Die vier Geschäftsführer von BB Promotion: Jörn Meyer, Ralf Kokemüller, Andree Kauschke und unser Gesprächspartner Matthias Mantel

Die vier Geschäftsführer von BB Promotion: Jörn Meyer, Ralf Kokemüller, Andree Kauschke und unser Gesprächspartner Matthias Mantel © Thommy Mardo

BB Promotion zählt zu den größten Konzertagenturen Europas. Gegründet wurde die Firma im Jahr 1987 durch Michael Brenner, der 2011 bei einem Unfall verstarb. Matthias Mantel, ein Mitarbeiter der ersten Stunde, ist heute einer der vier Geschäftsführer von BB Promotion. Wir sprachen mit ihm über die Schwierigkeit Publikumserwartungen zu erfüllen, die Ursachen der beständig steigenden Ticketpreise und die Frage, warum bei Konzerten nicht gebuht wird.

regioactive.de: Wenn Sie sich an die Anfänge von BB Promotion erinnern, was waren die ersten großen Projekte, die sie gestemmt haben?

Matthias Mantel: Michael Brenner hatte schon vor meinem Einstieg, mit der Vorgängerfirma der BB Promotion GmbH damit begonnen, Konzerte und Shows in Mannheim zu veranstalten. Wir begannen mit Ballett-Veranstaltungen, darunter Rudolf Nurejew und nach kurzer Zeit kamen die ersten Musicals: Evita und A Chorus Line.

regioactive.de: Musicals waren in Deutschland ja durchaus umstritten, Michael Brenner und Sie haben dazu beigetragen das zu ändern.

Matthias Mantel: Es wusste damals kaum jemand, was ein Musical ist, da es in Deutschland nur wenige gab. Einige Jahre zuvor wurde „Cats“ zum ersten Mal in Wien aufgeführt, 1986 folgte es dann in Hamburg durch Herrn Kurz, aber nur wenige haben verstanden, wie man ein Musical angemessen inszeniert. Da haben wir echte Basisarbeit geleistet.

"Die Zuschauer erwarten eine gelungene Veranstaltung"

regioactive.de: Sie sind aber primär nicht für Musicals, sondern für die lokalen Veranstaltungen bei BB Promotion zuständig. In den letzten Jahren haben Sie in Mannheim Konzerte von Weltstars wie Bob Dylan, The Police, Roger Waters, Pink, Depeche Mode und jüngst Leonard Cohen veranstaltet. Wie stellt sich die Aufgabe eines Promoters dar, um solche Stars zu präsentieren?

Matthias Mantel: Zunächst muss man die Tourneeveranstalter „überreden“, dass die Künstler oder die Bands hierher in die Metropolregion Rhein-Neckar kommen. Dann muss man einen geeigneten Spielort finden, den Ticketverkauf und die Werbung organisieren und für einen reibungslosen Ablauf am Konzertabend sorgen. Die Besucher haben für einen schönen Abend bzw. eine gelungene Veranstaltung ihr Geld ausgegeben und können das dann auch erwarten.

regioactive.de: Wie haben sich die Erwartungen der Leute an ein perfektes Konzert im Lauf der Jahre verändert?

"Manchmal schreiben Zuschauer während des Konzerts Beschwerde-Mails"

Matthias Mantel: Die Technik hat sich natürlich enorm weiterentwickelt. Dinge, die vor 10 oder 15 Jahren neu und innovativ waren, zählen heute zum Standard. Die Ansprüche an die Akustik haben sich auch stark erhöht. Das einzige Thema in der Maimarkthalle war der schlechte Sound, was an der Halle lag. Die SAP Arena verfügt hingegen über eine entsprechende Dämmung sowie bautechnische Umsetzungen, die für sehr gute akustische Eigenschaften sorgen. Und die Zuschauer erwarten das auch.

regioactive.de: Wenn die Erwartungen nicht erfüllt werden, lassen die Zuschauer Sie das wissen?

Matthias Mantel: Es kommt durchaus vor, dass Zuschauer noch während des Konzerts Emails schreiben, wenn ihnen Dinge nicht passen. Ob das korrekt ist oder nicht, ist ihnen erst einmal nicht so wichtig.

regioactive.de: Sie erhalten also auch häufig Kritik, die Sie nicht nachvollziehen können?

Matthias Mantel: Das kommt gelegentlich vor.

regioactive.de: Was kritisieren die Leute?

Matthias Mantel: Alles. Manche stören sich daran, dass die Straßenbahn voll ist. Andere sind der Auffassung, dass das Bier in der Halle zu warm ist. Wieder andere betrachten es als Unverschämtheit, dass der Künstler das Publikum nicht angesprochen hat oder dass das Lieblingslied nicht gesungen wurde.

regioactive.de: Es werden also auch Dinge kritisiert, die Promoter nicht beeinflussen können?

Matthias Mantel: Ja. Ich habe beispielsweise wenig Einfluss darauf, ob die Straßenbahn voll ist oder nicht. Ich kann höchstens bei den Verkehrsbetrieben anfragen, ob sie künftig zwei Bahnen anstatt einer schicken.

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"Bei Konzerten herrscht eine spezielle Stimmung"

regioactive.de: Bei Theater- oder Operninszenierungen hört man häufig davon, dass lautstark gebuht wird – wieso passiert das eigentlich bei Konzerten nicht?

Matthias Mantel: Die meisten Konzertbesucher sind an einem Gemeinschaftserlebnis mit Gleichgesinnten interessiert. Es kommt selten vor, dass Besucher auf Verdacht 50 oder 100 Euro für eine Karte ausgeben, ohne den Künstler oder die Band zu kennen. Deshalb ist die Stimmung bei Konzerten fast immer eine ganz spezielle, die mit anderen Veranstaltungen nicht unbedingt zu vergleichen ist. Im Theater ist jede Inszenierung anders, jeder Regisseur setzt andere Akzente. Wenn ein moderner Regisseur eine Oper in eine andere Zeit versetzt, die das Stück hergibt oder er der Meinung ist, dass es diese tut, dann überrascht es nicht wenn die Theaterbesucher buhen, wie z.B. vor kurzem bei der Tannhäuser-Inszenierung in Düsseldorf.

regioactive.de: Die Inszenierung wurde ja sogar abgesetzt bzw. nur noch konzertant aufgeführt.

Matthias Mantel: Das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Ich verstehe auch nicht, weshalb Leute bis zum Schluss der Aufführung sitzen bleiben, um sich anschließend in ärztliche Behandlung zu begeben. Wenn mir etwas nicht gefällt, dann muss ich leider vorher gehen und bleibe nicht noch drei Stunden sitzen. Wagner-Opern sind ja auch nicht gerade kurz…

"Ich habe keinen Einfluss auf die künstlerische Umsetzung"

regioactive.de: Würden Sie eine Veranstaltung wegen Buhrufen absetzen?

Matthias Mantel: Ich habe keinen Einfluss auf die künstlerische Umsetzung – das ist die freie Entscheidung des Künstlers. Wenn Bob Dylan oder Pink „Thrash-Metal-Versionen“ ihrer Stücke spielen würden, könnte ich daran auch nichts ändern. Wenn man das nicht mag, muss man überlegen, ob man beim nächsten Mal nochmal hingeht. Es wäre auch schwer das abzusetzen, da das Konzert ja nur heute Abend hier aufgeführt wird, der Tourneetross ist morgen in einer anderen Stadt.

regioactive.de: Die neuen modernen Hallen haben dazu geführt, dass die Produktionen immer aufwändiger und dadurch teurer werden. Gleichzeitig sind die Ticketpreise in den vergangenen Jahren, auch unter Berücksichtigung der Inflation, sehr stark gestiegen. Ist das die Folge des enormen technischen Aufwands?

Matthias Mantel: Das spielt sicherlich eine Rolle. Dazu kommt allerdings auch, dass alles teurer geworden ist. Angestellte und Arbeiter wollen auch höhere Löhne, Preise für Anzeigen und Werbung steigen und das müssen wir auch auf den Ticketpreis umlegen. Aber ein Teil der Kosten ist auch auf die Forderungen der Künstler zurückzuführen.

regioactive.de: Künstler verkaufen weniger CDs und fordern daher mehr Geld für Livekonzerte?

Matthias Mantel: Wenn sie an einer Stelle weniger Einnahmen generieren, dann suchen sie natürlich nach Möglichkeiten, das an anderer Stelle zu kompensieren. Das geschieht momentan auch bei den Livekonzerten. Solange die Nachfrage vorhanden ist, wird das auch weitergehen. Teilweise werden Karten bei ebay für den doppelten oder dreifachen Preis gehandelt und auch gekauft – und das obwohl normale Karten noch bei den Vorverkaufsstellen erhältlich sind. Das bemerken natürlich auch die Bands und können in Versuchung geraten noch höhere Preise zu verlangen.

"Die Ticketpreise stoßen an ihre Grenzen"

regioactive.de: Der Trend nach oben ist also ungebrochen?

Matthias Mantel: Er erreicht seine Grenzen. Irgendwann ist Schluss. Es gab schon Bands, die es überreizt haben und die Preise reduzieren mussten.

regioactive.de: Die Rolling Stones?

Matthias Mantel: Zum Beispiel.

regioactive.de: In L.A. haben die Stones es nicht geschafft an einem Freitagabend eine 18.000 Plätze umfassende Halle zu füllen, so dass der Veranstalter teilweise 600$-Karten für 85$ verkaufen musste. Ist damit das Ende der Fahnenstange erreicht?

Matthias Mantel: Das weiß ich nicht. In anderen Städten hat es ja wieder funktioniert. Es kommt eben darauf an, ob die Zuschauer bereit sind, diese Preise zu bezahlen und in L.A. waren sie es aus welchen Gründen auch immer nicht.

regioactive.de: Angenommen Sie würden ein Konzert der Rolling Stones in der SAP-Arena veranstalten: Mit welchen Ticketpreisen würden Sie rechnen? 200 Euro und mehr? Kann man das in Deutschland verlangen?

Matthias Mantel: Ich weiß nicht, ob sie in der SAP-Arena spielen würden, aber ich würde für diesen Fall mit noch höheren Preisen rechnen. Es kommt aber darauf an, wie viele Shows die Rolling Stones in Deutschland spielen – ob sie nur ein- oder zweimal auftreten oder zehn Konzerte im ganzen Land spielen. In letzterem Fall dürfte es schon schwieriger werden.

"Ich habe so gut wie alle Highlights erlebt – außer ABBA"

regioactive.de: Angenommen Sie veranstalten ein großes Konzert und der Ticketverkauf ist enttäuschend. Reduzieren Sie die Preise um 50%, damit Sie die Halle wenigstens einigermaßen füllen oder belassen Sie es bei der ursprünglichen Kalkulation?

Matthias Mantel: Ich kann die Ticketpreise nicht reduzieren, weil sich diejenigen betrogen fühlen würden, die ihre Karten als erste gekauft haben.

regioactive.de: Es ist die Frage, ob die Zuschauer sich betrogen fühlen.

Matthias Mantel: Ich gehe davon aus. Wenn ich mir frühzeitig eine Karte kaufe und erfahre vier Wochen vor dem Konzert, dass die übrigen Tickets quasi verschenkt werden, dann würde ich den Veranstalter fragen, was das soll.

regioactive.de: Sie könnten die Karten ja auch verlosen.

Matthias Mantel: Man muss aber überlegen, welches Signal man damit aussendet. Beim nächsten Mal entschließen sich die Leute bis kurz vor der Veranstaltung zu warten, weil sie darauf spekulieren, die Karten billiger zu erhalten. Man kann bei den Vorverkaufsstellen ja sehen, wie viele Karten für die Veranstaltung noch verfügbar sind. Es wäre dann naheliegend, bei nicht ausverkauften Konzerten darauf zu hoffen, dass die Preise kurz vor dem Konzert reduziert werden, aber ob das gemacht wird, ist eine andere Frage.

regioactive.de: Gibt es Künstler, die Sie gerne noch präsentieren würden?

Matthias Mantel: Ich bin seit dreißig Jahren in diesem Geschäft und habe so gut wie alle Highlights veranstaltet oder gesehen. Aber auch für mich war es ein besonderes Erlebnis die Reunion-Tour von „The Police“ in Mannheim durchgeführt zu haben. Die „The Wall-Produktion“ von Pink Floyd habe ich damals nicht gesehen, sehr wohl aber die aktuelle Tournee von Roger Waters mit „The Wall“. Wie sicherlich viele meiner Generation fasziniert mich der Gedanke, ein Konzert von ABBA erleben zu können, aber dazu wird es wohl nicht kommen.

regioactive.de: Herr Mantel, herzlichen Dank für das Gespräch!

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