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Wird wieder der krönende Abschluss des Jetztmusikfestivals sein: die Time Warp am 6. April 2013 © Sara Miller

In den vergangenen Jahren hat sich das Jetztmusikfestival mit gezielten Grenzüberschreitungen zwischen elektronischer Musik, Klassik, Tanz und Film fest in der Mannheimer Kulturwelt etabliert. Wir sprachen mit Julien Bayet von der Jetztmusik gGmbH über den Anspruch des Jetztmusikfestivals, die Bedeutung von Orten als Teil der Inszenierung und seine persönlichen Programm-Highlights.

regioactive.de: Julien, was ist deine Aufgabe beim Jetztmusikfestival?

Julien Bayet: Ich bin für den organisatorischen Ablauf der Veranstaltungen zuständig, also Planung, Organisation, Werbung und Abrechnungen.

regioactive.de: Das klingt nach einer Menge Arbeit.

Julien Bayet: Ja, aber sie macht auch sehr viel Spaß.

"Höhepunkt des Jetztmusikfestivals ist nach wie vor die Time Warp"

regioactive.de: Das Jetztmusikfestival steht in enger Beziehung zur Time Warp, einem jährlich stattfindenden Dance-Event. Vielleicht könntest Du die Entstehungsgeschichte etwas näher erläutern?

Julien Bayet: Das Jetztmusikfestival wurde 2007 im Rahmen des Mannheimer Stadtjubiläums als eines von vielen anderen Festivals ins Leben gerufen. Gemeinsam mit dem Lesen.Hören-Festival hat es sich aber darüber hinaus dauerhaft etabliert und besteht bis heute weiter. Abschluss und Höhepunkt des Jetztmusikfestivals ist nach wie vor die Time Warp, ein Event bei dem der Partycharakter im Vordergrund steht. Ohne die Time Warp hätte das Festival nicht die Anfangsaufmerksamkeit bekommen, die es als Anschub brauchte.

regioactive.de: Das Jetztmusikfestival besitzt aber einen eigenen Anspruch, der über Time Warp hinausgeht.

Julien Bayet: In der Tat. Der Anspruch besteht darin, elektronische Musik und andere Kunstformen miteinander zu verbinden und diese Schnittstelle auszuloten. Plakativ gesprochen: Wir stellen den Techno-Künstler ins Ballett.

regioactive.de: Wie finanziert sich das Jetztmusikfestival?

Julien Bayet: Den Großteil bezahlt die Stadt Mannheim in Form des Kulturamts und des Stadtmarketings. Dazu kommt Förderung vom Land Baden-Württemberg und 1-2 Sponsoren. Cosmopop – die Firma, die hinter der Time Warp steht -– übernimmt den restlichen Anteil.

regioactive.de: Ihr sprecht vom Jetztmusikfestival als "eine Schnittstelle zu Kunst, Film, Literatur, Tanz und Bildung". Ich fand den Begriff "Bildung“ interessant, denn in Deutschland ist dieser Begriff ja stark mit klassischer Bildung im Sinn des Bildungsbürgertums besetzt.

Julien Bayet: Was wir mit Bildung meinen, ist vor allem unser kostenloses Workshop-Programm, das am letzten Tag des Festivals vor der Time Warp stattfindet. Es heißt Time Warp Lab und beschäftigt sich mit zahlreichen Themen wie Aufnahme- und Masteringtechniken von Musikstücken, aber auch mit Vermarktung und rechtlichen Fragen. All das wird in den verschiedenen Workshops angesprochen und diskutiert.

"Man kann einen tieferen Blick in die Materie wagen"

regioactive.de: Es geht also um Hilfestellungen für Musiker?

Julien Bayet: Ja, allerdings bieten die Workshops auch die Möglichkeit für Interessierte, hinter die Kulissen zu blicken. Es gibt in jedem Jahr auch Workshops mit DJs, die anschließend auf der Time Warp auftreten und die sich in die Karten schauen lassen, wie ihr Live-Setup aussieht oder welche Labelphilosophie sie verfolgen. Daher ist es auch für Leute interessant, die einen tieferen Blick in die Materie wagen wollen.

regioactive.de: Wie viele Workshops sind es insgesamt?

Julien Bayet: Dieses Jahr wird es vierzehn Workshops geben, die teilweise vom Clustermanagement oder vom Kulturbeauftragten der Stadt, Sebastian Dresel, unterstützt werden.

regioactive.de: Wenn man sich das Programm ansieht, fällt auf, dass ihr die Ortswahl als Element kreativer Gestaltung betrachtet. Könntest du das etwas näher ausführen?

Julien Bayet: Wir versuchen, nicht nur interessante Künstler mit ihren Projekten zu gewinnen, sondern die Projekte durch den Ort der Aufführung nochmals mit einer zusätzlichen Bedeutungsebene zu versehen. Beispielsweise findet das Projekt Chronostasis, das sich mit Raum und Zeit beschäftigt, am Mannheimer City Airport statt, der diese zeitliche und räumliche Verschiebung symbolisiert.

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"Wir experimentieren gerne mit neuen Orten"

regioactive.de: Zufall ist ein weiterer wichtiger Aspekt eures Programms, beispielsweise in Form des Wasserkarussells im Luisenpark. Es gibt kein Programm, das für alle Besucher gleich ist, sondern individuelle, zufällige Programme.

Julien Bayet: Wir experimentieren gerne mit neuen Orten, die wir in unser Programm integrieren wollen, in diesem Jahr ist das der Luisenpark. Dafür haben wir das Konzept eines Zufallskonzerts entworfen: Als Gast weiß man beim Wasserkarussell nicht, was einen erwartet: man kommt zum See, steigt in eine Gondoletta und genießt für 20 Minuten eine individuelle Darbietung.

regioactive.de: Das Konzept ist aber nicht ohne Risiko, wenn man an das Wetter denkt.

Julien Bayet: Das stimmt, das ist uns auch bewusst. Wir haben aber die bestmöglichen Vorkehrungen getroffen, um dem Wetter zu trotzen. Notfalls werden wir auf den nächsten Tag ausweichen.

regioactive.de: Beim Besuch von Konzerten klassischer Musik oder klassischem Ballett trifft man häufig auf ein relativ homogenes Publikum, das meist älter als 60 Jahre ist. Wie versucht ihr diesen starren Rahmen aufzubrechen?

Julien Bayet: Als Festival, das gezielt Schnittstellen ausloten will, sprechen wir immer verschiedene Zielgruppen an. Beispielsweise improvisiert in der Veranstaltung Impromptu 27 ein Ballett zur elektronischen Musik eines Clubkünstlers. Das spricht sowohl das klassische Ballettpublikum als auch die jungen Clubbesucher an. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass dieses Konzept sehr gut funktioniert, da beide Seiten etwa im Verhältnis 50:50 vertreten sind. Obwohl es also von außen so aussieht, als handle es sich jeweils um geschlossene Welten, gibt es zahlreiche Leute, die bereit sind, sich auf ein solches Experiment einzulassen.

"Als Festival muss man Grenzen überschreiten"

regioactive.de: Mit anderen Worten: Es gibt ein Interesse an Experimenten, man muss es nur bedienen.

Julien Bayet: Genau. Ansonsten könnte das Festival auch nicht bereits im siebten Jahr stattfinden. Wir glauben, dass man als Festival Grenzen überschreiten muss.

regioactive.de: Auf welche Programmpunkte freust du dich denn besonders?

Julien Bayet: Das ist eine schwere und auch etwas fiese Frage, weil man sich als Organisator natürlich auf alle Veranstaltungen freut. Das Ballett zählt aber sicher zu den Highlights, da mit Metaboman ein sehr experimentierfreudiger Künstler aus der Clubszene vertreten ist. Das wird eine spannende Mischung. Ein weiteres Highlight ist meiner Meinung nach der Auftritt von Jacques Palminger & The Kings Of Dubrock im Planetarium, der sehr unterhaltsam zu werden verspricht. Palminger hat im Vorfeld angekündigt, die Zuschauer zum Einschlafen bringen zu wollen. Das ist doch mal eine Ansage!

regioactive.de: Vielen Dank für das Gespräch!

Die Termine des Jetztmusikfestivals 2013 im Überblick:

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