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Das von Michael Wiegand geleitete Café Central wird in diesem Jahr "volljährig". © Michael Wiegand

Michael Wiegand leitet das Café Central in Weinheim, das sich seit seiner Eröffnung im Jahr 1995 zu einem der besten Clubs in der Rhein-Neckar-Region entwickelt hat. Wir sprachen mit ihm über die Geschichte des Cafès, sein Engagement für Newcomer und die bevorstehenden Feiern zur Volljährigkeit.

regioactive.de: Herr Wiegand, wie kam es dazu, dass Sie Musikevents veranstalten?

Michael Wiegand: Ich komme aus Mörlenbach im Odenwald, wo in meiner Jugendzeit eine Szene von Bands und Musikern bestand, die sich im lokalen Proberaum traf. Wir haben dann damit begonnen, Partys in Grillhütten zu veranstalten und damit erste Erfahrungen mit der Organisation von Veranstaltungen gesammelt.

Selbsthilfe im Odenwald

regioactive.de: Es fällt auf, dass es im Odenwald viele Bands und auch viele kleine Festivals gibt. Woran liegt das?

Michael Wiegand: Der Grund sind vermutlich die dörflichen Strukturen. Man hat als Jugendlicher nicht so viele Ausgehmöglichkeiten wie ein Städter, also muss man sich mehr darum kümmern, selbst etwas auf die Beine zu stellen.

regioactive.de: Mit anderen Worten: die geringere Zahl der Ausgehmöglichkeiten fördert die Selbstorganisation?

Michael Wiegand: Auf jeden Fall. Außerdem bekommt man dort häufig leichter bezahlbare Proberäume als in der Stadt, wo man gleich an kommerzielle Anbieter gerät. Wir haben damals beispielsweise einen alten Hühnerstall ausgebaut und dafür natürlich wenig Miete bezahlt. Solche Möglichkeiten gibt es dort einige.

Die Sache eskaliert

regioactive.de: Wie kam es dazu, dass Sie beim Café Central eingestiegen sind?

Michael Wiegand: Das Café Central hieß früher Café Juland und war ein selbstverwaltetes Jugendzentrum, von denen es früher viele in der Region gab. Das Café Juland schloss 1993 und eröffnete 1995 neu unter der Leitung des Sozialpädagogen Karl Kempf als Café Central. Kempf hat damals meinen Kollegen Michael Zeiss und mich gebeten, einzusteigen, weil er wusste, dass wir Erfahrungen mit der Organisation von Partys hatten und uns in der Musikszene auskannten. Das war der Anfang und dann ist es eskaliert. (Gelächter)

regioactive.de: Wie ist es denn eskaliert?

Michael Wiegand: Wir haben Bands gebucht, genauer gesagt haben wir es versucht, denn gerade in der unmittelbaren Anfangszeit war das nicht einfach.

regioactive.de: Am Anfang war die Skepsis also groß? Weinheim liegt so verführerisch zwischen Mannheim und Heidelberg, aber man hat Ihnen nicht getraut, wirklich etwas auf die Beine zu stellen?

Skeptische Bands, starke Konkurrenz

Michael Wiegand: In der Tat haben die Bands erst einmal abgewartet und uns skeptisch beäugt. Sie wollten wissen, ob unsere Anlage etwas taugt und sie etwas Vernünftiges zum Essen bekommen. Dazu kam, dass viele große Bands her in etablierten Clubs gespielt haben und wir uns erstmal beweisen mussten.

regioactive.de: Wie ist es Ihnen gelungen, das Ruder herumzureißen?

Michael Wiegand: Wir haben vornehmlich kleinere, lokale Bands engagiert, die bereits im Cafe Juland gespielt hatten. Nach und nach haben wir uns einen Namen gemacht und in der Szene etabliert, bis auch größere Bands bei uns auftreten wollten. In den folgenden Jahren sind meine Kollegen ausgeschieden, weshalb ich das Café Central seit 1998 alleine leite.

regioactive.de: War das ein finanzielles Wagnis?

Michael Wiegand: Anfangs habe ich meinen regulären Job behalten. Als ich mit dem Café Central mein Hobby zum Beruf machte, meinen Job aufgab und auf diese Einnahmen verzichten musste, war es anfangs nicht leicht.

Ein Wagnis als Beruf

regioactive.de: Sie haben also etwas gemacht, von dem man jedem abraten würde. Sie haben eine vermeintlich sichere Existenz gegen den unsicheren Beruf des Clubbetreibers eingetauscht?

Michael Wiegand: Ja, so kann man das sagen. (Gelächter)

regioactive.de: Das Café Central ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Erhalten Sie Unterstützung von Seiten der Stadt Weinheim?

Michael Wiegand: Träger des Café Centrals und Besitzer des Hauses ist immer noch der Stadtjugendring. Ich erhalte aber keine direkte finanzielle Unterstützung von der Stadt. Wenn ich Bands buche, die niemand sehen will, bin ich weg vom Fenster.

regioactive.de: Ist das ein ständiger Ritt auf der Rasierklinge?

Michael Wiegand: Inzwischen nicht mehr, da sich das Café Central längst etabliert hat.

Engagement für Newcomer

regioactive.de: Newcomerbands haben beim Café Central seit jeher eine wichtige Rolle gespielt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Michael Wiegand: Richtig, ein fester Bestandteil unseres Programms ist das Newcomerfestival, wo teilweise Bands auftreten, die zum ersten Mal auf einer Bühne stehen. Viele Newcomerbands spielen auch als Vorgruppe von größeren Acts. Die lokale Szene zu fördern ist mein persönliches Anliegen. Durch die jahrelange Arbeit sind viele Bandfreundschaften entstanden und es hat sich eine Art Bandpool gebildet, auf den wir immer wieder zurückgreifen.

weiterlesen: „Endlich Volljährig! 18 Jahre Cafe Central“, das Programm

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Engagement für Newcomer

regioactive.de: Wie wählen Sie die Bands aus?

Michael Wiegand: Kommerzielle Aspekte spielen natürlich eine wichtige Rolle, das Café Central muss ja weiterbestehen. Aber ich möchte auch ein Programm bieten, das etwas für mich bietet. Daher buche ich gelegentlich auch Bands, die ich schätze und unterstützen will, obwohl ich weiß, dass sie den Laden nicht füllen. Dafür habe ich meinen Spaß.

regioactive.de: Was ist das Ergebnis der langjährigen Verbundenheit zwischen Bands und Veranstalter?

Michael Wiegand: Wenn Bands den Durchbruch geschafft haben und mit unserer Arbeit als Veranstalter zufrieden sind, dann organisieren wir auch Konzerte in größeren Locations. Als aktuelle Beispiele gibt es Cro oder Kraftklub, die zuerst im Café aufgetreten sind und jetzt im Maimarktclub vor 2500 Leuten spielen.

Ausgefallene Wünsche

regioactive.de: Was muss ein guter Veranstalter können?

Michael Wiegand: Er muss den Bands für die wenigen Stunden ihrer Anwesenheit ein Zuhause schaffen. Sie sollen sich wohlfühlen, für ihr leibliches Wohl muss gesorgt sein, sie sollen einen Ansprechpartner haben, der sich um alles kümmert und daran Freude hat. Das ist das Wichtigste. Wenn man seine Arbeit gerne macht, dann merken das auch die Bands.

regioactive.de: Künstler haben manchmal überraschende oder seltsame Wünsche. Fällt Ihnen etwas ein?

Michael Wiegand: Es gab mal eine Band namens Servotron, die haben sich auf der Bühne als Roboter dargestellt und sich auch so bewegt. Auf ihrer Cateringliste stand Motoröl – das war eine ganz lustige Sache. (Gelächter)

regioactive.de: Jetzt wird das Café Central achtzehn Jahre alt – also volljährig. Wie feiern Sie das Jubiläum?

„Endlich Volljährig! 18 Jahre Cafe Central“

Michael Wiegand: Mit mehreren Partys, in denen wir versuchen, das gesamte Spektrum des Café Central abzudecken. Es geht los am 13. Juni mit Retrogott und Hulk Hodn die angesagtesten Hip-Hopper in Deutschland, wie ich finde. Am nächsten Tag gibt es Indie-Elektro mit Frittenbude und am Samstag tritt bei freiem Eintritt unsere Hausband Loaded auf, gefolgt von Mambo Kurt, der auch fast schon zum Haus gehört, weil er seit vierzehn Jahren immer am 29. Dezember auftritt. Zum Abschluss des Abends wird Christian Steiffen, der Schlager mit lustigen Texten parodiert. Am 4. Juli gibt es mit Agnostic Front noch einmal etwas für die Hardcore-Fraktion, bevor Rocko Schamoni am 8. August die Feierlichkeiten abschließt.

regioactive.de: Mit welchem Blick schauen Sie in die Zukunft? Könnte es aus Ihrer Sicht so weitergehen oder planen Sie Veränderungen?

Michael Wiegand: In Hinblick auf das Café Central kann alles so weiterlaufen, das passt gut. Die großen Veranstaltungen werden sicherlich zunehmen, aber da muss man nichts überstürzen. Viele Veranstalter sind gescheitert, weil sie zu schnell zu sehr wachsen wollten, mir ist stetiges und nachhaltiges Wachstum lieber.

regioactive.de: Der Erfolg gibt Ihnen Recht. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und vielen Dank für das Gespräch!

"Endlich Volljährig" - Die Events

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