden. Damit liefern die drei konspirativen Rektoren der Landesregierung nicht nur Rückendeckung, sondern schaden der Wissenschafts- und Musikkultur des ganzen Landes.

Nicht im Sinne des Rechnungshofs

Man muss sich vergegenwärtigen, dass die Professoren der fünf Musikhochschulen auf Lebenszeit berufen sind. Kann sich irgendwer vorstellen, dass Professoren aus Mannheim oder Trossingen mit Enthusiasmus an den drei anderen Standorten unterrichten? Falls nicht bald massenweise Pensionierungen anstehen, wird das Klima an den Musikhochschulen auf Jahre hinaus belastet. Institutionelles Vertrauen? Kooperative Zusammenarbeit? Vorbei!

Als der Rechnungshof seine "beratende Äußerung" abgab, hatte er nichts davon im Sinn. Sein Ziel bestand darin, die Ausgaben des Landes Baden-Württemberg für die Musikhochschulen ab 2015 bei knapp mehr als 40 Millionen Euro zu deckeln und damit ca. 5 Millionen Euro pro Jahr einzusparen. Daher schlug der Rechnungshof vor, Studienplätze an allen Standorten zu streichen, die bisherige Struktur der Musikhochschulen aber unangetastet zu lassen.

Landesregierung ignoriert Empfehlungen

Wörtlich erklärte der Rechnungshof: "Die Struktur der baden-württembergischen Musikhochschulen ermöglicht eine effiziente Führung und Verwaltung der einzelnen Hochschulen, forciert eine arbeitsteilige Schwerpunktbildung und Profilierung der Hochschulen und trägt zum kulturellen Leben auch in der jeweiligen Region bei." Die Entscheidungsträger haben diese Empfehlung ignoriert.

Die Reformpläne des Landes sind mit diesen Vorschlägen unvereinbar. Im Augenblick hat die Musikhochschule Mannheim 661 Studienplätze. Beim geplanten Wegfall von 300 Plätzen blieben knapp 300 übrig, darin sind aber 100 Studienplätze für Tanz enthalten.

Mit lediglich 200 verbleibenden Studienplätzen für Musik wäre die Musikhochschule Mannheim nur noch eine abbruchreife Ruine, die irgendwann geräuschlos beseitigt wird. Sachliche Gründe für diese Entscheidung existieren übrigens nicht. Es ist nicht zu erkennen, das aus diesem Kahlschlag Mannheim irgendeine Chance erwächst. Die Entscheidung nutzt nur den drei großen Standorten, die deshalb die Pläne auch mit Macht verteidigen.

Irreführung der Öffentlichkeit

Die Situation der Stadt Mannheim in dieser Frage wird durch die Existenz der Popakademie verkompliziert. Clever verkauft die Landesregierung die Pläne als Fusion zwischen Popakademie und Musikhochschule. Damit führt sie jedoch nur die Öffentlichkeit in die Irre, denn es ist äußert fraglich, ob es möglich ist, aus der Popakademie und den zusammengeworfenen Resten der zerschlagenen Musikhochschule Mannheim eine funktionsfähige Institution zu schaffen.

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Die Stärke der Popakademie liegt in ihrer Flexibilität, in ihrer Möglichkeit durch raschen Wandel auf Veränderungen des schnelllebigen Geschäfts der populären Musik zu reagieren. Sie ist in dieser Form in Deutschland einzigartig und daher flexibel, anpassungsfähig, schnell.

Die Musikhochschule steht hingegen in der Tradition der abendländischen Musikwissenschaft und verfügt daher über einen ganz anderen kulturellen Hintergrund, obwohl zahlreiche Berührungspunkte vorhanden sind.

Zwei unterschiedliche Institutionen

Beide Formen in einer Institution zu vereinen ist kaum möglich. Zu unterschiedlich sind Ziele und Ansprüche: Lehrerausbildung, Wissenschaft und die Ausbildung zum Sänger bzw. Instrumentalisten auf der einen Seite – die Entwicklung von popkulturellen Konzepten, deren Vermarktung und die Erlernung spezifischer Spielregeln des Popgeschäfts auf der anderen.

Wie soll der kleinste gemeinsame Nenner aussehen?

Die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer erklärte kürzlich, dass das bewährte Modell der Popakademie auch nach der Fusion erhalten bleiben soll. Das geht nur, wenn man die Musikhochschule komplett abschafft – oder wenn man beide Institutionen getrennt voneinander in funktionsfähiger Form erhält, was nicht ausschließt Kooperationen in bestimmten Bereichen zu schaffen.

Kein Kuhhandel auf dem Rücken der Musikhochschule

Man kann nachvollziehen, dass die Verantwortlichen der Popakademie mit den Reformplänen des Landes zufrieden sind. Ihnen geht es um die langfristige Finanzierung ihrer eigenen Institution. Die Erhebung der Popakademie in den Rang einer Universität ist aber kein "Geschenk", mit dem die Zerstörung der Musikhochschule Mannheim erkauft werden kann.

Dass Kultusministerin Theresia Bauer die Fusion der Popakademie mit der Musikhochschule als Geschenk des Landes zum zehnjährigen Bestehen bezeichnete, zog selbst beim offiziellen Empfang der Popakademie Kopfschütteln und ungläubige Kommentare nach sich. Hier soll offensichtlich ein ungenießbarer Eintopf schmackhaft gemacht werden. 

Es kann und darf nicht sein, dass die Stadt Mannheim dafür bestraft wird, dass einige kluge Köpfe vor zehn Jahren die Idee zur Gründung der Popakademie hatten.

Insofern gilt es jetzt klarzustellen, dass Mannheim beides will: die dauerhafte Finanzierung der Popakademie und die Erhaltung der Musikhochschule im vom Rechnungshof angeregten Rahmen. Für dieses Ziel sollten alle Mannheimer Institutionen einschließlich der Stadt solidarisch eintreten.

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