The Fountains - Announce

The Fountains - Announce © The Fountains

Einen der vielen Ohrwürmer in 2009 haben sicherlich Stanfour abgeliefert - "For All Lovers" lief quasi auf Dauerrotation. Jetzt haben sie nachgelegt, und ob sie es wieder in die Charts schaffen, bleibt abzuwarten. Auch mit dabei in dieser aufgelegt-Ausgabe sind viele Bands aus dem regioactive.de-Pool, die bestimmt auch nichts gegen eine Chartplatzierung einzuwenden hätten. Wie sie unter unseren kritischen Ohren abgeschnitten haben, könnt ihr hier nachlesen.

Stanfour * The Fountains * Lookey * HassLiebe * Between Horizons * Swollen Members * Spin My Fate

The Fountains – Announce... | Eigenvertrieb

{image}Sieben Songs, davon drei Remixe, die den ganzen Körper anstecken, bis man nur noch tanzen kann. Und wer absoluter Tanzmuffel ist, wird trotzdem keine andere Wahl haben, als mit dem Fuß zu wippen. Mit ihrem ersten Silberling Announce... schaffen The Fountains es zweifelsohne, neben den etablierten "The"-Bands aufzufallen. Ihre Songs zeigen eine Dynamik, der man sich nur schwer entziehen kann. Anders als bei den Remixen sind die Originalversionen leicht verdaulich und geradlinig, perfekt für einen ausgelassenen Tanzabend. Allein der Opener Jerry geht schon nach dem ersten Hören nicht mehr aus dem Kopf. Insgesamt wirken die Songverläufe sehr vertraut, was eine gewisse Vorhersehbarkeit mit sich bringt. Die Ähnlichkeit mit anderen Bands, wie Foals (rhythmische Drums à la Math Rock) oder The Rifles (eingängige Gitarrenriffs) ist nicht zu leugnen. Bei den Remixen hingegen scheinen sich The Fountains richtig ausgetobt zu haben. Das führt zuweilen zu gewöhnungsbedürftigen Überraschungsmomenten, die jedoch schnell überwunden werden können. Nach einigen Malen hören möchte man auch ihren Ausflug in die elektronische Musiklandschaft nicht mehr missen. Auch wenn sich das Aschaffenburger Quartett an schon bekannten Einflüssen aus Indie und New Wave bedient und somit ein wenig an Eigenständigkeit verliert, ist Announce... eine gelungene Platte. Wenn diese EP der Maßstab ist, können wir uns schon jetzt auf ein Album freuen, denn früher oder später kommt keiner an The Fountains vorbei.

Wertung: +++½ (Anke Hoffmann)

Stanfour – Rise & Fall | Universal

{image}Nicht alles macht die ursprünglich von der Insel Föhr stammende Band Stanfour auf ihrem zweiten Album Rise & Fall anders. Doch man hört deutlich heraus, dass die Band sich während der unzähligen Konzerte der letzten zwei Jahre mit den Hitsongs ihres Debütalbums Wild Life entwickelt hat, sie ist gewachsen. Die Single For all Lovers wurde zum Überhit, Desperate lief rauf und runter im Funk und In your Arms schlug in die Top 15 ein. Beim ersten Album wurde noch mit anderen Produzenten und Toningenieuren zusammengearbeitet, Rise & Fall dagegen wurde fast allein geschrieben, eingespielt und produziert und dazu wurde die Band noch um mehrere Personen erweitert. Das Resultat kann sich hören lassen, das zweite Album ist elektronischer geworden, poppiger und tanzbarer als sein Vorgänger Wild Life, der geprägt war von schweren und melancholischen Balladen. Das zunächst sphärische, dann energische Pianosolo, das gleich zu Beginn des Albums die Single Wishing You Well einleitet und der ohrwurmverdächtige Gesang erinnern an Coldplay und U2 in ihren besten Zeiten. Das neue Album zeigt eine Wandlung, wie sie beispielsweise die Killers unternommen haben. Sail On und das dramatische Life Without You greifen den neuen Sound der Band erneut auf und stehen der ersten Single in ihrer Emotionalität in nichts nach. Das Album bietet auch weitere Überraschungen: Der spacige Syntie-Pop von Stars beispielsweise weckt Erinnerungen an Retro-Elektro-Pop, und die Ballade Take Me Or Leave Me berührt durch ihre Zerbrechlichkeit und dem Sound zu dem Gefühl, dass es hier um alles geht. Zweifellos haben Stanfour mit dem neuen Album ihren ganz eigenen Sound entwickelt, der vielleicht nach nationalem und auch internationalem Erfolg riecht. Stanfour werden zweifelsfrei als die Durchstarter des vergangenen Jahres gehandelt und im Gegensatz zum Vorgänger kann man Rise & Fall schon mal etwas länger in Dauerschleife im Player lassen.

Wertung: ++++ (Susann Heinrich)

Lookey – mother earth / mother fucked | Freakshit

{image}Auf seiner Dreimalsechs EP lud Lookey Strike bereits im letzten Jahr zum munteren Zahlenspiel ein: Sechs MC's, sechs DJ's und sechs Produzenten legten Hand an, um den Heidelberger Rapper auf Dreimaleins zu unterstützen. Nun erscheint die EP in einer streng limitierten Neuauflage als Zugabe des Zwei-Song-Projekts mother earth / mother fucked, das Lookey für die Kunstausstellung "Anverwandlungen" (zu sehen im Schloss Rheydt in Mönchengladbach) aufgenommen hat. Unmissverständlich spiegelt sich hier inhaltlich und musikalisch die Ambivalenz der Welt wider. Während mother earth, ein smoother Jazzgroove mit Gesang von Sina Schweickert und live eingespielter Gitarre, die positiven Seiten der Erde aufzeigt, veranschaulicht Lookey auf dem umtriebigen Beat von mother fucked den alltäglichen Irrsinn. Genau vor diesem bleibt der Hörer aber erstmal verschont, denn Lookey gestaltet die nächste halbe Stunde mit einem anspruchsvollen Programm. Zielsichere Punchlines und ein weites Wortwitzrepertoire ("Sechs Rapper wechseln Bars wie bei Kneipentouren"), bringen den Kopf bei Dreimalsechs bereits in Wippbewegung. Mit dem Partytrack Funktime und dem nachdenklichen Schachmatt ist außerdem für reichlich Abwechslung gesorgt. Auffällig sind vor allem die ausgewählten Samples und Cuts von DCS, Spontan oder RAG, die alle an den deutschen Rap aus den späten 90er Jahren erinnern und unverkennbar großen Einfluss auf Lookeys eigenen Style genommen haben. 4 Elemente unterstreicht zum Schluss noch einmal den Anspruch, die HipHop-Kultur als Ganzes zu repräsentieren, was dem Rapper definitiv gelungen ist. Insgesamt eine schöne Konzept-EP, bei der der Spaß förmlich rauszuhören ist, den Lookey mit Gästen wie Sick Sense, nvY, Geronimo, Emex oder DJ Tommy D hatte.

Wertung: ++++ (Andreas Margara)

HassLiebe – Niemandsland | Südpolrecords

{image}Deutschrock stirbt nie! Das dachten sich wohl auch die drei Jungs von HassLiebe bei ihrem Debütalbum Niemandsland. Was beim ersten Hören sehr nach Onkelz klingt, wenn auch nicht ganz so rau, hinterlässt leider nicht annähernd selbigen Eindruck. Musikalisch mehr Einflüsse aus Metal, verbunden mit Punk und dem typischen Deutschrock, klingen sie jedoch im Grunde genommen nach nichts Neuem. Die Texte hinterlassen keinen bleibenden Eindruck, ebenso wie die Melodien. Es geht in den meisten der zwölf Lieder um das mittlerweile abgenutzte Thema Freiheit, ohne irgendwelchen neuen Ideen zu verwirklichen. Der erste Eindruck ist sehr interessant, jedoch nicht tiefgründig genug, um im Kopf zu bleiben, trotz der Kombination von Metal, Metalcore, Punk und Deutschrock. Vielleicht haben sich HassLiebe einfach zu sehr an anderen Bands orientiert und sich deshalb keinen eigenen Klang verschaffen können. Wenn das vorliegende Album jedoch eine eigene Identität sein soll, wird ihre Präsenz auf dem Deutschrock-Markt nicht von langer Dauer sein. Vergleichbar ist Niemandsland mit der CD von Stephan Weidners Soloprojekt Der W, interessant, sicherlich auch abwechslungsreich für zwischendurch, jedoch erinnert es zu sehr an Vorhandenes.

Für die teilweise melancholischen und eher düsteren Lieder von Niemandsland wurde zwar ein passendes, tristes und in Grautönen gehaltenes Cover sowie Inlay gewählt, jedoch macht eine noch unbekannte Band damit nicht gerade auf sich aufmerksam. Für Fans der Onkelz-Balladen auf jeden Fall ein Tipp zum Reinhören, wer jedoch mit den Böhsen Onkelz und ihren ruhigeren Liedern nicht viel anfangen konnte, wird hier ebenfalls nicht glücklich werden. HassLiebe können noch viel aus sich machen, jedoch müssen sie sich dafür etwas von ihren Vorbildern entfernen.

Wertung: +++ (Janni Brand)

Between Horizons – Our Home | IMAmusic

{image}Schienen sie auf dem Vorgänger On A Day Like Today noch kräftig mit ihrem Spacerock den Weltall aufmischen zu wollen, bieten Between Horizons dem Hörer mit Our Home ein Powerpop-Album, das teilweise an die Synthiepopper A-ha erinnert. Das Cover von Our Home verrät eine gewisse thematische Ähnlichkeit mit Angels & Airwaves, jedoch greifen die Songs von Between Horizons neben außergewöhnlich dramatischen Elementen (Nothing Will Stay, Conspiracy) dazu alltägliche Thematik auf. Während das Debüt noch rockiger Natur war, stehen diese Elemente hier klar im Hintergrund. Die Zusammenstellung der Songs ist eher durchwachsen, sie laufen zum Teil in zwei sehr unterschiedliche Richtungen auseinander. Zum einen gibt es seichten Pop, zum anderen zu übertriebene, dramatische Elemente, die in dieser Kombination einfach nicht glaubwürdig sind. So ist der Übergang von der tiefgründigen Ballade Turn Off The Lights zum banalen Popsong Weekend zu hart. Auch wenn Between Horizons ihren Fans beides bieten wollen, Spaß und Ernsthaftigkeit, passen die Songs musikalisch einfach nicht auf das gleiche Album. Diese Fehler lenken teilweise von der sehr guten Produktion ab. Man kommt um die kleinen Schwachstellen nicht herum, doch Our Home hat auch noch kleine Perlen aufzuweisen. Nehmen wir zum Beispiel den Titelsong, der an die Dynamik des Debütalbums erinnert und beweist, dass sich die Burschen aus Paderborn noch nicht ganz der Masse hingeben. Mit All These Days haben wir eine Powerpop-Ballade, die durch den gefühlvollen Gesang sowie Melodien doch noch die gewünschte Gänsehaut herzaubert. Kleine Lichtblicke, doch leider machen diese Songs die Mängel des Albums nicht wett.

Wertung: ++½ (Anke Hoffmann)

Swollen Members – Armed to the Teeth | Battle Axe Records

{image}Die Swollen Members, Kanadas ganzer Stolz in Sachen Rapmusik, sind zurück – diesmal bewaffnet bis unter die Zähne. Armed to the Teeth heißt ihr mittlerweile sechstes Werk, auf dem sie mit messerscharfen Rhymes und panzerschweren Bassbeats schwadronieren. Bereits im ersten Stück Reclaim the Throne schwingen die beiden Rapper Mad Child und Prevail mächtig mit der "Battle Axe" zu einem brachialen Kopfnickerbrett. Mit E-Gitarren-Riffs und druckvollen Bässen bleibt sich DJ Rob The Viking anschließend seiner wuchtig und hart gefertigten Beats weitgehend treu: er lässt die Säbel produktionstechnisch rasseln und die Kettensägen kreischen. Damit erinnert Viking stark an die Präzision des La-Coka-Nostra-Sounds, der passenderweise durch Gastauftritte von Everlast und Slaine (Dumb) abgerundet wird. Was Mad Child nach der Zeit seiner Drogensucht (als er von der Polizei auch in Verbindung mit den Hells Angels gebracht wurde) inhaltlich so alles verarbeitet hat, reicht leider nicht weit über Gauner- und Gangstergehabe hinaus. Irritierend wirken außerdem die vielen Experimente mit dem restlos ausgedienten Verzerreffekt Auto-Tune, die Tracks wie Flyest und Real P.I. zu Totalausfällen machen. Auch der kanadische Rapper Tre Nyce ist nicht mehr als ein stumpfes Messer, kommt auf ATTT aber dermaßen oft zum Einsatz, dass er als Feature nicht einmal mehr aufgeführt wird. Wenn die Swollen Members ihre Anhänger bis dahin noch nicht in zwei Lager gespalten haben, dann tun sie das spätestens mit Bollywood Chick, das ihre Clubambitionen mehr als nur unterstreicht. Während Red Dragon bereits zum zweiten Mal auf einem Album von SM erscheint, hat Warrior wahren Hymnencharakter. Und weil sich mit Talib Kweli, Phil da Agony und Krondon durchaus noch interessante Features auf Crossfire tummeln, stimmt die verbale Kriegsattacke schlussendlich doch noch recht versöhnlich.

Wertung: +++ Sterne (Andreas Margara)

Spin My Fate – Two Way Choice | Eigenvertrieb

{image}Mit ihrem Debütalbum schicken Spin My Fate ihre Hörer auf eine Reise der Selbstfindung. Es geht um Sehnsüchte, Entscheidungen und Liebe: so ziemlich alles, was dem Menschen auf seinem Lebensweg begleitet. Verpackt wurde das Ganze in einen erfrischenden Rocksound, musikalisch und technisch einwandfrei, eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass die Münsteraner Two Way Choice im Alleingang produziert haben. Die 11 Songs, umrahmt von zwei instrumentalen Stücken, sind sehr lebhaft und laut. Durch aufregende Tempowechsel und eingängige Refrains wird dem Hörer nie langweilig. Immer wieder muss man sich auf neue Gegebenheiten einstellen, die zum Teil ordentlich reinhauen. Besonders der Übergang vom Intro The Journey zu Leaving For Now ist so reibungslos, dass er an einen Wake-up Call erinnert. Mit seinen zerschmetternden Riffs und dem druckvollen Gesang ist Leaving For Now einer der stärksten Songs auf dem Album. Immer wieder trägt die kraftvolle Stimme die Songtexte auf gefühlvolle Art und erinnert teilweise an Aaron Lewis' (Staind) Herzschmerz Performances. Auch wenn sie ab und zu zur Melancholie neigen, klingen Spin My Fate erfrischend direkt und tiefgründig. Sie sind eine der wenigen Bands, die die Mittel ihres Genres vollends ausschöpfen ohne dabei an Eigenständigkeit zu verlieren. Mit Two Way Choice haben sie die Messlatte für ihre späteren Alben sehr hoch gelegt.

Wertung: ++++ (Anke Hoffmann)

So werten wir:

+

schnell auf ebay damit, bevor es jemand merkt

++

hier mangelt es an so einigen Ecken und Enden

+++

das kann sich wirklich hören lassen

++++

ein TOP-Album

+++++

definitiv ein "must have"