Nibelungen-Festspiele

Nibelungen-Festspiele © Bernward Bertram

Die Nibelungen-Festspiele starten neu durch. Mit Nico Hofmann, einem der erfolgreichsten und renommiertesten deutschen Filmproduzenten, haben die Festspiele einen hochkarätigen Nachfolger von Dieter Wedel als neuen Intendanten gewonnen. Vor der Kulisse des Wormser Doms präsentiert er ein Stück von Albert Ostermaier. "Gemetzel" ist der erste Teil einer Trilogie, die das mittelalterliche Heldenepos einmal ganz anders erzählt.

Metropolregion Rhein-Neckar: Herr Hofmann, in Ihren Produktionen haben Sie sich immer wieder mit der deutschen Geschichte befasst. Was begeistert Sie an der germanischen Heldensage?

Nico Hofmann: Der Nibelungenstoff ist die Ursuppe der großen dramaturgischen Ideen dieses Landes Deutschland. Vieles, was wir inhaltlich bewegen, dramaturgisch oder auch im Fernsehbereich, hat seine Ursprünge in der Nibelungensaga. Der Stoff ist archaisch und von einer Vielschichtigkeit, aus der man viele Ebenen herausziehen kann. Mich faszinieren die Frauenbilder unendlich. Bei längerer Beschäftigung finde ich diese mindestens so interessant wie die Männerwelt. Im Grunde ein Stoff, den man zigfach interpretieren kann. Das Spannende für Ostermaier und uns ist, jedes Jahr aufs Neue einen anderen Fokus zu entdecken.

Metropolregion Rhein-Neckar: Wird es im neuen Stück von Albert Ostermaier Aktualisierungen oder Bezüge zur Gegenwart geben?

Nico Hofmann: Die Sehnsucht des jungen Ortlieb, Kriemhilds und Etzels Sohn, nach Geborgenheit und Familie trifft auf Zerstörung, Betrug und Egomanie. Das hat leider viel mit der gegenwärtigen Lage auf der Welt zu tun. Ostermaier inszeniert das als Warnung abgefasste Nibelungenlied auch als Antikriegsstück, als Antwort auch auf die Rezeptionen des Stoffes bei Fritz Lang bis hin zur US-amerikanischen Fantasy-Serie "Game of Thrones".

Metropolregion Rhein-Neckar: Was gefällt Ihnen an Ostermaiers Nibelungen-Fassung?

Nico Hofmann: Die Idee von Albert Ostermaier, die Nibelungengeschichte aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen, hat mich begeistert. Das Thema in seiner ganzen Komplexität wird durch die triologische Gliederung neu beleuchtet.

Metropolregion Rhein-Neckar: Inwiefern ist die Dom-Kulisse etwas Besonderes?

Nico Hofmann: Der Dom und der Heylshof bilden einen magischen Ort, der nach der Auseinandersetzung mit dem Nibelungenmythos ge­radezu schreit.

Metropolregion Rhein-Neckar: Dass ein erfolgreicher Filmproduzent in die Theaterwelt eintaucht, ist eher ungewöhnlich …

Nico Hofmann: Meine Anfänge als Filmemacher sind eng mit dem Theater verbunden. Meine ersten Filme entstanden gemeinsam mit Schauspielern des Mannheimer Nationaltheaters. Enge Beziehungen hatte ich auch zum Heidelberger Theater in der Ära Peter Stoltzenberg, der ein enger Freund der Familie ist. Und in München hospitierte ich während meiner Filmhochschulzeit – durch Vermittlung Stoltzenbergs – bei Dieter Dorn an den Kammerspielen. Die Liebe zum Theater ist geblieben. Und schließlich entdecke ich ja auch für den Film die Schauspieler am Theater.

Metropolregion Rhein-Neckar: Was werden Sie anders machen als Ihr Vorgänger Dieter Wedel?

Nico Hofmann: Dieter Wedel hat Worms groß gemacht und mit Dieters Engagement sind die Nibelungenfestspiele zu einer deutschlandweiten Attraktion geworden. Der große Unterschied ist, dass ich die Intendanz wirklich als Intendanz begreife. Dieter Wedel, den ich sehr schätze, hat in Personalunion Regie, Buch und Intendanz kreativ gemanagt. Ich habe das auf mehrere Schultern verteilt. Das beginnt mit der Berufung von Thomas Schadt als künstlerischem Leiter und der Wahl von Albert Ostermaier als Autor. Ich setze sehr stark auf die Qualität meines Teams und auch auf den Nachwuchs, den wir gerade durch einen Autorenwettbewerb ansprechen wollen.

Metropolregion Rhein-Neckar: Mit dem Regisseur Thomas Schadt, dem Autor Albert Ostermaier, dem Bühnenbildner Aleksandar Denic und dem Choreografen Ted Stoffer haben Sie anerkannte Theatermacher gewonnen. Welche Qualitäten bringen sie ein?

Nico Hofmann: Thomas Schadt ist ein herausragender Regisseur, mit dem ich bereits bei mehreren Filmprojekten zusammengearbeitet habe. Ich vertraue seiner künstlerischen Arbeit sehr. Er wird für das Stück "Gemetzel" von Albert Ostermaier eine eindrucksvolle Bildersprache finden. Großartig ist, dass wir Aleksandar Denic von uns überzeugen konnten, der gerade den Deutschen Theaterpreis "Faust" in der Kategorie "Bühne/Kostüm" gewonnen hat. Er hat sich den Wormser Dom angesehen und war so begeistert, dass er uns trotz seiner zahlreichen Verpflichtungen zusagte. Mit Ted Stoffer konnten wir einen international anerkannten Choreografen verpflichten, der uns bei unseren neuen szenischen Tanzideen hervorragend unterstützen wird. Denn erstmals wird bei den Nibelungen-Festspielen auch zeitgenössischer Tanz zu sehen sein.

Metropolregion Rhein-Neckar: Sie sind ja in Mannheim aufgewachsen und kennen von daher Worms und seinen Dom. Hat das Ihre Entscheidung beeinflusst, die Intendanz zu übernehmen?

Nico Hofmann: Ich habe eine Beziehung zu Worms. Ich selbst komme aus Mannheim. Viele Menschen entdecken ihre Liebe zu Mannheim auch erst auf den dritten oder vierten Blick, das ist wahrscheinlich bei Worms ähnlich. Ich kann nur sagen, die Spielstätte vor dem Dom, der Heylshof und die anderen historischen Stätten haben ihre ganz eigene Magie. Ich bin gerne in der Region und möchte ihr etwas zurückgeben. Man ist doch Kind der Region. Ich bin aufgewachsen zwischen Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen, Speyer, Worms, Neustadt und der Pfalz. Mein Freundeskreis ist seit 30, 40 Jahren überall hier verstreut. Jetzt für die Region eine Verantwortung zu übernehmen, nachdem ich mich teilweise gleichzeitig auch stark für die "Kulturhauptstadt Mannheim 2020" und Oberbürgermeister Peter Kurz engagiert habe, war etwas Konkretes, das ich gestalten kann und das wir jetzt mit Freude angehen.

Dieses Interview ist dem Magazin "Die Festivals", einer gemeinsamem Broschüre des Netzwerks der Top-Festivals der Kulturregion Rhein-Neckar entnommen. Das Magazin zu den Festivals und weitere Publikationen zur Metropolregion Rhein-Neckar können hier bestellt werden.

Nibelungen-Festspiele 2015 in Worms