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Die Inhaber von Pier 33: Philip Reis, Tim Fischer und Felix Dyllick. © Pier 33

Pier33 ist der Name einer jungen Agentur aus Mannheim, die vornehmlich Veranstaltungen mit elektronischer Musik konzipiert und ausrichtet. Wir sprachen mit den Geschäftsführern Tim Fischer und Philip Reis über ihr Unternehmen, ihre Projekte "Berliner Naechte" und "Alice im Wummerland" sowie den Konkurrenzkampf in der Veranstaltungsbranche.

regioactive.de: Was für eine Art Unternehmen ist Pier33?

Tim Fischer: Wir sind eine Agentur im Bereich Veranstaltung, Management und Künstlervertretung. Wir konzipieren und setzen von uns selbst entwickelte Veranstaltungen um oder beschäftigen uns damit mit festen Partnern Veranstaltungen hier in der Region zu etablieren.

regioactive.de: Wer ist „wir“?

Tim Fischer: Wir sind Felix Dyllick, Philip Reis und meine Wenigkeit, Tim Fischer. Felix kenne ich schon seit Jugendzeiten, Phillip habe ich durch gemeinsames Interesse an elektronischer Musik kennengelernt, was irgendwann damit endete, dass wir zusammensaßen und uns überlegt haben, ein gemeinsames Projekt auf die Beine zu stellen. Wir wollten das aber nicht nur als Hobby betreiben, sondern ein eigenes professionelles Unternehmen aufbauen, das auch eines Tages unsere Kinder ernähren kann.

regioactive.de: Daraus ist Pier33 entstanden, das es jetzt seit gut eineinhalb Jahren gibt. Wie sind bei euch die Aufgaben verteilt?

Tim Fischer: Philip kümmert sich um Controlling, Felix um die Buchhaltung und ich um Vertrieb und Marketing. Was Veranstaltungen angeht, so ist Felix für Technik, Bühnenbild und Dekoration zuständig, während Philip und ich Booking, Travel, Verpflegung, Unterkunft und Betreuung der Künstler übernehmen. Außerdem arbeiten wir mit zwei freien Grafikern zusammen, die unsere Ansprechpartner für die optische Gestaltung sind.

regioactive.de: Die Schwierigkeit ist ja in der Veranstaltungs-Szene erst einmal eine Nische zu finden, die noch nicht besetzt ist – und da habt ihr euren Platz in der elektronischen Musik gefunden. Kann man das so sagen?

Spezialgebiet: elektronische Musik

Tim Fischer: Ja, allerdings muss ich hinzufügen, dass man auch im Segment der elektronischen Musik mit einem starken Überangebot konfrontiert ist. Als Agentur steht man daher in einem starken Wettbewerb mit Konkurrenten. Hier am Standort Mannheim hat beispielweise der deutschlandweite Branchenprimus Cosmopop seinen Sitz, das heißt man hat die Benchmark direkt vor der Nase. Das ist sehr gut, um sich zu orientieren, aber man muss sich eben auch gegen einen solchen global Player und andere regionale Veranstalter behaupten.

regioactive.de: Wie versucht ihr euch in diesem engumkämpften Bereich durchzusetzen?

Tim Fischer: Wir möchten Veranstaltungskonzepte kreieren und diese als Marken etablieren. Wir scheuen uns nicht, diese Konzepte mit Headlinern musikalisch zu unterstützen, aber der Charakter einer Veranstaltung spielt für uns die zentrale Rolle. Der Gast, der eine unserer Veranstaltungen besucht, soll spüren, dass sich unsere Events im Vergleich zu anderen durch einen hohen Wiedererkennungswert und viel Liebe zum Detail auszeichnen.

regioactive.de: Was heißt das konkret?

Berliner Naechte – ein audiovisuelles Erlebnis

Tim Fischer: Eine unserer erfolgreichsten Eventreihen, die wir selbst konzipiert haben, heißt „Berliner Naechte“. Dort verwenden wir eben Dekorationselemente wie Straßenschilder aus Berlin und zum Beispiel große LED Kugeln. Wir möchten aber nicht zu viel verraten. Am Besten überzeugt man sich davon direkt vor Ort. Wir entwerfen für unsere Veranstaltungen auch Bühnenbilder und Lichteffekte, die deren Charakter besonders betonen sollen.

regioactive.de: Mit Hilfe solcher Inszenierungen wollt ihr eure Events ist etwas anderes verwandeln als Orte zum Abtanzen?

Tim Fischer: Genau. Ein audiovisuelles Erlebnis der Extraklasse steht im Vordergrund.

regioactive.de: Berlin ist weit weg, aber dennoch ist es die große Partymetropole. Wie kann man in die Rhein-Main-Neckar-Region übertragen?

Berliner Flair in der Metropolregion

Tim Fischer: Die Leute fahren nicht umsonst nach Berlin, um dort zu feiern. Wir möchten die fröhliche und positive Partyatmosphäre der Berliner Szene in unserer Region etablieren. Deshalb buchen wir die entsprechenden Berliner Künstler und sorgen für die passende Inszenierung. Wir möchten somit das Flair der elektronischen Hauptstadt auf die Einzigartigkeit der Rhein-Neckar Region treffen lassen.

regioactive.de: Gibt es diese fröhliche Berliner Partyatmosphäre hier nicht?

Tim Fischer: Es gibt bestimmt die ein oder andere Veranstaltung oder Veranstaltungsort, der das partiell schafft, aber im Großen und Ganzen kann man sagen, dass unser Konzept einzigartig ist.

regioactive.de: Wie kommen die Berliner Nächte an?

Tim Fischer: Anfangs fand die Veranstaltung im Genesis statt, dann im MS Connexion und inzwischen in der Halle02. Die Berliner Nächte sind also kontinuierlich gewachsen und schon so etwas wie unsere kleine Erfolgsgeschichte. Natürlich ist nicht jede Veranstaltung ausverkauft, aber wir erzielen regelmäßig eine hohe Auslastung.

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Alice im Wummerland – Goa, Tücher und Chai

regioactive.de: Welche andere regelmäßige Veranstaltung basiert auf einem Konzept, das ihr entwickelt habt?

Philip Reis: Da ist vor allem Alice im Wummerland zu nennen, ein Psytrance/Goa-Event. Das findet auf drei Ebenen im MS Connexion statt und zeichnet sich dadurch aus, dass wir mit Dekorationskünstlern aus der Goa-Szene arbeiten, die mit Tüchern, Verhüllungen und Schwarzlicht-Visualisierungen dem Veranstaltungsort einen besonderen Charakter verleihen.

Tim Fischer: Bemerkenswert ist dabei vor allem die Reichweite der Veranstaltung. Wir erwarten beispielsweise zahlreiche Gäste aus der Schweiz. Überhaupt ist die Goa-Szene sehr reisefreudig und sehr familiär. Es gibt Meditations-Bereiche und Chai-Tee-Stände. Die Veranstaltung an sich ist in der Metropolregion einzigartig

Electro Swing Club – Electronica im Setting der 1920er

regioactive.de: Ein weiteres eurer Projekte ist der Electro Swing Club. Was hat damit auf sich?

Tim Fischer: Der Electro Swing Club kam ursprünglich aus London über Paris nach Berlin. Er kombiniert die Musik der 1920er Jahre mit aktuellen Beats. Dazu gibt es Burlesque-Shows, es treten Kleinkünstler wie Jongleure oder Zauberer auf. Die ganze Veranstaltung hat einen außergewöhnlichen Charakter und ein aufwändiges Design mit Kronleuchtern, rotem Samt und Straßenlaternen, um das Lebensgefühl der 1920-er Jahre in die Gegenwart zu transportieren. Wir setzen die Veranstaltung zusammen mit einem Partner aus Berlin hier in der Region um und haben damit großen Erfolg erzielt. Beim ersten Electro Swing Club in der Halle02 hatten wir 1300 Besucher.

regioactive.de: Da war die Halle ziemlich voll.

Nicht jedes Konzept funktioniert

Tim Fischer: Sie war randvoll, mehr ging nicht. Das hat uns natürlich einen guten Start ermöglicht und für eine positive Wahrnehmung unseres Unternehmens gesorgt. Aber als junge Veranstalter sind wir natürlich auch vor Fehlern nicht gefeit; nicht alle unsere Events haben 1300 Besucher.

regioactive.de: Muss man einfach nach Versuch und Irrtum vorgehen, wenn man herausfinden will, ob ein Konzept funktioniert?

Tim Fischer: Veranstaltungen gibt es in allen erdenklichen Formen. Man überlegt sich viel und manche Konzepte funktionieren und andere nicht. Das kann verschiedene Gründe haben. Man muss aus Misserfolgen lernen und sich gerade als junger Veranstalter die richtigen Schlüsse daraus ziehen und sich nicht entmutigen lassen.

Künstler vermarkten, Netzwerke knüpfen

regioactive.de: Ihr seid aber nicht nur Veranstalter, sondern habt auch eigene Künstler im Portfolio?

Tim Fischer: Genau, wir betreuen auch eigene Künstler. Wir haben festgestellt, dass wir gerade im Bereich der elektronischen Musik auf viele Künstler stoßen, denen die Selbstvermarktung schwerfällt. An dieser Stelle setzen wir an und bieten Künstlern, die uns geeignet erscheinen, an, auf unseren Veranstaltungen aufzutreten. Außerdem ermöglichen wir es ihnen, sich durch eine gelungene Marketingstrategie sich nach außen zu präsentieren. Wir erstellen sozusagen zum Körper Musik eine Hülle, mit der man sich identifizieren kann, um am Ende ein Produkt zu schaffen, das sich verkaufen lässt.

regioactive.de: Bringt ihr die verschiedenen Künstler, die ihr betreut auch zusammen?

Tim Fischer: Ja, Networking ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Humio sind ein Duo von der Bergstraße, das im Februar überhaupt erst zum dritten Mal vor Publikum aufgetreten ist. Wir haben sie an diesem Abend dem DJ Alle Farben vorgestellt und er war von ihnen so sehr begeistert, dass er sie zu seiner nächsten Party nach Berlin geholt hat. Das ist ein kleiner Schritt, um mit der Musik irgendwann Geld zu verdienen, aber es verschafft ihnen die Möglichkeit, ihre Musik vor anderen Leuten in anderen Städten zu präsentieren. Das ist für uns als Agentur natürlich auch ein Erfolg, der darauf beruht, dass wir uns in der kurzen Zeit unserer Existenz sehr vielfältige Kontakte aufgebaut haben, die wir nutzen können und als unser Netzwerk betrachten.

regioactive.de: Vielen Dank für das Gespräch!

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