"Das Songwriting war wie eine Therapie für ihn", sagt Jerry Horton über Frontmann Jacoby. Warum, könnt ihr in unserem Interview nachlesen.

"Das Songwriting war wie eine Therapie für ihn", sagt Jerry Horton über Frontmann Jacoby. Warum, könnt ihr in unserem Interview nachlesen. © Ann Buster

Vor zwölf Jahren landeten Papa Roach mit ihrem Major-Debüt "Infest" einen Crossover-Volltreffer. Songs wie "Broken Home", "Last Resort" oder "Between Angels And Insects" standen in der Folge ganz weit oben auf der Playliste eines jeden Rocksenders auf diesem Planeten. Es folgten Ruhm, Ehre, ganz viele Dollars und vier weitere Studioalben, auf denen sich die rockenden Kakerlaken nach und nach immer weiter von ihren Nu Metal-Anfängen entfernten. Am 28. September erschien das neue Album "The Connection".

Der sich entwickelnde stadionfähige Alternative-Sound kostete Papa Roach über die Jahre hin eine Menge Basis-Fans, was sich vor allem in den eher überschaubaren Verkaufszahlen der letzten Alben widerspiegelte. Drei Jahre nach ihrem letzten Studio-Lebenszeichen Metamorphosis wollen es die Kalifornier dieser Tage mit The Connection nochmal richtig wissen. Wir trafen uns in Berlin, kurz vor dem Release des neuen Machwerks, mit Gitarrist Jerry Horton und sprachen über die Entwicklung der Band und das neue Album.

"Wir sind immer noch eine Rockband"

regioactive.de: Ihr habt mit seinerzeit angesagtem Nu Metal den Durchbruch geschafft, habt euch danach zunehmend in eine Alternative-Combo verwandelt und präsentiert nun auf The Connection einen kompletten Mix der Vergangenheit mit reichlich Elektro-Einschub. Würdest du dem zustimmen?

Jerry Horton: Oberflächlich gesehen schon. Als wir anfingen haben uns Bands wie Rage Against The Machine und Faith No More inspiriert. Das war unser Sound. Mit der Zeit haben wir uns aber weiterentwickelt. Wir haben mehr und mehr die rockige Seite der Band nach außen gekehrt, was vielen Leuten nicht gepasst hat. Aber eine Band, die sich nicht entwickelt, stirbt irgendwann. Es gibt kaum eine Band auf der Welt, die seit Jahrzehnten denselben Sound fährt und trotzdem erfolgreich ist. Da gibt es AC/DC, und dann klafft ein ganz großes Loch.

regioactive.de: Viele Songs auf dem neuen Album wurden mit elektronischen Parts unterlegt. Kündigt sich damit eine neue Entwicklungsphase an?

Jerry Horton: Das ist schwer zu sagen. Uns war einfach wichtig, etwas Neues auszuprobieren. Im Moment fühlt es sich gut an. Es passt und gibt unserem Sound einen neuen Charakter. Nichtsdestotrotz sind wir immer noch eine Rockband. Die Gitarren stehen absolut im Vordergrund. Ich glaube auch nicht, dass sich das je großartig ändern wird. Wir haben einfach versucht, das, was uns groß gemacht hat, mit Frischem zu kombinieren.

"Der Song hat den typischen Papa Roach-Groove"

regioactive.de: Still Swinging, eure erste Single, hätte meines Erachtens auch wunderbar auf eurem Debütalbum funktioniert. Warum habt ihr gerade diesen Song als Appetizer ausgewählt?

Jerry Horton: Ich habe schon Stimmen gehört, die behauptet haben, wir hätten den Song als erstes ausgekoppelt, um alte Fans wieder zurück ins Boot zu holen. Darum ging es uns aber nicht. Natürlich hat der Song diesen typischen Papa Roach-Groove, der uns damals nach oben geholfen hat. Wer sich allerdings etwas näher mit den folgenden Alben beschäftigt hat, der wird festgestellt haben, dass wir diesen Vibe eigentlich nie wirklich verloren haben. Wir haben ihn nur ergänzt. Lediglich die Rap-Parts von Jacoby waren lange Zeit nicht mehr so im Vordergrund wie bei Still Swinging. Uns war aber wichtig, dass er sich dahingehend mal wieder so richtig gehen lässt.

regioactive.de: A propos Jacoby: Für mich klingt das gesamte Album um einiges düsterer als eure vergangenen Werke. Inwieweit hatten Jacobys Eheprobleme in den letzten Monaten Einfluss auf das Songwriting?"

Jerry Horton: Sie haben definitiv eine Rolle gespielt. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ihn diese Zeit nicht belastet hätte. Jacoby war wirklich am Boden. Seine Frau schmiss ihn aus dem Haus, kurz nachdem wir angefangen hatten zu schreiben. Das war furchtbar. Er hat wirklich gelitten und das spiegelte sich natürlich auch in den Texten wider, mit denen er sich während dieser Zeit beschäftigte. Wir haben viel miteinander geredet. Warum? Wieso? Weshalb? Es entstanden wesentlich mehr Fragen als Antworten. Und trotzdem haben wir es gemeinsam irgendwie hinbekommen, aus der ganzen Scheiße noch etwas Gutes herauszuziehen. Das Songwriting war wie eine Therapie für ihn. Er wusste, dass die einzige Möglichkeit mit all dem Ballast fertig zu werden darin bestand, darüber zu schreiben.

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regioactive.de: Hattest du während dieser Zeit je das Gefühl, dass er es eventuell nicht schaffen würde?"

Jerry Horton: Es gab viele Nächte, in denen er grundsätzlich nicht in der Lage war, sich mit irgendetwas oder irgendjemanden zu beschäftigen. Er brauchte dann einfach Zeit für sich. Das war auch ok. Die Band war immer für ihn da und hat versucht ihm Halt und Unterstützung zu geben. Für ihn war es einfach wichtig, die richtige Balance zu finden.

regioactive.de: Ein Ausstieg oder eine längere Pause standen demnach zu keiner Zeit zur Debatte?"

Jerry Horton: Nein, denn die Musik und die Band waren wie ein Schutzwall für ihn.

"Jacobys Sohn Jagger hatte die Idee zum neuen Video"

regioactive.de: Lass uns über das Video zu Still Swinging reden. Ich habe gehört, dass Jakobys Sohn nicht ganz unbeteiligt am Drehbuch gewesen sein soll. Stimmt das?"

Jerry Horton: Oh ja, er war sogar der Initiator des Ganzen. (lacht)

regioactive.de: Er ist doch erst sieben Jahre alt, oder?"

Jerry Horton: Ja, das stimmt.

regioactive.de: Und er beschäftigt sich bereits in diesem Alter mit der Zombie-Thematik?

Jerry Horton: Naja, er geht da eher Superhelden-technisch mit um, verstehst du? Das ganze Gore-Zeugs bleibt natürlich außen vor. Eigentlich wollten wir ja auch was ganz anderes machen.

regioactive.de: Doch dann hatte Sohnemann Jagger die zündende Idee.

Jerry Horton: Genau (lacht). Wir hatten uns schon viele Vorschläge von Regisseuren angehört, aber keiner hat uns so richtig zugesagt. Während dieser Zeit rief Jagger fast täglich mindestens fünfmal bei Jacoby an und erzählte ihm von der ultimativen Idee fürs Video. Man könne doch etwas mit Zombies machen, sagte er. Er und sein Dad seien die einzigen Überlebenden nach einer Apokalypse. Es gäbe nur noch Zombies und er und sein Vater würden die Untoten mit Baseballschlägern und reichlich Attitüde auf den Pelz rücken. So hatte er sich das vorgestellt. Irgendwann kam Jacoby dann zu uns und erzählte uns von den Anrufen und Vorschlägen seines Sohnes. Wir haben uns dann kurz angeguckt und gesagt: Warum nicht? Wir haben die ganze Story zwar noch ein bisschen umgeschrieben, aber die Zombie-Thematik haben wir beibehalten.

regioactive.de: Mit Jagger in der Hauptrolle?

Jerry Horton: Nein, wir haben uns letztlich für einen einzigen Hauptdarsteller entschieden. Weder Jagger noch Jacoby werden mit Zombies kämpfen.

Vielen Dank für das Interview!

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